32 zyklopische Megalithen, fugenlos aufgebaut: Der 5700 Jahre alte Dolmen von Menga in Südspanien ist einer der ältesten und größten Steinzeitbauten Europas. Forscher haben rekonstruiert, wie die neolithischen Baumeister die bis zu 150 Tonnen schweren Blöcke dieses Galeriegrabs zusammenfügten.
Menga. Dieser Name hat für nicht nur für Archäologen einen magischen Klang. Der rund 5700 Jahre alte Dolmen von Menga ist ein gigantisches Galeriegrab in einer Talsenke nahe der südspanischen der 41 000-Einwohner-Stadt Antequera, das zu den bedeutendesten Megalithbauten Europas zählt.
Zusammen mit dem Dolmen de Viera und dem Grabhügel Tholos de El Romeral in Andalusien bildet es ein bedeutsames Dreigestirn der neolithischen Architektur in Europa. Seit dem Jahr 2016 ist die Antequera Dolmen Weltkulturerbe der Unesco.
Wie wurde vor 5700 dieses Bauwerk der Superlative errichtet?
Das Grab misst 50 Meter im Durchmesser, ist mehr als vier Meter hoch, 27,50 Meter lang und misst an der breitesten Stelle sechs Meter. Ein Gang führt in einen großen, ovalen Raum, der durch drei Stützpfeiler unterteilt ist und wo sich ein 19,50 Meter tiefer Brunnenschacht mit einem Durchmesser von 1,50 Meter befindet.
Die vom Hügel bedeckte Megalithanlage ist aus 32 exakt behauenen Megalithen, die millimetergenau eingefügt sind und zusammen rund 1600 Tonnen wiegen. Wie schafften es die Erbauer, die bis zu 150 Tonnen schweren Blöcke so passgenau zu diesem Bauwerk der Superlative aufzurichten?
Das hat nun ein spanisches Forscherteam erstmals rekonstruiert. Ihre im Fachmagazin „Scince Advanvces“ veröffentlichte Studie enthüllen fortgeschrittene, präzise Techniken aus der Steinzeit.
Gigantische Bauwerke mit rätselhafter Entstehungsgeschichte
Vor rund vor 6500 Jahren wurden die ersten rituellen Bauwerke der Megalith-Kultur errichtet. Jungsteinzeit-Forscher haben rund 35 000 Megalith-Objekte allein in Europa gezählt.
Die Monumente liegen in Skandinavien, auf den britischen Inseln, in der Bretagne, in Nord- und Südspanien, auf Korsika und Sardinien sowie in Süditalien, auf Malta und in Anatolien.
Die Megalithkultur hinterließ gigantische Bauwerke: Steinkreise wie in Stonehenge, kilometerlange Menhirreihen wie in Carnac oder gewaltige Dolmen – also kammerartige Großsteingräber mit massiven Deckplatten. Wie die steinzeitlichen Erbauer es schafften, die tonnenschweren Steine von ihren teilweise hunderte Kilometer entfernten Ursprungsorten zu transportieren und aufzustellen, ist bis heute ein Rätsel.
Zyklopen-Anlage aus 32 Megalithen
Der Dolmen von Menga ist einer der ältesten und zugleich größten Megalith-Bauten Europas. Jeder einzelne seiner 32 Megalithe ist größer und schwerer ist als die größten Steine von Stonehenge. Die beiden Seitenwände bestehen aus 20 Großsteinen, die Decke ist aus fünf Platten aufgeschichtet. Die übrigen sieben Blöcke bilden die Rückwand sowie die aufrechten Pfeiler im Inneren der Anlage.
„Das 3800 bis 3600 vor unserer Zeitrechnung erbaute Menga sticht allein schon durch seine enorme Größe und das kolossale Gewicht seiner Steine hervor“, erklärt José Antonio Lozano Rodríguez vom Ozeanografischen Institut der Kanaren. Der größte der fünf Decksteine von Menga wiegt gut 150 Tonnen und ist damit der zweitgrößte Megalith Europas, nur überragt vom Grand Menhir bei Carnac.
