In Hemmingen – hier bei einer Infoveranstaltung in der Gemeinschaftshalle – haben die Menschen klar zum Ausdruck gebracht, was sie von den Deponie-Plänen halten. Foto: Jürgen Bach

Die Hemmingerin Barbara von Rotberg hat einen Verein gegründet, um das westliche Strohgäu zu erhalten. Allerdings ist das bei weitem nicht alles.

Der 9. Februar 2023 ist für Barbara von Rotberg ein besonderes Datum. An dem Donnerstag ist aus dem „Aktionsbündnis keine Deponie“ der Verein zur Erhaltung der Natur & Landschaft im westlichen Strohgäu, kurz Naturgäu geworden. Mit der Initiatorin Barbara von Rotberg als Vorsitzende.

24 Personen aus Hemmingen und Hochdorf haben sich zusammengeschlossen, um das westliche Strohgäu, Äcker und Naherholungsmöglichkeiten zu schützen. „Wir wollen den Menschen diese besondere Qualität unserer Heimat nahebringen. Der Verein und seine Ziele sind zum Nutzen aller“, sagt Barbara von Rotberg, die für die FDP im Gemeinderat sitzt. Und froh ist, dass sie mit Gleichgesinnten endlich loslegen kann. Gerade die Eintragung als Verein habe sehr lange gedauert, die Kontonummer habe zwei Wochen auf sich warten lassen. Der Verein wolle „fundiert arbeiten“ und aufgrund der Gemeinnützigkeit auch Spenden sammeln, um Veranstaltungen zu finanzieren oder Referenten zu bezahlen. „Es ist ein großes Glück, dass wir so viele engagierte Menschen aus ganz verschiedenen Gruppierungen dabei haben“, sagt Barbara von Rotberg. Sie würden vor Ideen sprühen.

Pläne erst mal vom Tisch, aber . . .

Barbara von Rotberg weiß, warum sie die viele Arbeit auf sich genommen, sich durch Berge von Bürokratie gekämpft hat, bis aus dem Aktionsbündnis ein Verein wurde. „Wir wollen und dürfen nicht entspannen“, sagt die Liberale. Sie meint damit, dass die Pläne für eine Deponie in Hemmingen in den Köpfen bleiben müssen – auch wenn sie erst mal vom Tisch sind und regionsweit nach einem geeigneten Nachfolger für die Erddeponie Froschgraben in Schwieberdingen gesucht wird – statt sich nur auf Hemmingen und Großbottwar zu versteifen. Geschehen sei, was der Landrat und Vorsitzende des Aufsichtsrats der Abfallverwertungsgesellschaft (AVL), Dietmar Allgaier (CDU), gewollt habe: „Es ist ruhig geworden um die Deponie, die Pläne liegen in der Schublade“, sagt Barbara von Rotberg. „Aber genauso schnell können sie wieder herauskommen.“

Dass Hemmingen erneut als Deponiestandort ins Visier geraten könnte, fürchten mittlerweile jedoch offenbar nicht mehr alle. „Manche gehen davon aus, dass nichts mehr passiert“, stellt Barbara von Rotberg fest. Auch würden die Ansichten auseinandergehen, wie man sich am besten verhält: Darauf warten, was die Region vorschlägt? Oder „die Suppe am Köcheln halten?“, wie es die Kommunalpolitikerin formuliert – die für Letzteres plädiert. „Jedem Einzelnen in Hemmingen muss klar sein, was es bedeuten würde, wenn auf unserer Gemarkung eine Deponie entsteht – mitten im Naherholungsgebiet und in der Frischluftschneise, auf besten Äckern mit einem Fahrweg an der Schule und am Kinder- und Familienzentrum vorbei“, so von Rotberg. Man müsse außerdem darauf aufmerksam machen, „dass Hemmingen nicht aufgegeben hat“. Im Zweifel würde wieder eine „Wahnsinnswelle“ kommen.

Müll auch aus anderen Landesteilen Baden-Württembergs

Massiver Widerstand in Hemmingen und Großbottwar hat dazu geführt, dass der Landrat Allgaier im November einen vorläufigen Stopp der Deponie-Suche im Landkreis Ludwigsburg verhängte. Mit dem Verband Region Stuttgart (VRS) vereinbarte Allgaier daraufhin, dass sich der Regionalverband in einem regionsweiten Suchlauf um eine neue Deponie kümmern solle. Per Gesetz ist der VRS für die Schutt- beziehungsweise Erdaushubmengen zuständig.

Im Herbst war bekannt geworden, dass die AVL kreisweit eine Nachfolge für die Deponie Froschgraben in Schwieberdingen sucht – und als Standorte Hemmingen und Großbottwar auserkoren hat. Dort äußerten die Menschen lautstark ihren Protest. Denn es zeigte sich auch: Die AVL nimmt auf ihren Erddeponien Froschgraben sowie auf dem Burghof in Vaihingen-Horrheim nicht nur Erdaushub und Bauschutt aus dem Landkreis Ludwigsburg an, sondern fast zur Hälfte auch aus anderen Landesteilen Baden-Württembergs. Das löste Unverständnis darüber aus, dass ausgerechnet im bevölkerungsreichen Landkreis Ludwigsburg nun schon wieder eine neue Deponie entstehen sollte. Die AVL hat die Entsorgungspflicht für Deponieabfälle der Region Stuttgart im Jahr 2000 für den VRS übernommen.

Weitere Gespräche im Juni geplant

Seit dem Stopp im November sammelte der VRS Daten über die Abfallströme zu den Erddeponien der AVL. Laut dem Wirtschaftsdirektor Jürgen Wurmthaler sind vor allem verlässliche Daten darüber nötig, wo sich Schwerpunkte der Abfallentstehung befänden. Wichtig sei eine gründliche Vorarbeit. Von den Daten der AVL erhoffe er sich Aufschlüsse darüber, welche Mengen der Deponieklassen 0, 1 oder 2 unter Umständen in bestehende Deponien der einzelnen Landkreise integriert werden könnten. Mittlerweile hat der VRS Daten zugeliefert bekommen und zusammengetragen, informiert die Sprecherin Alexandra Aufmuth auf Anfrage. „Derzeit sind wir in der Terminfindung mit den Abfallverantwortlichen der Region für weitere Gespräche.“ Es sehe danach aus, dass dies im Juni erfolgen könnte.

Freilich ist auch Barbara von Rotberg klar, dass die Abfälle irgendwo hinmüssen. „Es gibt aber bessere Stellen als Hemmingen“, betont sie und verweist besonders darauf, dass die Laster in dem Fall durch drei enge Orte fahren müssten. Regionsweit sei sicher ein ähnlicher Standort wie Schwieberdingen zu finden – der Froschgraben lasse sich „pfiffig“ anfahren, ohne die Gemeinde zu tangieren. Klar ist für Barbara von Rotberg deshalb auch: „Wir bleiben dran, bis es für Hemmingen keine Deponie-Pläne mehr gibt.“