Am Arbeitsplatz, hier ein Praktikant in Korntal-Münchingen, gelingt die Integration am schnellsten. Foto: dpa

Der Städte- und Gemeindebund dringt auf schnelle Entscheidungen des Bundes in der Asyl-, Verkehrs- und Infrastrukturpolitik.

Stuttgart - Die Integration von Flüchtlingen kommt nach Meinung des Deutschen Städte- und Gemeindebunds wegen mangelnden Betreuungs-, Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten nicht schnell genug voran. „Es gibt zum Beispiel einen massiven Nachholbedarf bei Sprachkursen, darauf müssen Flüchtlinge bis zu einem halben Jahr warten“, klagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg bei einer Tagung seines Verbands in Stuttgart. Es fehle aber auch an Kindergartenplätzen und Jobs. Wenn Bleibeberechtigte von Anfang an arbeiten und parallel dazu die Sprache erlernen könnten, gelinge die Integration unter Umständen besser, sagte Landsberg: „Dänemark macht damit gute Erfahrungen.“

Korrekturen halten die Kommunen auch am Asylrecht für notwendig, denn derzeit seien bei den Verwaltungsgerichten hunderttausende Asylverfahren anhängig. Möglicherweise reiche ja eine Instanz, sagte Landsberg. Flüchtlinge, deren Identität nicht fest steht, sollten nicht auf die Kommunen verteilt werden, sondern in der Erstaufnahme bleiben. Eine neue Bundesregierung müsse auch Antwort darauf geben, wie die Kommunen mit minderjährigen Flüchtlingen umgehen sollen, die in vielen Städten Straftaten verüben: „Unser Jugendhilferecht passt auf diese Jugendlichen nicht.“ Für Sprachkurse, Wohnraum und Bildungsangebote brauchten die Kommunen weiterhin die finanzielle Unterstützung des Bundes. „Wir erwarten daher, dass die Integrationspauschale in Höhe von zwei Milliarden Euro pro Jahr auch über 2018 hinaus zur Verfügung steht“, sagte Verbandspräsident Roland Schäfer.

Die Bauwirtschaft kommt nicht hinterher

Belastbare Entscheidungen erwartet der Städte- und Gemeindebund auch für den Ausbau und die Sanierung der Infrastruktur. „Deutschland lebt von der Substanz“, sagte Schäfer. Der kommunale Investitionsrückstand betrage 126 Milliarden Euro. Vizepräsident Roger Kehle, der auch Chef des baden-württembergischen Gemeindetags ist, bezifferte den Investitionsstau für das Land auf 20 Milliarden Euro. Die Kommunen fordern deshalb eine Investitionsoffensive des Bundes, um Schulen, vor allem aber Straßen und Brücken in Ordnung zu bringen.

Schäfer räumte allerdings ein, dass es derzeit in der Bauwirtschaft erhebliche Kapazitätsengpässe gibt: „Es gibt Fälle, da wurden Projekte ausgeschrieben, und niemand hat sich gemeldet.“ Kapazitätsprobleme gebe es aber auch in der öffentlichen Verwaltung, denn in den vergangenen mageren Jahren sei vielerorts Personal abgebaut worden. Es gehe also nicht allein um mehr Geld, sondern auch um eine Beschleunigung von Verfahren.

Gegen die Blaue Plakette

Investitionen fordern die Kommunen auch für den Verkehrsbereich. „Wir brauchen ein Gesamtkonzept Mobilität, um dem kommunalen Leben nicht den Stecker zu ziehen“, sagte Kehle. Dazu zähle der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, die Förderung der Elektromobilität und die Digitalisierung der Verkehrsangebote. Kehle: „Wir müssen Mobilität ermöglichen anstatt Stillstand zu organisieren.“ Fahrverbote seien ebensowenig eine Lösung wie die Blaue Plakette, die ja im Grunde nichts Anderes als ein Fahrverbot darstelle. Dies führe nur zu einer Verlagerung des Verkehrs, nicht zur Lösung der Probleme. Außerdem erwartet der Städte- und Gemeindebund eine schnelle Umsetzung der zugesagten Fördermaßnahmen.

Deutschland brauche angesichts der Aufgaben jedenfalls schnell eine handlungsfähige Bundesregierung, fordern die Kommunen. „Eine Minderheitsregierung kann durchaus handeln“, sagte Schäfer mit Blick auf die schwierige Koalitionsbildung. Aber natürlich sei sie weniger stabil: „Wir sind weder für das eine noch für das andere.“