Zum Konzept gehören (von links) ein großes Freilichttheater nahe der Haltestelle Jurastraße, Büros und kleine Werkstätten sowie eine Trainingshalle. Foto: privat/cf

Um das einstige Aurelis-Areal in Stuttgart-Vaihingen gab es in den vergangenen Jahren schon viel Zirkus. Nun gibt es die Idee, dass dort tatsächlich ein Zentrum für Artistik und Kunst entsteht. Die Initiatoren haben sich viel vorgenommen, doch wie realistisch sind diese Pläne?

Vaihingen - Als Artisten haben sie die Magie gespürt, die besondere Atmosphäre, wie es ist, Menschen mit ihrer Kunst zu verzaubern. Doch als sie aus den Stuttgarter Kinder- und Jugendzirkussen herausgewachsen waren, erlebten sie die Perspektivlosigkeit, sowohl als Darsteller als auch als Trainer. Es gab kaum Möglichkeiten weiterzumachen. So entstand die Idee, für zukünftige Generationen den zeitgenössischen Zirkus in Stuttgart fest zu etablieren, ein Zentrum für Artistik und Kunst aufzubauen: das Circuleum.

Jeder soll Zirkus machen und erleben können

Das Circuleum ist ein Social Start-up, eine gemeinnützige Initiative des Planungsbüros Kreativhaltig und der Stuttgarter Jugendhaus Gesellschaft. „Wir verstehen uns als ein Netzwerk aus Kinder- und Jugendzirkussen, Profi-Artisten, Trainern, Künstlern und Zirkus- beziehungsweise Kunstbegeisterten“, heißt es auf der Homepage www.circuleum.de. Doch dieses Netzwerk braucht ein Zuhause, „einen Standort, der inspiriert und zu künstlerischen Prozessen anregt“, so steht es in einer Präsentation der Verantwortlichen. Das ehemalige Aurelis-Areal in Vaihingen biete die einmalige Chance, „einen ganz besonderen Ort der Kultur und Kunst zu kreieren, einen Ort für Menschen“. Timon Schilling ergänzt: „Das Konzept gab es schon, bevor wir auf das Gelände aufmerksam wurden. Doch die meisten von uns haben ihre Wurzeln in Vaihingen. Wir würden unser Projekt wirklich gerne hier verwirklichen.“

Die Gruppe hat sich viel Arbeit gemacht, ist mit vielen Menschen in Kontakt und hat bereits verschiedene Visualisierungen erstellt. Auf dem lang gestreckten Gelände südlich der Bahngleise ist viel Grün zu erkennen. In unmittelbarer Nähe der Haltestelle Jurastraße befindet sich eine große Freilichtbühne, in Form eines Amphitheaters und überspannt mit einem Sonnensegel. Dort ist Platz für Stadtteilfeste, für Fortbildungen und Kongresse und natürlich für Theater, Musik und Zirkus. In der Mitte des Geländes stehen mehrere kleine Gebäude. Dort könnte das Projektbüro einziehen, Werkstätten und andere kreative Dinge wären denkbar. Etwas weiter südlich und mit dem Rücken zu den Bahngleisen ist eine Trainingshalle eingezeichnet. Insgesamt machen die Initiatoren mit ihrem Konzept deutlich, dass es ihnen um Begegnungen geht, dass jeder Kunst im Allgemeinen und Zirkus im Besonderen machen und genießen können soll, generationenübergreifend, inklusiv und über alle sozialen Schichten hinweg.

Bezirksbeirat fordert offene Bürgerbeteiligung

Ob dieses Zirkusprojekt in Vaihingen verwirklicht werden kann, bleibt abzuwarten. Für das einstige Aurelis-Gelände gab es in den vergangenen Jahren schon zahlreiche Ideen. Das Gelände gehört inzwischen der Stadt, als Ausgleichsfläche für die städtischen Grundstücke, welche die Allianz für den Bau ihrer neuen Hauptverwaltung im Bereich Heßbrühlstraße mit beanspruchen darf. Der damalige Stuttgarter Bürgermeister Michael Föll hatte verkündet, dass dort eine „überwiegend öffentliche Parkfläche und ein Mobilitätszentrum“ entstehen könnten. Allerdings nicht sofort, denn derzeit wird die Fläche unter anderem als Interimsquartier für die Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) gebraucht.

Im Jahr 2019 meldete die Stadt das Gelände als mögliches Projekt für die Internationale Bauausstellung (IBA) 2027 an. Dessen Herzstück wäre die angedachte Mobilitätsdrehscheibe, ein sogenannter Mobility Hub. Was genau und wo genau was auf der ehemaligen Aurelis-Fläche entsteht, möchte die Stadt gemeinsam mit den Menschen vor Ort entwickeln.

Der Vaihinger Bezirksbeirat pocht auf diese Bürgerbeteiligung und wehrt sich dagegen, dass bereits im Vorfeld Fakten geschaffen werden. Im April hatte der private Bildungsträger Konzept-e im Bezirksbeirat seine Pläne für den Bau einer Schule und einer Sporthalle in dem Gebiet vorgestellt. Kurze danach entschied der Städtebauausschuss des Gemeinderats, dass diese Ideen in die Bürgerbeteiligung aufgenommen werden.

Michael Mehling (FDP) und Volker Schweizer (Grüne) beantragten nun in der jüngsten Sitzung des Bezirksbeirats, dass auch die Initiatoren von Circuleum ihr Konzept im Gremium vorstellen dürfen. Es gehe um Chancengleichheit und darum, den Charakter des offenen Beteiligungsprozesses zu unterstreichen. Eben diesen sahen einige der Lokalpolitiker jedoch in Gefahr. Sie betrachteten es im Nachhinein als Fehler, das Konzept-e berichten durfte. „Die Ideen sind gut, aber das ist der falsche Ort, um sie zu besprechen“, sagte Gerhard Wick (Die Fraktion) und war damit ganz im Einklang mit Ulrich Bayer (CDU). Letztlich nahm das Gremium jedoch den Antrag von Mehling und Schweizer mehrheitlich an.