Grube hatte selbst seinen Chefsessel verärgert aufgegeben. Foto: dpa

Die Bundesregierung hat nach eigenen Angaben erst rund ein Dreivierteljahr später vom heiklen Inhalt der teuren Auflösungsvereinbarung mit dem ehemaligen Bahn-Chef Grube erfahren.

Berlin - Bei der umstrittenen Millionen-Abfindung für den Ex-Chef der Deutschen Bahn AG (DB), Rüdiger Grube, bleiben weiter Fragen offen. Die Bundesregierung hat nach eigenen Angaben erst rund ein Dreivierteljahr später vom heiklen Inhalt der teuren Auflösungsvereinbarung mit dem Ex-Chef des größten deutschen Staatskonzerns erfahren. Das geht aus einer aktuellen Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine Kleine Anfrage von Bündnis 90/Grüne im Deutschen Bundestag hervor, die unserer Redaktion vorliegt.

870 000 Euro Pensionsrückstellungen gebildet

Die insgesamt 17 Fragen des Bahnexperten Matthias Gastel und weiterer Abgeordneter zu den Vorgängen und der Verantwortung der Regierung werden vom zuständigen Staatssekretär Enak Ferlemann nur rudimentär und ausweichend beantwortet. Auch auf ausdrückliche Nachfrage der Parlamentarier verweigert das Ministerium unter Verweis auf das Aktiengesetz die verlangte Auskunft, ob die drei Regierungsvertreter im Kontrollgremium des bundeseigenen Unternehmens dem Abschluss der Aufhebungsvereinbarung zugestimmt haben. Durch Recherchen und Berichte unserer Redaktion war Mitte März erstmals öffentlich bekannt geworden, dass Grube trotz des Eklats bei seinem sofortigen Rücktritt in der Aufsichtsratssitzung am 30. Januar 2017 noch eine Zahlung von fast 2,3 Millionen Euro erhalten hat. Und das, obwohl er nur noch 30 Tage im Dienst war und selbst seinen Chefsessel verärgert aufgegeben hatte, weil sein bis Ende 2017 laufender Vertrag nur zwei statt drei Jahre verlängert werden sollte. Zudem erhält Grube hohe Altersbezüge, dafür wurden weitere 870 000 Euro Pensionsrückstellungen gebildet.

Monatelange Verhandlungen über die Abfindung

Nach Angaben Ferlemanns beinhaltet die Summe von 2,251 Millionen Euro neben der Abfindung „weitere Vergütungsbestandteile“. Die drei Bundesvertreter im Aufsichtsrat – jeweils Staatssekretäre des Finanz-, Wirtschafts- und Verkehrsministeriums – haben von dem Betrag erst „am 14. März 2018 mit dem Erhalt der Aufsichtsratsunterlagen erfahren“. Das steht allerdings im Widerspruch zu Angaben, wonach das Kontrollgremium die bereits vorigen Sommer geschlossene Vereinbarung damals formell bestätigt haben soll. Auch Nachfragen dazu lässt das Ministerium offen.

Die Vorgänge gelten als brisant, weil der Abgang des Bahn-Chefs kurz vor Beginn der heißen Phase des Bundestagswahlkampfs der Koalition sehr ungelegen kam und weiteres öffentliches Aufsehen vermieden werden sollte. Die offenbar monatelangen Verhandlungen über die Abfindung, mit denen der langjährige DB-Aufsichtsratschef Utz-Hellmuth Felcht beauftragt worden war, kamen erst im Sommer kurz vor der Wahl zu einem Ergebnis. Felcht wurde inzwischen als Aufsichtsratschef abgelöst und durch den Staatssekretär im Verkehrsministerium, Michael Odenwald, ersetzt, der seit Jahren für die Regierung im DB-Aufsichtsrat sitzt. Für die Opposition im Bundestag trägt die Bundesregierung die Verantwortung für die hohe Abfindungszahlung. Zunächst sei bei der Unterzeichnung des Vertrages mit Grube im Frühjahr 2009 nicht aufgepasst worden, so Gastel. Zum Abschied habe die Regierung dann dem Aufsichtsratschef offenbar völlig freie Hand bei der Vertragsauflösung gegeben. Der neue Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte eine „neue Kultur“ in Staatsunternehmen gefordert, für die auch der Aufsichtsratschef Odenwald sorgen soll.