An der Uni Hohenheim forschen auch Gastwissenschaftler. Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Die Universität Hohenheim hat nach Beginn des Krieges in der Ukraine auf das Angebot für Geflüchtete hingewiesen, als Gastwissenschaftler zu forschen. Maryna Horobeiko hat es angenommen.

Jahrelang hat die Neurologin Maryna Horobeiko in Kiew als Ärztin gearbeitet. Zuletzt war sie Klinikdirektorin. Kurz nach Kriegsbeginn flüchtete sie mit ihrer 15-jährigen Tochter aus der Ukraine nach Filderstadt. In Deutschland hilft ihr der Umstand, dass sie neben ihrer medizinischen Ausbildung in der Ukraine auch Wirtschaftswissenschaften studiert hat. Seit Juni ist Maryna Horobeiko als Gastwissenschaftlerin am Institut für Health Care & Public Management an der Uni Hohenheim im Team von Alfonso Sousa-Poza tätig.

Der Leiter des Fachgebietes Haushalts- und Konsumökonomik hat nach Beginn des Krieges die Möglichkeit, als Gastwissenschaftler an seinem Institut zu arbeiten, auf einschlägigen Online-Plattformen gepostet. „Vor dem Krieg in der Ukraine war das bei uns nie ein Thema. Wegen der Ukraine haben wir das erste Mal darüber gesprochen“, sagt der Professor. Maryna Horobeiko wurde dann über andere Kanäle auf sein Institut aufmerksam: „Maryna kontaktierte uns, und wir sagten ihr, dass sie willkommen ist“, erzählt Sousa-Poza. Er bedauert, dass der Status Gastwissenschaftler nicht mit Entlohnung verbunden ist: „Wir geben Gastwissenschaftlern ein Büro und eine E-Mail-Adresse und schauen dann, was passiert.“ Eine Finanzierung für Forschungsprojekte zustande zu bringen, dauere Monate, mitunter Jahre. „Eine Handvoll“ Geflüchtete aus der Ukraine würden derzeit an der Universität Hohenheim forschen, sagt Alfonso Sousa-Poza.

Die Migration ukrainischer Ärzte als Forschungsgebiet

Maryna Horobeikos Forschung, der sie sich bereits in der Ukraine gewidmet hat, gilt der Migration ukrainischer Ärzte: „Ich will erforschen, wie viele Ärzte jetzt hier sind und auf welche Weise man in Deutschland Arzt wird“, sagt sie. Sie telefoniert also mit ihren Kollegen, die in Deutschland leben, und sie durchforstet das Internet. Vor Kurzem hätten Maryna Horobeiko und er selbst zu diesem Thema ein Interview mit dem ukrainischen Gesundheitsminister geführt, sagt Alfonso Sousa-Poza. „Laut dem Gesundheitsminister haben nur 0,5 Prozent des medizinischen Personals die Ukraine verlassen, seit der Krieg begonnen hat“, so der Professor der Universität Hohenheim. „Die meisten von uns haben nicht geplant, nach Deutschland zu ziehen, um hier Arzt zu werden, weil das wirklich schwierig ist. In der Ukraine hatten die meisten Ärzte ein gutes Leben, aber plötzlich verliert man alles“, sagt Maryna Horobeiko. Sie findet es „nicht korrekt, dass Leute mit guter medizinischer Ausbildung nur schwer in Deutschland Arzt werden können“.

Die Tochter ist der Plan

Unerträglich fand sie die Luftalarme in Kiew: „Es ist nicht normal, an einem Tag sieben Luftalarme zu haben“, sagt Maryna Horobeiko. Sie sagt auch: „Als der Krieg begann, dachte ich, dass ich sehr stark sei. Aber der Luftalarm ist unerträglich. Ich konnte meiner Tochter nicht helfen, in guter Verfassung zu sein.“ Sie möchte in Deutschland bleiben: „Mein persönlicher Plan ist meine Tochter. Deutschland ist ein sicherer Ort für sie. Und für mich auch.“