Wer im baden-württembergischen Gastgewerbe arbeitet, muss mit unterdurchschnittlicher Bezahlung rechnen Foto: dpa

Mit interaktiver Grafik - Wer seinen Job nur nach dem Gehalt aussucht, sollte in Baden-Württemberg in der Unternehmensberatung arbeiten. Aber auch in der IT, der Autoindustrie und der Energieversorgung wird gut bezahlt.

Stuttgart - Die baden-württembergischen Arbeitnehmer haben 2014 so viel verdient wie noch nie. Das geht aus Zahlen des Statistischen Landesamts hervor, die den Stuttgarter Nachrichten vorliegen. Demnach lag der jährliche Bruttoverdienst 2014 im Schnitt erstmals bei über 50 000 Euro. Nur die Menschen in Hamburg (52 950 Euro) und Hessen (52 199) verdienen mehr als die Baden-Württemberger. Gefolgt von den Bayern (49 417). Die Schlusslichter sind Thüringen (34 816) und Mecklenburg-Vorpommern (33 870). Die Statistik bezieht sich auf Arbeitnehmer aus Produktion und Dienstleistungsgewerbe. Selbstständige Ärzte etwa oder Rechtsanwälte werden hier also nicht erfasst.

Gleichzeitig gibt es jedoch auch viele Menschen, die von ihrem Gehalt nicht leben können und darum auf zusätzliche Unterstützung von Staat angewiesen sind. Nach einer Auswertung der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit in Baden-Württemberg für unsere Zeitung hat der Staat im vergangenen Jahr rund 24 Millionen Euro für Aufstocker im Land ausgegeben.

Arbeitsmarktexperten gehen davon aus, dass auch der Mindestlohn daran nicht viel ändern wird. Seit Anfang des Jahres gilt in Deutschland ein Mindeststundenlohn von 8,50 Euro pro Stunde. „Die erhoffte Wirkung, dass durch den Mindestlohn die Zahl der Aufstocker erkennbar reduziert wird, ist für Baden-Württemberg bisher nicht eingetroffen“, sagte Christian Rauch, Arbeitsagenturchef in Baden-Württemberg. „Ursache dafür dürfte vor allem sein, dass die Gründe für die Aufstockung in der Regel in der Familiengröße oder in Arbeitszeiteinschränkungen zu suchen sind.“

Im Schnitt liegen die Gehälter in Baden-Württemberg über dem Mindestlohn

Auch Matthias Hickl, Sachgebietsleiter im Referat Preise, Verdienste, Freiwillige Haushaltsbefragungen des Statistischen Landesamts in Baden-Württemberg, geht davon aus, dass die Auswirkungen des Mindestlohns auf die baden-württembergischen Beschäftigten eher gering ausfallen. „Im Gesamtdurchschnitt der Beschäftigten, auch in den unteren Leistungsgruppen, liegen die Durchschnittsverdienste in allen Branchen oberhalb des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro“, sagte er unserer Zeitung.

So hätten ungelernte Arbeitnehmer, das ist die Gruppe mit den geringsten Löhnen, im vergangenen Jahr im Schnitt 11,48 Euro pro Stunde verdient.

Am meisten Geld unter den Angestellten verdienen im Land Vollzeitbeschäftigte, die ein Unternehmen führen und verwalten, sowie Unternehmensberater. Der durchschnittliche Bruttojahresverdienst inklusive Sonderzahlungen liegt dort bei 73 440 Euro. Gefolgt von IT-Dienstleistern (71 094 Euro), Beschäftigten in der Autoindustrie (68 391) und der Energieversorgung (66 014).

Der Stundenlohn von Teilzeitbeschäftigten ist verglichen mit den Kollegen in Vollzeit wesentlich geringer. Nach Angaben des Statistischen Landesamts verdienen Teilzeitbeschäftigte mit einem durchschnittlichen Stundenlohn von 17,59 Euro rund 20 Prozent weniger als Angestellte mit voller Stundenzahl. Die meisten Teilzeitbeschäftigten (90 Prozent) sind Frauen. Sie arbeiten überwiegend in den Branchen am unteren Ende der Lohntabelle. Von allen Führungskräften war hingegen 2014 nur jede fünfte weiblich. Die baden-württembergischen Männer arbeiten vor allem in den gut bezahlten Schlüsselbranchen des Landes. So liegt der Männeranteil den Angaben zufolge im Fahrzeug- und Maschinenbau zwischen 85 und 90 Prozent.

Auch das ist ein Grund dafür, warum der Verdienstabstand zwischen Männern und Frauen in Baden-Württemberg bundesweit am größten ist: Der Bruttoverdienst von Frauen liegt mit 40 503 Euro rund ein Viertel niedriger als der von Männern mit 53 981 Euro. Bei dieser Berechnung des Statistischen Landesamts werden allerdings nicht die Gehälter bei gleicher Beschäftigung verglichen, sondern die zwischen allen Männern und allen Frauen im Land.