Mit ihrer Kandidatur hat sich Flensburgs Oberbürgermeisterin Simone Lange quasi über Nacht bundesweit in die Schlagzeilen katapultiert Foto: dpa

Sie gilt als offen, bürgernah und ist beliebt in ihrer Stadt: Überraschend kündigt die Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange ihre Kandidatur für den SPD-Parteivorsitz an.

Berlin - Simone wer? Mit ihrer überraschenden Bewerbung um den vakanten SPD-Vorsitz ist mit der 41-jährigen Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange eine Kandidatin ins Rampenlicht gerückt, die bundespolitisch ein unbeschriebenes Blatt ist.

Dennoch kann man nicht sagen, dass Lange in der Partei völlig unbekannt wäre. Ihr Wirkungsraum ist allerdings bisher ausschließlich die Küsten-SPD Schleswig-Holsteins gewesen. Für die saß sie als direkt gewählte Abgeordnete aus Flensburg von 2012 bis 2016 im Kieler Landtag. Dort gewann die Kriminalbeamtin als polizeipolitische Sprecherin ihrer Fraktion Profil. Sie setzte sich dabei unter anderem für die Kennzeichnungspflicht von Polizisten und die Einführung eines Landes-Polizeibeauftragten ein.

Sie schied im November 2016 aus dem Landesparlament aus, nachdem sie sich bei der Wahl des Flensburger Oberbürgermeisters mit 51,4 Prozent der Stimmen gegen den Amtsinhaber Simon Faber (Südschleswigscher Wählerverband) durchgesetzt hatte.

Lange gilt als Hoffnungsträgerin der Nord-SPD

Dass sie ihre Kandidatur zur SPD-Bundesvorsitzenden mit der Forderung nach innerparteilicher Erneuerung unterlegt, kann nicht überraschen. Schon nach der verlorenen Bundestagswahl im Herbst 2016 hatte sich auf einem Landesparteitag der Nord-SPD in Neumünster die Forderung erhoben, die Partei müsse sich neuen Ideen öffnen und darüber nachdenken, „mit wem wir das am besten durchsetzen können – personell wie inhaltlich“. Das ist ihr in der Partei, wohl nicht zu Unrecht, als Spitze gegen den Landeschef und stellvertretenden Bundesvorsitzenden Ralf Stegner ausgelegt worden. Tatsächlich gibt es Stimmen, die Lange bereits als kommende Spitzenkandidatin in einem Landtagswahlkampf gegen den jungen CDU-Ministerpräsidenten Daniel Günther handeln. Ihre Bewerbung um den Bundesvorsitz verschafft ihr nun zusätzlich bundesweite Popularität – auch wenn sie in Abrede stellt, dass dies ein möglicher Hintergedanke bei ihrer unerwarteten Kandidatur gewesen ist.

Vielmehr begründet Simone Lange ihre Bewerbung in einem Schreiben an den Parteivorstand mit dem „Gefühl der Ohnmacht vieler Mitglieder gegenüber denen, die in Berlin Entscheidungen treffen, ohne die Basis einzubeziehen“. Das oberste Parteiamt dürfe nicht „von einer kleinen Gruppe intern festgelegt werden“. Eine Einzelkandidatur, „die von Funktionärsträgerinnen und -trägern beschlossen und ohne große Diskussion durchgewunken wird, kann kein Zeichen für einen Aufschwung oder einen Neuanfang sein“, heißt es in ihrem Brief. Mit ihrer „Basiskandidatur“ wolle sie „den Mitgliedern wieder eine Stimme geben“.

Kriminalpolizistin und zweifache Mutter

Lange ist 2003 in die SPD eingetreten und kommt ursprünglich aus Rudolstadt/Thüringen. Nach dem Abitur studierte sie in Altenholz an der Fachhochschule für Verwaltung und Dienstleistung, das sie mit dem Titel einer Diplom-Verwaltungswirtin im Fachbereich Polizei abschloss. Von 1999 bis 2012 arbeitete sie bei der Kriminalpolizei in Flensburg. Sie ist Mutter von zwei Kindern.

Auffallend ist, dass sich Lange bei ihrer Kandidatur zwar rhetorisch voll dem Grundton der Groko-Gegner in der SPD anschließt. Inhaltlich vermeidet sie aber jede Festlegung. Sie argumentiert streng formal: „Ich bin auch dafür, Amt und Mandat zu trennen“, sagt sie in einem aktuellen Interview mit der „Zeit“. „Andrea Nahles wird als Fraktionsvorsitzende sehr ins Regierungsgeschehen eingebunden sein. Eine Parteivorsitzende sollte da flexibler sein.“ Inhaltliche politische Botschaften zu bundespolitischen Themen sind von ihr bislang nicht vernehmbar. Wer auf ihrer Homepage den Unterpunkt „Positionen“ aufruft, bekommt nur ein Zitat von Regine Hildebrandt zu lesen: „Politik geschieht schon gar nicht da, wo man sich den Hintern platt sitzt.“

Ihre Mehrheit bei der Flensburger Oberbürgermeister-Wahl war übrigens ein mehr als großkoalitionäre: Ihre Kandidatur wurde neben der SPD auch von der CDU und den Grünen unterstützt.