Die AfD ist jetzt in drei Gemeinderäten im Rems-Murr-Kreis vertreten Foto: dpa

Die neu ins Parlament gewählte Fraktion der AfD findet die Sitzvergabe im Aufsichtsrat der Schorndorfer Stadtbau undemokratisch

Schorndorf - Man hatte es bei dem Wirbel um Grünen-, kurzzeitig CDU-, und nun Einzel-Stadträtin Andrea Sieber fast vergessen: Der Schorndorfer Gemeinderat wird in der kommenden Legislaturperiode ein anderer sein. Erstmals ist die AfD in das Stadtparlament eingezogen. Mit drei Stadträten, also in Fraktionsstärke – weswegen der Partei auch Sitze in verschiedenen Ausschüssen und in den Aufsichtsräten der städtischen Tochterunternehmen zusteht.

In den vergangenen Jahren waren sich die Fraktionen bei der Besetzung der Gremien meist schnell einig gewesen, doch dieses Mal gab es Ärger. Bei der Wahl der ehrenamtlichen Stellvertreter des Oberbürgermeisters ließ die AfD-Fraktion eine Pressemitteilung verteilen. „Wir sehen uns zu dem außergewöhnlichen Schritt gezwungen, die Vorschläge abzulehnen“, sagte AfD-Stadtrat Lars Haise.

Aufsichtsrat der Stadtbau-Gesellschaft verkleinert

Der Grund für die Wahlverweigerung: die AfD solle – anders als ursprünglich besprochen – nur im Aufsichtsrat der Stadtwerke einen Sitz bekommen, aber nicht in der Stadtbau-Gesellschaft, dort solle der Aufsichtsrat verkleinert werden. „Wir finden, dass dort alle Wählerschichten vertreten sein sollten“, sagte Haise. Zudem seien die Absprachen undemokratisch gewesen, weil nicht alle Beteiligten einbezogen gewesen wären.

War seine Wortmeldung noch sachlich, sah dies bei seinem Fraktionskollegen Franz Laszlo etwas anders aus: Er hielt dem Oberbürgermeister Matthias Klopfer (SPD) vor, die AfD provoziert zu haben, indem er sie mit der NSDAP verglichen habe. Im Wahlkampf sei die AfD nicht Täter, sondern Opfer gewesen. Laszlo warf Klopfer vor, er habe linke Demonstranten dabei unterstützt, den Wahlkampf der AfD zu stören. Diese hatten vor einem Infostand auf dem Marktplatz protestiert.

Der OB sah sich bemüßigt, darzulegen, dass ihn das Polizeirevier Schorndorf um Amtshilfe gebeten habe. Er berichtete auch davon, dass auf anonymem und nicht mehr ermittelbarem Wege ein Bericht über besagte Antifa-Demonstration und Bilder von ihm auf die rechtsextreme Internetplattform PI-News hochgeladen worden seien. „Ich lasse Ihnen diese Art von Empörungsdemokratie in keiner einzigen Sitzung durchgehen“, betonte Matthias Klopfer.

Was ist dran an den Vorwürfen?

Was ist dran an den AfD-Vorwürfen, die Sitzvergabe im Aufsichtsrat der Stadtbau sei undemokratisch? Die Anzahl der Sitze richtet sich immer nach der Zusammensetzung des Ältestenrates. Dort bekommen Fraktionen mit mehr als sechs Mitgliedern zwei Sitze. Das bedeutet: CDU und SPD werden von zwei Räten, FDP/FW, Grüne und AfD von je einem Rat vertreten.

Genau so setzt sich der Aufsichtsrat der Stadtwerke zusammen, gleiches war bei der Stadtbau geplant. Allerdings hätte die AfD mit drei Stadträten dann genauso viele Aufsichtsräte stellen dürfen wie die FDP/FW-Fraktion mit sechs Stadträten – die AfD wäre überproportional vertreten gewesen. „Deswegen gab es die Idee, den Aufsichtsrat auf vier Sitze verkleinern, zumal er diese Größe früher immer hatte“, erläutert Sonja Schnaberich-Lang vom Fachbereich Kommunales.

Durch ihre drei Nein-Stimmen haben die drei AfD-Stadträte nun erreicht, dass der Gemeinderat im September die Zusammensetzung des Stadtbau-Aufsichtsrates per Wahl klären muss. Man darf also gespannt sein, wie es weitergeht.

Klopfer wünscht keine „Grenzüberschreitungen“

Oberbürgermeister Klopfer hatte zu Beginn der konstituierenden Sitzung an die 32 Schorndorfer Stadträte appelliert, dass Inhalt und Stil der Debatten im Gemeinderat Vorbild sein müssten. „Ich wünsche mir, dass wir solche Grenzüberschreitungen hier im Sitzungssaal, im Herzen der kommunalen Demokratie, nicht erleben müssen.“

Zuvor hatte er betont, dass ihm die bröckelnde Bindungskraft der Volksparteien, die Provokationen der AfD im Landtag und Bundestag Sorgen bereiteten: „Die Grenzen des Sagbaren und Denkbaren verschieben sich immer weiter nach rechts“, sagte Klopfer und nannte als Beispiel die Aussage von AfD-Chef Alexander Gauland, dass der Nationalsozialismus nur ein Vogelschiss in der Geschichte Deutschlands gewesen sei.

AfD im Rems-Murr-Kreis

Gemeinderat
Die AfD ist im Rems-Murr-Kreis in drei Stadtparlamenten vertreten. In Schorndorf und Backnang erreichte sie bei der jüngsten Wahl mit drei beziehungsweise zwei Abgeordneten Fraktionsstärke, auch in Waiblingen stellt sie zwei Vertreter, aber keine Fraktion. Den größten prozentualen Anteil mit 9,4 Prozent erreichte sie in Schorndorf.

Kreistag
Die Partei ist bereits zum zweiten Mal in den Rems-Murr-Kreistag eingezogen. Dort verdoppelte sie bei der jüngsten Wahl ihre Sitzzahl auf acht und hat damit jetzt Fraktionsstärke.

Region
Bei der Wahl zur Regionalversammlung erhielt die AfD im Rems-Murr-Kreis 10,4 Prozent der Stimmen und stellt damit einen Abgeordneten.