Die FDP-Fraktion in der Regionalversammlung fordert eine Überprüfung der nicht investierten Mittel für Bus und Bahn. Von diesen sogenannten Regionalisierungsmittel liegt mehr als eine Viertelmilliarde auf der hohen Kante.
Der bislang im Landtag ausgetragene Streit über den Umgang mit Geld für Bus und Bahn hat die Regionalpolitik erreicht. Die FDP-Fraktion im Regionalparlament will prüfen lassen, ob den Städten und Landkreisen, die per Umlage den regionalen Verkehr bezuschussen, durch das Agieren von Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) ein Nachteil entsteht. Unterdessen stärken Parteifreunde dem Verkehrsminister den Rücken und keilen gegen die Liberalen zurück.
Eine Viertelmilliarde nicht ausgegeben
Der Reihe nach: Der Bund überweist den Ländern sogenannte Regionalisierungsmittel, aus denen diese dann den in ihrer Zuständigkeit liegenden Nahverkehr finanzieren. Dabei geht es um durchaus namhafte Beträge. Zwischen 2016 und 2020 stiegen die jährlichen Zuweisungen des Bundes ans Land Baden-Württemberg von gut 850 Millionen Euro auf knapp eine Milliarden Euro. Im selben Zeitraum aber – und hier setzt die Kritik der Landtags-FDP an – wuchs auch die Summe, die das Land aus den Regionalisierungsmitteln nicht ausgab. Ende 2020 – eine aktuellere Zahl legt das Verkehrsministerium zum Verdruss der Liberalen nicht vor – hatte das Land mehr als 258 Millionen Euro auf der hohen Kante. Die Zahl nannte das Landesverkehrsministerium auf Anfrage von Christian Jung, verkehrspolitischer Sprecher der FDP im Landtag.
Diese Summe hat nun die FDP-Fraktion im Regionalparlament auf den Plan gerufen. Die Verwaltung soll die Zahlungszurückhaltung des Landes unter die Lupe nehmen. „Die Geschäftsstelle des Verbands Region Stuttgart berichtet, ob und, wenn ja, in welcher Höhe sie einen Anspruch auf Zahlung im Zusammenhang mit den rund 258 Millionen Euro aus Regionalisierungsmitteln geltend machen kann, die das Land laut Medienberichten noch nicht an die Träger des ÖPNV ausbezahlt hat“, heißt es in einem Antrag der Fraktion. Die FDP-Vertreter wollen sicherstellen, dass die Städte und Landkreise, die in die regionale Verkehrsumlage einbezahlen, keinen Nachteil erleiden. Man wolle „wissen, ob das nach Einschätzung der Geschäftsstelle eine rechtlich zulässige Vorgehensweise ist, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass eventuelle fehlende Mittel zulasten der Verkehrsumlage und damit der Kommunen in der Region gingen und gehen“. In diesen Topf hatten die dem Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) angehörigen Landkreise und die Stadt Stuttgart im Jahr 2022 rund 73,5 Millionen Euro einbezahlt.
Grüne vermutet Parteitaktik
Bei Hermanns Parteifreunden kommt das Nachbohren der FDP auf verschiedenen politischen Ebenen in Sachen Regionalisierungsmittel nicht gut an. Man vermutet dahinter sogar eine ganz andere Motivation als die Sorge um den verantwortungsvollen Umgang mit öffentlichen Mitteln. Noch bevor die Regional-FDP auf den Plan getreten war, hatte sich Silke Gericke, die Sprecherin für Verkehr der Landtags-Grünen, zu Wort gemeldet. Baden-Württemberg verwende „fast 90 Prozent der Regionalisierungsmittel für die Bestellung von Verkehrsleistungen – darunter vor allem Züge, aber auch Regiobusse – und liegt damit im Spitzenfeld aller Bundesländer“, erklärte sie.
Gericke unterstellt dem FDP-Verkehrspolitiker Christian Jung ein parteitaktische Manöver. Es sei nicht Aufgabe Berlins, „utopische Ausbauziele beim ÖPNV in den Bundesländern oder Baden-Württemberg zu finanzieren“, hatte Jung mit Blick auf Forderungen aus den Ländern, die Regionalisierungsmittel noch zu erhöhen, gesagt. „Es ist verständlich, wenn Dr. Jung versucht, seinen Parteifreund und Bundesverkehrsminister Volker Wissing zu schützen. Besser wäre aber, er würde im Interesse des Landes dafür sorgen, dass Minister Wissing liefert, was den Ländern zusteht und was im Koalitionsvertrag der Ampel vereinbart ist.“