In der Europa League geht es um alles, aber Kabel 1 zeigt Hannover 96: Kein Gruppenspiel live im frei empfangbaren TV. Foto: obs/Samsung Electronics GmbH

Drei deutsche Clubs sind weiter in der Europa League, der VfB kämpft noch um den Einzug in die Zwischenrunde. Doch Kabel 1 überträgt nicht die Partie gegen Molde FK, sondern jene von Hannover 96 bei UD Levante. Verkommt der VfB in der öffentlichen Wahrnehmung etwa zur grauen Maus?

Stuttgart - Für den VfB steigt an diesem Donnerstag ein Endspiel. In der Europa League geht es für den Tabellenzweiten gegen Molde FK um 19 Uhr ums Weiterkommen. Alles oder nichts – die Partie verspricht Spannung pur. Und weil die anderen drei deutschen Teams bereits vorzeitig den Sprung in die Zwischenrunde geschafft haben, ist die Partie des VfB auch für den frei empfangbaren TV-Sender Kabel 1 die attraktivste – könnte man meinen.

Doch der Privatsender, der pro Spieltag eine Partie mit deutscher Beteiligung live zeigen darf, überträgt nicht etwa den VfB. Er sendet am Donnerstagabend live aus dem spanischen Levante, wo Hannover 96 ranmuss (Anpfiff 21.05 Uhr). Dabei geht es für die Niedersachsen nur noch um Platz eins oder zwei in der Gruppe.

Wer den VfB gegen Molde live vor dem Fernseher erleben will, ist auf den Bezahlsender Sky angewiesen, der alle Europa-League-Spiele mit deutscher Beteiligung überträgt. Irgendwie ist das fast schon ein gewohntes Bild – Kabel 1 machte schon in den ersten fünf Gruppenspielen einen Bogen um den VfB. Stets zeigte der Privatsender eine Partie eines anderen deutschen Clubs. Dreimal Borussia Mönchengladbach, einmal Bayer Leverkusen, jetzt ein zweites Mal Hannover 96, das ist die Losung. Ist der VfB also zu unattraktiv für eine Live-Übertragung, verkommt er gar zur grauen Maus?

„Gruppengegner der anderen deutschen Mannschaften in der Summe einfach attraktiver“

Eine Mitarbeiterin von Kabel 1, die namentlich nicht genannt werden will, wiegelt ab: „Der VfB ist für uns attraktiv – es ist, wenn man so will, einfach blöd gelaufen. Die Gruppengegner der anderen deutschen Mannschaften waren in der Summe einfach attraktiver.“ Bestes Beispiel hierfür sei Borussia Mönchengladbach. Kabel 1 übertrug die Heimspiele der Fohlen gegen Fenerbahce Istanbul, Olympique Marseille und AEL Limassol. Zudem sei ein spätes Spiel um 21.05 Uhr attraktiver für den Sender als eines um 19 Uhr wie das des VfB gegen Molde. „Wir erreichen dadurch ungefähr eine Million mehr Zuschauer als ab 19 Uhr – es sind einfach mehr Leute von der Arbeit wieder zu Hause, und für den Fußballfan an sich ist das dann die richtige Entscheidung“, sagt die Mitarbeiterin.

Marcus Jung, Sprecher des VfB, zeigt für diese Haltung Verständnis: „Das können wir noch nachvollziehen – unsere drei Spiele ab 19 Uhr scheiden in der Bewertung also aus. Und wenn Gladbach gegen Fenerbahce Istanbul oder Marseille spielt, sind das attraktive Duelle, zumal die Borussia schon lange nicht mehr international vertreten war. Am fünften Spieltag waren wir aber schon enttäuscht, dass unsere Partie nicht übertragen wurde.“ Da musste der VfB bei Steaua Bukarest ran. Um 21.05 Uhr. Doch Kabel 1 entschied sich für die zeitgleich stattfindende Partie Mönchengladbach gegen Limassol – eine weithin unbekannte Mannschaft aus Zypern. „Wir haben gegen den rumänischen Rekordmeister gespielt, für uns stand das Weiterkommen auf dem Spiel, Bukarest hat ein attraktives Stadion, es kommen viele Leute – da war es schon fragwürdig, Gladbach gegen Limassol zu zeigen“, sagt Jung. Und Manager Fredi Bobic ergänzt: „Das war grenzwertig.“

Immer wieder Härtefälle

Die Kabel-1-Mitarbeiterin räumt ein, dass man sich trefflich darüber streiten könne. Es gebe aber immer wieder einmal Härtefälle – der VfL Wolfsburg etwa habe vor drei Jahren als amtierender deutscher Meister kein einziges Live-Spiel im Free-TV in der Champions League bekommen. Und überhaupt – unmittelbar nach Abpfiff des VfB-Spiels gegen Molde FK am Donnerstag gegen 20.50 Uhr gebe es erste Höhepunkte der Partie. Zudem werde man eigens eine Moderatorin (Andrea Kaiser) nach Stuttgart schicken. Und generell könne sich das Blatt in der Zwischenrunde schnell zugunsten des VfB wenden.

Für den Club aus Cannstatt ist das eher ein schwacher Trost. Live-Spiele im frei empfangbaren Fernsehen bedeuten mehr TV-Präsenz und damit mehr Zuschauer. Diese Formel wiederum lockt mehr Sponsoren an – sie macht den Verein attraktiver für die Geldgeber. Versinkt ein Club wie der VfB wie in den ersten sechs Gruppenspielen in der Europa League aber in der Nische des Bezahlsenders Sky, trägt das nicht gerade zur Popularität bei. „Wir haben noch nicht mit Kabel 1 gesprochen und protestiert“, sagt Marcus Jung vom VfB. Fredi Bobic sagt, dass so etwas „auch nicht geplant ist“.

„Unser Engagement ist ohnehin erst einmal auf die Bundesliga ausgerichtet“

Immerhin – der Hauptsponsor des VfB sieht die Dinge noch gelassen. „Unser Engagement ist ohnehin erst einmal auf die Bundesliga ausgerichtet, wir sind ja auch hauptsächlich in Deutschland aktiv“, sagt Oliver Wihofszki, Sprecher der Mercedes-Benz-Bank: „Klar wünscht man sich als Sponsor auch TV-Präsenz in der Europa League, aber wir nehmen das ganz gelassen, denn wir können diese Dinge ja sowieso nicht beeinflussen.“ Der VfB sei jung, dynamisch und erfolgreich: „Wir sind sehr zufrieden.“ Und wenn der VfB in der Europa League dann bald auf Clubs wie den FC Chelsea oder Manchester City treffe, werde das ohnehin ein Selbstläufer, sagt Wihofszki.

Ein Selbstläufer ist die Präsenz des VfB in der öffentlichen Wahrnehmung nicht. Auch in überregionalen Print- und Online-Publikationen fristet der VfB zurzeit eher so etwas wie ein Schattendasein. Vor und nach der Wutrede von Trainer Bruno Labbadia spielt der Verein eher eine untergeordnete Rolle – eine Ansicht, die Marcus Jung nicht unbedingt teilt: „Vereine wie der Hamburger SV oder Hannover 96 sind überregional nicht präsenter als wir.“