Die Stuttgarterin Lilli Büchle ist Rettungsschwimmerin im Inselbad Untertürkheim. Foto: Jonas Schöll

Die Freibadsaison ist gestartet – doch es fehlen die Chefs am Beckenrand. Rettungsschwimmerin Lilli Büchle aus Stuttgart verrät uns, warum sie Bademeisterin werden will, was ihren Job ausmacht und was auf ihrem Gehaltszettel steht.

Stuttgart - Er steht am Beckenrand, trinkt Kaffee und schaut den Mädels hinterher – so das landläufige Vorurteil über den Bademeister. Doch er ist mehr als nur der Möchtegern-Baywatch von nebenan. Er ist eine Mischung aus Animateur, Sanitäter, Techniker und Chemiker in einem. Aber Fachangestellter für Bäderbetriebe – so der korrekte Ausbildungstitel – will fast keiner mehr werden.

Der Fachkräftemangel betrifft so manches Schwimmbad. Weil Bademeister fehlen, müssen etwa Öffnungszeiten verringert werden oder Bäder geschlossen bleiben. Schätzungen des Landesverbandes Deutscher Schwimmmeister zufolge haben allein im Südwesten bis zu hundert Bäder Probleme mit der Besetzung von Stellen.

Traumjob Bademeister?

Die 23 Jahre alte Lilli Büchle aus Stuttgart schwimmt gegen den Trend. Seit zwei Jahren arbeitet die staatlich anerkannte Sport- und Gymnastiklehrerin als Rettungsschwimmerin im Inselbad in Untertürkheim. Das große Ziel der jungen Stuttgarterin: Sie möchte Bademeisterin werden.

Als Rettungsschwimmerin besitzt sie das Rettungsschwimmabzeichen Silber und hat einen Erste-Hilfe-Kurs absolviert. Nach vier Jahren ist sie für die Bademeister-Prüfung zugelassen. Ein anderer Zugang zum Beruf wäre eine dreijährige Ausbildung zum Fachangestellten für Bäderbetriebe.

Im Gespräch verrät uns die Rettungsschwimmerin, warum sie Bademeisterin werden will, was ihr an ihrem Job gefällt und was gar nicht – und sie gewährt uns einen Blick auf ihren Gehaltszettel.

Nerven Sie die Vorurteile über den Beruf Bademeister?

Ja, Klischees über unseren Job gibt es leider viele! Aber mein Job besteht nicht darin, nur am Beckenrand in der Sonne zu stehen und dafür bezahlt zu werden. Die Arbeit ist anstrengend, Stunde um Stunde aufmerksam die Badenden im Auge zu behalten, während die Menschen um dich herum sich vergnügen. Du musst ständig hellwach sein. Du wartest quasi darauf, dass jemand untergeht und Du dann blitzschnell eingreifen musst. Sehr selten schreit jemand, der zum Beispiel einen Krampf oder einen Herzinfarkt bekommt und ertrinkt. Der Job ist in erster Linie Kopfsache!

Warum haben Sie sich für den Beruf entschieden?

Nach meiner Ausbildung als Sport- und Gymnastik-Lehrerin habe ich einen Beruf gesucht. Dann habe ich durch einen Freund erfahren, dass viele Bäder gerade Saisonkräfte suchen. Das erforderliche Rettungsschwimmabzeichen hatte ich schon. Außerdem liebe ich es, an der frischen Luft zu sein. Ich gab mir einen Ruck und hab mich beworben. Vor zwei Jahren habe ich angefangen, im Inselbad Untertürkheim als Rettungsschwimmerin für die Sommersaison zu arbeiten. Und dann bin ich hier hängen geblieben.

Was verdient man als Bademeister?

