Ein Blick ins Internet hätte genügt: Die Maple-Bank war schon in Schwierigkeiten, als Leinfelden-Echterdingen seine Millionen überwies. Foto: dpa

Städtisches Geld war bei der gestrauchelten Maple-Bank in Frankfurt angelegt. Leinfelden-Echterdingen hat sein Geld über die Einlagensicherung zurückerhalten.

Leinfelden-Echterdingen - Geldangelegenheiten, das wissen mit Bankgeschäften vertraute Menschen sehr genau, unterliegen in aller Regel der Diskretion. Über Geld spricht man nicht, insbesondere nicht im Schwäbischen. Man hat es (oder auch nicht). Leinfelden-Echterdingen gehört trotz finanzieller Probleme durchaus noch zu den Ersteren. Die Große Kreisstadt verfügt über eine gewisse Liquidität, aus der Investitionen bestritten werden: zwischen 55 und 60 Millionen Euro hat die Kommune bei heimischen Geldinstituten und darüber hinaus gestreut auf die hohe Kante gelegt.

Früher, als Banken noch nennenswerte Zinsen für Geldanlagen gezahlt haben, hat die Stadt respektable Zinsgewinne mit Tagesgeldern oder anderen risikoarmen Anlageformen eingestrichen. Heutzutage ist es für eine Kämmerei eher schwierig geworden, Millionensummen profitabel anzulegen. In dieser Situation erscheint in Amtsstuben ein Zinssatz von gerade mal 0,2 Prozent bereits lukrativ.

Weil aber eine solche Anlage in Gefahr geraten war, ist’s vorbei mit der Diskretion. Ans Licht kommt scheibchenweise, dass einige Stadträte um sage und schreibe 14 Millionen Euro städtischen Vermögens nun doch ein wenig gebangt haben, bevor es – so viel sei vorweggenommen – zu einem vorhersehbaren Happy-end kam.

Bank stand bei öffentlichen Anlegern hoch im Kurs

Die 14 Millionen Euro hatte die Kommune bei der Maple-Bank in Frankfurt angelegt, dem deutschen Ableger einer kanadischen Finanzgruppe, der bei Anlegern aus dem Kreis der öffentlichen Hand hoch im Kurs stand. Einem Bericht der Tagesschau zufolge haben Bundesländer und Kommunen in der Vergangenheit mehrere Hundert Millionen Euro eingezahlt, Berlin beispielsweise soll mit 7,7 Millionen Euro dabei gewesen sein.

Als schließlich Leinfelden-Echterdingen im November vergangenen Jahres nach Frankfurt überwies, war der gute Ruf des Geldhauses allerdings bereits reichlich angekratzt. Eine kurze Recherche hätte damals ergeben, dass 300 Staatsanwälte, Steuerfahnder und BKA-Ermittler im Herbst die Niederlassung in Frankfurt durchsucht hatten. Der Verdacht: mit sogenannten Cum-Ex-Transaktionen soll Maple die mehrfache Erstattung von Kapitalertragssteuern eingestrichen und den deutschen Fiskus um 450 Millionen Euro betrogen haben.

Bankenaufsicht schreitet ein

Das hat die Maple Bank um die Jahreswende 2015/16 ins Schlingern gebracht und mangels ausreichenden Kapitals schließlich in die Insolvenz geführt. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat am 6. Februar ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot gegen die Bank verhängt und am 11. Februar den sogenannten Entschädigungsfall ausgerufen. Bereits am 11. März sollen alle Einleger ihr Kapital zurückerhalten haben. Laut Angaben der BaFin wurden 2,6 Milliarden Euro ausgezahlt, darunter auch die 14 Millionen Euro nebst Zinsen an die Stadt Leinfelden-Echterdingen.

Der Stadt sei kein Schaden entstanden – „und konnte auch nicht entstehen“, betont Oberbürgermeister Roland Klenk auf Anfrage unserer Zeitung, „weil wir schon immer nur dort Geld anlegen, wo eine entsprechende Einlagensicherung gewährleistet ist.“ Vor Abschluss der Geldanlage und nach Bekanntwerden der Insolvenz der Maple-Bank habe man jeweils schriftliche Bestätigungen über die Sicherung der Anlage erhalten. „Ich habe keine schlaflose Nacht gehabt“, sagt Klenk.

SPD fordert: Richtlinien nachbessern

Dennoch wollen Teile des Gemeinderats nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. So fordert die SPD eine Nachbesserung der verwaltungsinternen Richtlinien. Diese müssten so formuliert werden, sagt der Fraktionsvorsitzende Erich Klauser, dass in Zukunft eine solche Zitterpartie ausgeschlossen sei, beispielsweise in Form eines Sechs-Augen-Prinzips. „Aus Fehlern muss man lernen. Ein Blick ins Internet hätte genügt“, sagt Klauser.

Unterstützt wurde die SPD, wie zu hören ist, in nicht öffentlicher Sitzung und im Schriftverkehr mit der Verwaltungsspitze von den Freien Wählern (FW). Deren Pressesprecher Eberhard Wächter will über den Fall allerdings nicht öffentlich ins Detail gehen. Er verweist lediglich darauf, dass der Stadt aus dem Vorgang „keine Nachteile entstanden sind“. Andere stufen den Vorgang per se „nicht als dramatisch“ ein, wie die CDU-Fraktionschefin Ilona Koch sagt. „Was soll man denn kritisieren, wenn nichts schief gegangen ist?“

OB erlässt neue Dienstanweisung

Immerhin hat das Anlagegeschäft mit der Pleite-Bank so viel Staub aufgewirbelt, dass der Gemeinderat die Angelegenheit aufarbeiten und die künftigen Richtlinien für den Gewinn bringenden Umgang mit liquiden Mitteln im Gemeinderat erörtern soll. Die Formulierung einer neuen Dienstanweisung habe er, sagt OB Klenk, bereits veranlasst. Und künftig wolle er auch den Gemeinderat „regelmäßig über die Geldanlagen der Stadt informieren“, lässt er sich zu den Konsequenzen entlocken.

Diskutieren wird das Plenum am nächsten Dienstag, 10. Mai, – natürlich mit der für Geldangelegenheiten angemessenen Diskretion – hinter verschlossenen Türen.