Trotz großer Beliebtheit bei ETFs ist der MSCI World Index nicht unumstritten. Gibt der jüngste Kursrücksetzer den Kritikern recht?
Der Aktienindex MSCI World wird von Experten immer wieder als sinnvolles Investment empfohlen – besonders für Einsteiger und Sparpläne. Kritiker meinen hingegen, das Börsenbarometer sei eine Mogelpackung voller Klumpenrisiken.
Wie kann man in den Index investieren?
Privatanleger können an der Wertentwicklung des Börsenbarometers über passive Indexfonds teilhaben, sogenannte Exchange Traded Funds, kurz ETFs. Zuletzt sind die Kurse an den Börsen und damit auch der MSCI World deutlich gefallen. Seit Ende Juni hat der Index knapp sechs Prozent eingebüßt. Dadurch nimmt auch die Kritik zu.
Ist der MSCI World ein echter Weltindex?
Anders als der Name vermuten lässt, handelt es sich nicht wirklich um einen weltweiten Aktienindex. Seit Jahren schon bemängeln Kritiker eine Unwucht durch den hohen Anteil an US-Aktien, speziell aus dem Tech-Sektor. Zuletzt machten US-Unternehmen rund 70 Prozent aus. Auf Japan und Großbritannien, die am zweit- und drittstärksten vertretenen Länder, entfallen lediglich gut sechs beziehungsweise knapp vier Prozent.
Ist diese Übergewichtung schlimm?
Nicht unbedingt. Eine geringere Streuung von Aktien über Weltregionen oder Branchen und Unternehmen hinweg muss kein Nachteil sein. Sie birgt aber die im Finanzjargon Klumpenrisiko genannte Gefahr, dass Kurseinbrüche einzelner Werte den gesamten Index herunterziehen können.
Was steckt konkret drin im MSCI World?
Gut 1500 Aktien großer Unternehmen aus 23 Industrienationen – keine aus Entwicklungs- oder Schwellenländern. Große aufstrebende Volkswirtschaften wie China oder Indien fallen komplett weg. Am Beispiel Chinas lässt sich die Beschränktheit des Index gut veranschaulichen: Den Angaben des Branchenverbandes Securities Industry and Financial Markets Association (Sifma) zufolge hat das Land einen Anteil von 10,6 Prozent an der globalen Marktkapitalisierung, also eine hohe Bedeutung an den Weltbörsen. Im MSCI World kommt China trotzdem nicht vor.
Warum ist der Aktienindex so limitiert?
Der MSCI World wird seit 1986 berechnet – damals spielten die Börsen vieler Schwellenländer für die Finanzwelt schlichtweg noch keine oder bestenfalls eine sehr untergeordnete Rolle. Auch heute konzentrieren sich die Finanzmärkte vor allem auf die Vereinigten Staaten. Den Sifma-Daten zufolge steht der US-Aktienmarkt mit 42,5 Prozent der Marktkapitalisierung aller börsennotierten Unternehmen weltweit mit deutlichem Abstand an erster Stelle. Die Dominanz ist groß: Auf Platz zwei folgt die Europäische Union mit einem Anteil von lediglich 11,1 Prozent.
Welche anderen Kritikpunkte gibt es?
Die starke Konzentration weniger Aktien großer Unternehmen aus ähnlichen Wirtschaftsbereichen wird immer wieder von Kritikern moniert. So machten die größten zehn Einzelpositionen Ende August 20,4 Prozent des gesamten MSCI World Index aus. Es gibt also durchaus Klumpenrisiken.
Um was für Aktien handelt es sich da?
Besonders um Papiere von Firmen aus der IT-Branche, vor allem US-Techwerte. Die hohe Gewichtung etwa des Chipherstellers und Großprofiteurs des Börsenhypes rund um Künstliche Intelligenz (KI), Nvidia oder des iPhone-Giganten Apple entwickelte sich in den vergangenen Wochen vom Kurstreiber des Index zeitweise zu einer Belastung.
Wo liegen bei diesen Firmen die Risiken?
Beim Trendthema KI sehen einige Analysten die Gefahr einer Spekulationsblase, Nvidias Höhenflug ließ zuletzt nach. Bei Apple zeigten sich die Schattenseiten des großen Geschäftsanteils in China. Sorgen, dass Peking iPhones zum handelspolitischen Spielball im Clinch mit der US-Regierung macht, brachten die Aktie unter Druck.
Gibt es Alternativen zum MSCI World?
Ja, es gibt Börsenbarometer mit einer deutlich breiter aufgestellten und internationaleren Aktienauswahl. Einer „Handelsblatt“-Analyse zufolge sind etwa im Weltindex FTSE All World Aktien von mehr als 4000 Unternehmen aus insgesamt 49 Industrie- und Schwellenländern abgebildet. Auch der MSCI All Country World und eine Reihe weiterer Indizes sind demnach deutlich umfassender als der MSCI World. Anleger, die auf ein ganz weites Investmentuniversum setzen wollen, sollten zudem drauf achten, ob ein Weltindex auch Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung einbezieht.
Müssen Anleger noch etwas bedenken?
Bei ETFs, die wie beim MSCI World vor allem Aktien von Unternehmen außerhalb des Euroraums abbilden, bestehen Währungsrisiken. Wer sie vermeiden will, kann ETFs mit Absicherung kaufen. Die sind aber meist teurer. Die Verbraucherzentralen raten deshalb bei langfristigen Anlagestrategien davon ab.
Eine breitere Streuung erhöht die Chance auf höhere Kursgewinne nicht. Auf Sicht von zehn Jahren erzielte der MSCI World unter den vom „Handelsblatt“ beobachteten Indizes mit durchschnittlich fast zehn Prozent im Jahr die beste Rendite. Das sagt indes nichts über die zukünftige Performance aus.