Die Innenstadtbrache soll verkauft werden. Mögliche Investoren müssen nicht mehr 100 Prozent sozialen Wohnungsbau garantieren.
In der scheinbar unendlichen Geschichte um das kommunale Grundstück Jahnstraße 7 ist in Gerlingen jetzt doch das letzte Kapitel angebrochen. Die Stadt will die Brache in bester Innenstadtlage an einen Investor verkaufen, der in einem künftigen Wohnhaus auch sozial geförderte Wohnungen unterbringen muss. Dass der Gemeinderat sich mit seiner jüngsten Entscheidung gleichzeitig von der einst angestrebten Sozialbauquote von 100 Prozent verabschiedet, sorgt nun allerdings für heftige Kritik.
Teilsanierung bereits 2016
Schon Mitte der 2010er-Jahre war der ursprünglich hinter dem Schwimmbad stehende Altbau auf dem 414 Quadratmeter großen Grundstück in der Jahnstraße Thema im Gemeinderat. Eine Tagesstätte für Menschen mit Demenz sollte hier eigentlich mal entstehen. Dafür wurde der Altbau in Besitz der Kommune 2016 bereits teilsaniert. 250 000 Euro ließ sich die Stadt die Arbeiten an Keller und Fundament des Hauses kosten.
Dann die Hiobsbotschaft: Wie sich erst im Laufe der Sanierung gezeigt hatte, waren die Schäden am Fachwerk des Gebäudes so groß, dass das Gesamtprojekt sang- und klanglos abgebrochen werden musste. Stattdessen sollte nun das Haus schnellstmöglich dem Erdboden gleich gemacht werden. Platz für einen Neubau mit sechs Sozialwohnungen sollte her, so der Beschluss des Gemeinderats im Jahr 2017. Als Bauträger sollte die Stadt selbst fungieren. Ein Verkauf des Grundstücks lehnte der Gemeinderat ab.
Abgesehen vom Abriss passierte dann aber erst einmal nichts mehr. Ab 2022 arbeiteten die Stadtverwaltung und die LBBW Immobilen Kommunalentwicklung GmbH dann an einer Konzeptvergabe für das Grundstück. Eine Bebauung durch die Kommune rückte angesichts gestiegener Baukosten, der angespannten Haushaltslage sowie, wie nun auch aktuell noch einmal betont wurde, aufgrund der begrenzten Personalressourcen in der Verwaltung zunehmend in den Hintergrund.
Unter welchen sozial- und wohnungspolitischen Vorgaben in Abhängigkeit zum Grundstückspreis der Bauplatz am Immobilienmarkt überhaupt verkauft werden könnte, sollte dann 2023 eine Marktanalyse klären. Deren Ergebnis war wohl ernüchternd: Denn die Stadt entschloss sich daraufhin, die Konzeptvergabe ruhen zu lassen und auf bessere Zeiten zu warten.
Grundstück darf unter Bodenrichtwert veräußert werden
Die scheinen nun angebrochen, zumindest am Immobilienmarkt. Weil inzwischen die Bauzinsen gesunken seien und neue Förderungsprogramme auflägen, stand das Thema jetzt wieder auf der Tagesordnung. Freilich unter Vorbehalt: Denn die Hürden zur Abgabe von Angeboten sollten, so die Verwaltung, nun trotzdem möglichst nicht durch allzu „strikte Kriterien oder Mindestbestimmungen hochgehalten werden“. Soll heißen: 100 Prozent Sozialwohnungsbau bei einem Grundstückspreis mindestens auf Höhe des Bodenrichtwerts ist, nach Analyse der Immobilienexperten, realistischerweise wohl kaum durchzusetzen.
Entsprechend hat am Mittwochabend dann auch der Gemeinderat entschieden: Das Grundstück Jahnstraße 7 darf somit unter dem Bodenrichtwert veräußert werden. Bedeutender aber: Auch die eigentlich vorgesehene Sozialbauquote von 100 Prozent wurde auf Initiative des Finanz-, Verwaltungs- und Sozialausschusses entscheidend gelockert. Statt 100 Prozent Sozialwohnungsbau können demnach auch Angebote abgegeben werden, die nur 40 Prozent sozial geförderten Wohnraum vorsehen. Was tatsächlich gebaut wird, dürfte am Ende im besten Fall zwischen diesen beiden Werten liegen.
Heftige Kritik am Ratsentscheid
Heftige Kritik an der nun mehrheitlich gefassten Entscheidung haben am Mittwoch vor allem die Grünen geübt: Stadtrat Björn Maier warnte eindringlich davor, dass die Gefahr bestehe, dass nur die Mindestquote umgesetzt werde, „wenn dafür ein höherer Verkaufspreis für das Grundstück erzielt wird“. Maier mahnte zudem an, dass die Stadt langfristig Schaden nehme, wenn sie ihre Grundstücke weiterhin verkaufe, zumal die dann vereinbarten Mietpreisbindungen irgendwann auch endeten.