Die schwache Autokonjunktur in den Krisenstaaten Südeuropas schlägt auch auf die Autozulieferer im Südwesten durch. Bosch und Mahle haben schon mit Kurzarbeit reagiert. Foto: dapd

Die schwache Autokonjunktur in den Krisenstaaten Südeuropas schlägt auch auf die Autozulieferer im Südwesten durch. Bosch und Mahle haben schon mit Kurzarbeit reagiert. Andere denken darüber nach.

Stuttgart - Ein Auto, das nicht gebaut wird, braucht kein Einspritzsystem, keine Kolben oder Filter, kein Getriebe und keine Kotflügel. Und weil die Zulieferer der so genannten ersten Reihe direkt an der Produktion der Autohersteller hängen, treffen sie die Einbrüche unmittelbar.

Mahle

„Produktionsanpassungen sind notwendig “, sagt Mahle-Chef Heinz Junker. Der Spezialist für Kolben, Motorkomponenten und Filtersysteme hat bereits in einigen Werken Kurzarbeit. „Diese wird aus heutiger Sicht im ersten Halbjahr 2013 noch ausgeweitet werden müssen“, sagt Junker. Betroffen sind vor allem Werke, die für europäische Volumenhersteller produzieren, aber auch Rottweil. Dort werden Kolben für Lkw hergestellt. Die Lkw-Märkte sind wegen der Schuldenkrise schon länger auf Talfahrt – Daimler hat seine Lkw-Produktion gedrosselt, der Lastwagenbauer MAN plant nach der Weihnachtspause im Januar Kurzarbeit.

Kaum verwunderlich, dass auch Zulieferer in einem solchen Umfeld vorsichtig agieren. Bis zum Jahresbeginn 2013 werden mehr als 700 Mitarbeiter, also rund zehn Prozent der baden-württembergischen Mahle-Beschäftigten, in Kurzarbeit sein. In manchen Bereichen wurde damit schon im Oktober beziehungsweise November begonnen, bei anderen beginnt die Kurzarbeit noch im Dezember. Betroffen sind unter anderem die Werke Gaildorf, Leibertingen und der Prototypenbau in Stuttgart.

Für 2013 rechnet Mahle für Europa mit Umsatz- und Ergebnisrückgängen. Im Gesamtkonzern geht der Zulieferer aber davon aus, dass man die Rückgänge in Europa durch Wachstum in anderen Regionen ausgleichen kann. Der Europa-Anteil am Konzernumsatz liege nur noch bei rund 40 Prozent und sei seit vielen Jahren rückläufig, sagt Junker. Das Wachstum in anderen Weltregionen werde aber nicht in europäischen Werken, sondern vor Ort in Asien, Nord- beziehungsweise Südamerika produziert.

„Die Abnahmemengen sind in den letzten Monaten deutlich reduziert worden. Dies sollte man aber nicht nur negativ sehen, weil damit auch ein Bestandsaufbau verhindert wird. Das ist ein wesentlicher Unterschied zur Situation Ende 2008“, sagt Junker. Tatsache ist für ihn, dass man sowohl bei den Autoherstellern als auch in der Zulieferindustrie auf Jahre hinaus in Europa Überkapazitäten haben wird, die man in den nächsten Jahren zurückführen müsse.

Bosch

Bosch

Auch der Stuttgarter Autozulieferer und Elektronikkonzern hat bereits auf die schwächere Nachfrage reagiert. Im Dezember werden erneut knapp 1000 Mitarbeiter im Bamberger Werk für Zündkerzen und Komponenten für Diesel- und Benzintechnik an vier bis fünf Tagen kurzarbeiten. Bereits im September gab es dort Kurzarbeit, die dann im Oktober wegen kurzfristig erhöhter Abrufe eines Kunden wieder aufgehoben wurde. Jetzt aber schlagen die Schwierigkeiten von südeuropäischen Dieselfahrzeugherstellern wieder durch.