Megalithe wurden passgenau eingefügt
Lozano Rodríguez und sein Team haben das Bauwerk aus der späten Steinzeit von den Fundamenten der Großsteine über ihre Bearbeitung bis hin zu einer Rekonstruktion der Techniken, mit denen die riesigen Steine in ihre Positionen gebracht wurden untersucht. „Dies ermöglicht einen ganz neuen Blick auf bisher ungelöste, entscheidende Fragen.“
Die Analysen zeihen, dass die aufrecht stehenden Großsteine (Orthostaten) in einem Winkel von rund 85 Grad in den Felsuntergrund eingesenkt sind. Dadurch ist das Dachgewölbe schmaler als der Baugrund. „Diese schlaue Idee erlaubte es den Erbauern, die Breite der Decksteine zu reduzieren, die aus eher weichem bis mittelweichem Gestein bestanden und daher nicht sonderlich widerstandsfähig gegenüber Zugkräften waren.“
Aufgerichtet statt gehoben
Die Erbauer von Menga versenkten die die Steine für die Seitenwände als erstes im Untergrund. Mithilfe von Holzschlitten transportierten sie die Giganten bis an die zuvor ausgehobenen Grube und kippten sie dann hinein.
„Durch diese Bauweise konnten sie die Orthostaten nahezu perfekt aneinander ausrichten. Dadurch verkeilten sie sich gegenseitig und bildeten eine solide, dauerhafte Steinkonstruktion“, erläuertn diue Forscher.
Innenraum wurde später ausgegraben
Der spätere Innenraum lag bei diesem Bauabschnitt nur knapp über dem Felsuntergrund. Die tonnenschweren Decksteine wurden ebenfalls mit Holzschlitten bis an ihre spätere Position gezogen und auf der Oberkante der Orthostaten platziert werden. „Erst nachdem die Decksteine platziert waren, wurde der Felsuntergrund darunter herausgehauen und so der Innenraum des Monuments geschaffen“, erklären di Archäologen.
Die Decksteine waren so behauen, dass sie eine leichte Bogenform hatten. „Dies hilft, die Belastung vom Zentrum des Decksteins zu den Seiten hin abzuleiten“, schreiben die Forscher. „Unseres Wissens nach ist dies die frühste menschengemachte Steinstruktur, die als ein solcher Entlastungsbogen fungiert.“
Genius der Steinzeit-Ingenieure
Der Dolmen von Menga ist ein einzigartiges Zeugnis für die fortschrittliche Technologie der frühen Erbauer. „Unsere Ergebnisse widersprechen völlig den Vorstellungen von primitiven und groben neolithischen Gesellschaften, die so lange das allgemeine und wissenschaftliche Denken prägten“, betont Lozano Rodríguez.
„Die Art, wie die Steine platziert wurden, liefert uns zahlreiche Belege des kreativen Genius und der frühen wissenschaftlichen Ingenieurskunst der Architekten und Ingenieure, die Menga entwarfen und erbauten.“
Menga repräsentiere nicht nur „eine frühe Ingenieursleistung, sondern auch einen substanziellen Schritt vorwärts für die menschliche Wissenschaft“. Der Dolmen spiegle „die Akkumulation fortgeschrittenen Wissens wider“.
Info: Megalith-Bauwerke
Megalith-Kultur
Schon vor rund vor 6500 Jahren wurden die ersten rituellen Bauwerke der Megalith-Kultur errichtet. Die Jungsteinzeit-Forscherin Bettina Schulz Paulsson von der Universität Göteborg rund 35 000 Megalith-Objekte fest. Die untersuchten Monumente liegen in Skandinavien, auf den britischen Inseln, in der Bretagne, in Nordspanien, Korsika und Sardinien sowie in Süditalien, auf Malta und in Anatolien. Doch auch anderswo auf der Welt gibt es steinzeitliche Megabauten: