Beratungen über Geldanlagen sollen in Zukunft transparenter werden. Das fordert zumindest die EU-Kommission in einem Gesetzesvorschlag. Foto: dpa/Patrick Pleul

Aus Brüsseler Sicht fehlt es an wichtigen und leicht verständlichen Informationen für Verbraucher bei Geldanlagen. Die umstrittenen Provisionen für die Vermittler sollen aber nicht verboten werden.

Wer eine Versicherung oder einen Bausparvertrag abschließt, der zahlt dafür meist eine Gebühr. Dieses Geld fließt an den Vermittler oder die Bank, die das Produkt angeboten hat. Die EU-Kommission sieht darin ein Problem und hat zum Schutz der Kunden eine Kleinanlegerstrategie vorgelegt. Sehr kritisch sieht die Behörde Provisionen beim Verkauf von Geldanlagen, etwa Fondsanteilen oder Altersvorsorgeprodukten.

Bislang bekämen europäische Verbraucher noch nicht das beste Angebot, wenn es um ihre Investitionsentscheidungen gehe, sagte Kommissionsvize Valdis Dombrovskis in Brüssel. „Deshalb legen wir die Messlatte höher, was die fachkundige, unvoreingenommene und unkomplizierte Beratung für Anlageprodukte angeht, damit die Menschen die beste Rendite bekommen.“

Heftiger Streit beim Thema Provisionen

Um die Regulierung von Provisionen tobt seit Monaten eine heftige Auseinandersetzung. Während sich Verbraucherschützer für ein allgemeines Verbot starkmachen, will die Finanzbranche von solch einem Schritt auf keinen Fall etwas wissen. Anders als zuerst angedacht, sieht die EU-Kommission in ihrem Gesetzentwurf nun doch kein vollständiges Provisionsverbot vor. Vorgesehen ist lediglich ein Verbot von Provisionen bei bestimmten Käufen ohne Beratung.

Generell setzt die Kommission auf mehr Transparenz beim Verkauf von Finanzprodukten, was den Kunden vor irreführenden Marketingpraktiken schützen soll. Gefordert wird zudem, dass die anfallenden Kosten bei einem Vertragsabschluss in klarer Sprache deutlich gemacht werden müssen. Zudem soll der Kunde jedes Jahr über die Entwicklung seiner Anlage informiert werden.

Vorwürfe der Verbraucherschützer an die EU

Verbraucherschützer werfen der Brüsseler Behörde vor, vor der Bankenlobby eingeknickt zu sein, und fordern weiter ein Totalverbot. „Provisionen führen immer wieder dazu, dass Verbraucher nicht die Produkte kaufen, die gut für sie sind, sondern diejenigen, die wegen hoher Provisionen gut für den Vermittler sind“, argumentiert der Verein Finanzwende. Ein Vorschlag ist, dass Kunden die Arbeitszeit des Beraters direkt als Honorar bezahlen, so wie beim Steuerberater oder Anwalt. In den Niederlanden und Großbritannien ist das seit vielen Jahren Praxis.

Der Markt floriert: 2021 kassierte der mit Abstand größte Finanzvertrieb in Deutschland, die Deutsche Vermögensberatung (DVAG), mehr als 2,2 Milliarden Euro an Verkaufsprovisionen, wie die Organisation Finanzwende berichtet. In Deutschland wird die Zahl der Berater, die etwa in Banken, Sparkassen oder Versicherungen Finanzprodukte auf Provision verkaufen, auf 300 000 geschätzt. Vermittler erhalten häufig eine Vergütung von drei bis fünf Prozent des angelegten Betrags für den Abschluss und von ein bis zwei Prozent pro Jahr für den Bestand.

Die Finanzwirtschaft ist zufrieden

Während die Verbraucherschützer Kritik üben, zeigt sich die Finanzwirtschaft zufrieden. „Wichtig ist, dass sowohl im Beratungsgeschäft als auch im sogenannten beratungsfreien Geschäft die unterschiedlichen Erwartungen und Situationen der Anleger berücksichtigt werden“, sagte Henning Bergmann, geschäftsführender Vorstand des Derivate-Verbands. Positiv bewertet er, dass es zu keinem vollständigen Verbot kommen soll, was die Beratung bei Banken und Sparkassen in Mitleidenschaft gezogen hätte.

Auch der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) ist zufrieden: „Dass die EU-Kommission jetzt Abstand nimmt von einem vollständigen Provisionsverbot, ist ein Signal in die richtige Richtung“, sagt Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Die Verbote „würden die Verbreitung der privaten Altersvorsorge deutlich hemmen, weil Vermittler, deren Unternehmen sich über Provisionen finanzieren, Ansprechpartner über die gesamte Lebensspanne der Kunden sind – sie sorgen für die aktive Ansprache und die Verbreitung der privaten Altersvorsorge.“

Das Paket enthalte aber auch Schatten. Beispielsweise würden die Regeln für die Produktgestaltung und für die Vermittlung von Anlageprodukten künftig deutlich rigider und komplexer. „So bleibt die Frage, ob das Ziel, breite Bevölkerungsschichten an die Finanzmärkte zu bringen und ihnen den Vermögensaufbau zu erleichtern, erreicht werden kann“, kritisiert Asmussen.

Die Vorschläge der Kommission müssen nun vom Parlament und auch von den EU-Ländern beraten werden. Erst wenn sie sich geeinigt haben, können die neuen Regeln in Kraft treten. Das heißt, die Lobbyaktivitäten von Verbraucherschützern und Finanzunternehmen werden weiter zunehmen.