Das Beispiel zeigt, dass die Abrufe der Autokunden sehr sprunghaft und schwer planbar sind. Von Krisenstimmung kann aber nicht die Rede sein. Vielmehr rechnet der Konzern in diesem Jahr im Pkw-Bereich mit rund vier Prozent Wachstum und auch 2013 noch mit einem moderaten Zuwachs, wie ein Sprecher sagt. Treiber sind nach wie vor Asien – allen voran China – und die USA. Allerdings werde im Konzern „extrem auf Kosten geachtet“, sagt der Bosch-Sprecher – egal ob es um Dienstreisen geht oder um die Investition für einen neuen Rechner.

Auf weitere Einbrüche will Bosch mit dem Abbau von Überstunden, Arbeitszeitkonten, Resturlaub und dem Auslaufen befristeter Verträge reagieren. Weitere Kurzarbeit an Kfz-Standorten sei derzeit kein Thema, so der Sprecher. In einzelnen Unternehmensbereichen gebe es Schließtage. Auch der Betriebsrat äußert sich moderat. „In Feuerbach sind wir bisher mit einem blauen Auge davon gekommen“, sagt der dortige Betriebsrats-Chef Hartwig Geisel. Lediglich zum Jahreswechsel seien einige Schließtage geplant. In Feuerbach arbeiten mehr als 7000 der rund 11 000 Mitarbeiter im Dieselbereich.

Die schwächelnde Konjunktur in Europa trifft auch andere Bereiche wie Bosch Rexroth, Bosch Solar oder die Sicherheitstechnik und damit Standorte wie Ulm-Elchingen, Lohr, Schweinfurt oder Arnstadt/Thüringen. Unterm Strich sind knapp 6000 Boschler von Kurzarbeit betroffen. Das sind gerade mal knapp fünf Prozent der insgesamt rund 120 000 Beschäftigen im Inland.

Viele Zulieferer tun sich schwer, die Lage einzuschätzen. Von Pessimismus mag keiner reden, auch seien die jetzigen Rückgänge überhaupt nicht mit der Krise 2008/09 zu vergleichen. Bei der IG Metall in Stuttgart, die Kontakte zu vielen Zuliefererbetrieben hat, weiß man, dass es bei einem Teil der Zulieferer in den ersten Monaten 2013 Kurzarbeitsphasen geben werde, wie ein IG-Metaller sagt. Von einem großen Einbruch sei aber nicht auszugehen. Insgesamt fahren die Autozulieferer aber extrem vorsichtig ins kommende Jahr.

Mann + Hummel

Mann + Hummel

Der Ludwigsburger Filterpezialist hat sich mit unterschiedlichen Szenarien auseinandergesetzt . „In der Krise 2009 hat uns Kurzarbeit geholfen, das ist eine Option, die wir uns offenhalten, wenn es nötig ist“, heißt es dort. Doch davon sei man noch weit entfernt. Dieses Jahr rechnet man mit einem Umsatz auf Vorjahreshöhe.

Eberspächer

Eberspächer

Der Esslinger Abgasspezialist geht „2013 mit großer Vorsicht an und achtet stark auf die Kosten“, wie ein Firmensprecher sagt. Zwar spürt man die Auswirkungen der Schuldenkrise in Europa, doch ist Eberspächer weniger davon getroffen, weil der Zulieferer vor allem mit dem Premiumherstellern gut im Geschäft ist. Noch laufen die Bänder in den Autofabriken bei Daimler, BMW und Audi rund, denn diese profitieren von der guten Nachfrage in Nordamerika und Asien. Anders sieht es dagegen bei den europäischen Massenherstellern aus – allen voran PSA Peugeot Citroen, Fiat oder Opel. Sie erzielen in Europa einen Großteil ihrer Umsätze und spüren infolge der europäischen Schuldenkrise besonders deutlich die Kaufzurückhaltung.