Nach der Berufsausbildung als Fachangestellte für Bäderbetriebe beläuft sich das Gehalt gemäß Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst auf 2.445,99 Euro brutto im ersten Jahr. Im zweiten und dritten Jahr steigt der Lohn auf 2.739,94 Euro brutto. Dazu kommt eine monatliche Schichtzulage in Höhe von 40 Euro und Zeitzuschläge für Tätigkeiten zu ungünstigen Zeiten, zum Beispiel ein Feiertags- oder Sonntagszuschlag. Das Gehalt eines Rettungsschwimmers liegt etwas darunter. Im ersten Jahr sind es 2.329,99 Euro brutto und in den beiden Folgejahren 2.514,19 Euro brutto.

Welche Eigenschaften braucht man in dem Job?

Körperliche Fitness ist natürlich sehr wichtig. Des Weiteren muss man gut mit Menschen umgehen können. Ein Fingerspitzengefühl haben, in welcher Situation du freundlich sein kannst und wann Du einen strengeren Ton anschlagen musst. Jedem sollte außerdem bewusst sein, dass die Arbeit auch am Wochenende und an Feiertagen ist. Die Arbeitszeiten sind sehr unregelmäßig. Gerade in Freibädern fallen in den Sommermonaten viele Überstunden an. Das ist mit der Familie und dem Privatleben nicht immer leicht zu vereinbaren. An manchen Tagen bei 35 Grad stundenlang aufs Becken zu schauen, erfordert hohe Konzentration.

Mussten Sie auch mal jemanden retten?

Wir müssen öfter für Rettungsaktionen ins Becken springen. Dafür sind wir ja letztendlich da. Ich persönlich musste zum Glück nur einmal einen Menschen retten – und zwar eine ältere Dame im Hallenbad. Beim Aquajogging hatte sich ein Sicherheitsgürtel gelöst. Die Dame hat total die Orientierung verloren und wusste nicht mehr wo oben und unten ist. Ich bin reingesprungen, hab sie über Wasser gehalten und an den Beckenrand gezogen. Die Frau hatte einen Schock. Das war zum Glück kein schwerer Unfall, alles ist gut gegangen.  Ein guter Tag für uns ist, wenn keiner untergegangen ist und die Polizei und der Rettungsdienst nicht da waren.

Was nervt Sie so richtig an ihrem Job?

Die Aggressivität und das Gewaltpotenzial einiger Badegäste nehmen zu. Nicht nur die Jugendlichen werden immer respektloser, auch die Erwachsenen können unverschämt sein. Wir sind ja dafür da, dass die Leute hier im Schwimmbad Spaß haben können und sind für ihre Sicherheit verantwortlich. Und dann kommt einem von einigen so eine gewisse Undankbarkeit entgegen. Da fragt man sich schon manchmal als Frau: „Muss ich mir das überhaupt antun?“ Am Beckenrand zu stehen und nicht zu wissen, ob jemand eventuell gewalttätig reagiert. Trotzdem lasse ich mich davon nicht abschrecken.

Ist der Beruf als Frau noch schwieriger?

Es nimmt immer mehr zu, dass sich die Leute nichts mehr sagen lassen wollen. Das ist eher ein grundsätzliches Problem in unserer Gesellschaft, das auch meine männlichen Kollegen kennen. Aber klar, besonders als Frau ist es wichtig, in heiklen Situationen mit einer gewissen Präsenz und einem entschlossenen Ton aufzutreten. Das habe ich gelernt.

Warum möchten Sie trotzdem Bademeisterin werden?

Mir gefällt die Abwechslung in meinem Job. Im Sommer bin ich draußen im Freien an der frischen Luft, im Winter bin ich im Hallenbad. Es macht einfach Spaß, mit Menschen zu arbeiten. Das Schwimmenlernen der Kinder ist für mich das Schönste. Es ist einfach wunderbar, den Kleinen im Alter von zwei bis drei Monaten das Schwimmen beizubringen und dann über Jahre hinweg ihre Entwicklung am Beckenrand zu verfolgen. Du spürst diese Dankbarkeit der Eltern. Das erfüllt mich total, der Beruf hat viele schöne Seiten.