Zulieferer, die an solchen Herstellern hängen, haben das Nachsehen. In einer exklusiven Prognose für die Wirtschaftswoche sieht die Unternehmensberatung AlixPartners viele Zulieferer als Opfer des Abschwungs. Unterstelle man für die europäischen Autozulieferer für 2012 einen Umsatzrückgang von fünf bis zehn Prozent, steige der Anteil der gefährdeten Unternehmen auf über 30 Prozent. Damit wäre jeder dritte europäische Autozulieferer gefährdet. Viele Unternehmen hätten seit der Krise 2008/09 noch nicht genügend Reserven aufbauen können, so die Begründung.

Allgaier

Allgaier

Das Uhinger Unternehmen macht 75 Prozent des Umsatzes mit der Autoindustrie und beliefert diese unter anderem mit Tanks und Karosserieteilen wie Kotflügel und Heckklappen. Die Internationalisierung der vergangenen Jahre zahle sich aus. So kann man rückläufige Absatzzahlen in Europa durch Zuwächse in Amerika und China ausgleichen. Kurzarbeit sei aktuell kein Thema, sagt eine Sprecherin.

Getrag

Getrag

Der Getriebehersteller aus Untergruppenbach spürt zunehmend Gegenwind durch die schwache Autonachfrage in Europa und stellt sich auf noch schwierigere Zeiten ein. „Die Situation ist ernst. Wir sind extrem vorsichtig, was das Jahr 2013 angeht“, sagt Getrag-Chef Mihir Kotecha, Sollte sich die Lage weiter verschlechtern will der Autozulieferer mit Schließtagen in einzelnen Werken beziehungsweise mit Kurzarbeit reagieren.

ZF Friedrichshafen

ZF Friedrichshafen

Der Getriebe- und Fahrwerktechnikspezialist stellt sich vor allem auf eine längere Durststrecke bei Nutzfahrzeugen in Südeuropa ein, weil alle großen Lkw-Hersteller ihre Produktion drosseln. Weil man aber im Pkw-Geschäft vom weltweiten Trend zu Automatikgetrieben profitiert und hier mit Premiumherstellern „sehr gut unterwegs ist“, wie ein Sprecher sagt, werde der ZF-Konzern in diesem Jahr rund 17 Milliarden Euro Umsatz erreichen – das sind zehn Prozent mehr als im Jahr zuvor. ZF setzt etwa jeden fünften Euro mit Nutzfahrzeugtechnik um. Kurzarbeit ist keine geplant. Am Stammsitz Friedrichshafen mit mehr als 8000 Mitarbeitern, auch der große Fertigungsstandort für Nutzfahrzeuggetriebe, wird es über den Jahreswechsel eine zweiwöchige Betriebsruhe geben. Insgesamt sieht sich der Konzern gut aufgestellt. Angesichts des globalen Wettbewerbsdrucks hatte ZF-Chef Stefan Sommer erst vor kurzem angekündigt, in den nächsten zwei Jahren die Zahl der Lieferanten von 3500 auf 2000 zu reduzieren, den Einkauf stärker zu zentralisieren und standardisieren und bei den Materialkosten 500 Millionen Euro einzusparen.

Behr

Behr

Der Spezialist für Kühlung und Klimatisierung, der Rückgänge auf seinem europäischen Kernmarkt spürt, nutzt bereits Flexibilisierungsinstrumente wie Abbau von Arbeitszeitkonten und eine zweiwöchige Betriebsruhe über den Jahreswechseln. Für die Standorte müsse man zügig nach Lösungen zur nachhaltigen Kostensenkung suchen, heißt es weiter.

Elring-Klinger

Elring-Klinger

Der Autozulieferer aus Dettingen/Erms, Spezialist für Abgasdichtungen und Hitzeschilde, macht mittlerweile knapp 50 Prozent seines Umsatzes außerhalb Europas. Da die Geschäfte in Nordamerika und Asien gut liefen, seien derzeit keine Produktionsanpassungen geplant, sagt eine Sprecherin.