Allein das Abseilen in die Riesending-Schachthöhle ist schwierig. Foto: Leitner, BRK BGL/dpa

Drei bis fünf Tage könnte die schwierige Rettungaktion des in den Berchtesgadener Alpen verunglückten Forschers aus Stuttgart dauern. Etappenweise soll der 52-Jährige über fünf Biwakstationen ans Tageslicht gebracht werden. Mittlerweile ist ein weiterer Arzt zur Unglücksstelle aufgebrochen.

Drei bis fünf Tage könnte die schwierige Rettungaktion des in den Berchtesgadener Alpen verunglückten Forschers aus Stuttgart dauern. Etappenweise soll der 52-Jährige über fünf Biwakstationen ans Tageslicht gebracht werden. Mittlerweile ist ein weiterer Arzt zur Unglücksstelle aufgebrochen.

Marktschellenberg/Stuttgart - Nach dem Unglück in der Riesending-Schachthöhle in den Berchtesgadener Alpen ist erneut ein Arzt zu dem schwer verletzten Höhlenforscher aufgebrochen. Das Team aus insgesamt fünf Rettern sei am Einstieg, sagte am Dienstagmittag der Sprecher der Bergwacht, Roland Ampenberger.

Etwa zwölf Stunden dauere der Weg über viele Kilometer in dem verzweigten Höhlensystem bis zu der Stelle, wo der verletzte 52-Jährige aus dem Raum Stuttgart liegt. „Im Vordergrund steht die medizinische Versorgung und Stabilisierung des Patienten.“ Denn ohne dessen Mithilfe dürfte es extrem schwierig sein, ihn an die Oberfläche zu bringen.

Inzwischen steht auch eine Telefonverbindung zum Unglücksort. Diese besteht zum Teil aus einem Telefonkabel bis in 350 Meter Tiefe sowie aus einer Verbindung, über die Textnachrichten verschickt werden können.

Am Dienstagmorgen hatten Spezialistten der Bergwacht Bayern erklärt, dass der in rund 1000 Metern Tiefe gefangene Höhlenforscher möglicherweise bis Ende der Woche gerettet werden kann. Sie gingen von ungefähr drei bis fünf Tagen für die Aktion aus.

Der Zustand des 52-jährigen Mannes, der seit Sonntag verletzt in der Riesending-Schachthöhle bei Marktschellenberg liegt, scheint besser zu sein als zunächst vermutet: Er sei dauerhaft ansprechbar und in der Lage, kurze Zeit zu stehen, sagte ein Sprecher der Bergwacht Chiemgau. Zuvor waren die Helfer davon ausgegangen, dass der Mann nur liegend an die Oberfläche gebracht werden kann.

Der Forscher, der zu den Entdeckern der Höhle gehört, soll in den nächsten Tagen etappenweise zu den fünf Biwakstationen gebracht werden, die Helfer bereits am Montag auf dem Weg nach oben eingerichtet hatten. Die Bergung aus dem dunklen und teilweise sehr engen Schacht dürfte dennoch extrem schwierig werden - der Einsatz bringt auch die Helfer an ihre Belastungsgrenzen.

52-Jähriger arbeitet an der Uni Karlsruhe

Der 52-Jährige ist technischer Mitarbeiter des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). „Sein Arbeitsgebiet am KIT liegt im Bereich Physik. Das Institut, an dem er tätig ist, beschäftigt sich nicht mit Höhlenforschung“, heißt es in einer offiziellen Stellungnahme der Karlsruher Hochschule vom Dienstag.

Um welchen Mitarbeiter es sich genau handelt, wollte das KIT aus Gründen des Schutzes der Privatsphäre ausdrücklich nicht sagen. „Wir bangen mit den Angehörigen unseres Kollegen und hoffen, dass die laufenden Rettungsarbeiten bald erfolgreich abgeschlossen werden können. Wir wünschen ihm eine baldige und vollständige Genesung“, erklärte die Uni.

Freund kletterte zwölf Stunden nach oben

Der Höhlenforscher war am frühen Sonntag mit zwei Begleitern in rund 1000 Metern Tiefe in der tiefsten und längsten Höhle Deutschlands unterwegs, als es gegen 1.30 Uhr plötzlich zu einem Steinschlag kam. Dabei wurde er laut Bergwacht an Kopf und Oberkörper schwer verletzt, er konnte die Höhle nicht mehr aus eigener Kraft verlassen. Einer der Begleiter kletterte daraufhin zwölf Stunden nach oben und schlug Alarm, der andere blieb zunächst bei dem Verletzten.

Am Montag erreichten ein erster Trupp aus zwei Helfern und einem Sanitäter den Verunglückten. Inzwischen wechselte die Mannschaft in der Tiefe; nun betreut ein Expertenteam aus der Schweiz den Verletzten.

Die Riesending-Schachthöhle besteht aus einem gigantischen Gangsystem mit einer Länge von 19,2 Kilometern und ist 1148 Meter tief. Der Eingangsschacht war im Rahmen einer Plateau-Vermessung im Jahr 1995 entdeckt worden, blieb jedoch im Schatten anderer Projekte bis 2002 nahezu unbeachtet.

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Hintergrund: Wer trägt die Kosten solcher Rettungaktionen?

Wer für die teils immensen Kosten von Rettungsmissionen zahlen muss, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Teils werden Notfalleinsätze übernommen, teils werden sie teuer für einen geretteten Menschen.

Kommen staatliche Einrichtungen wie Polizei oder Feuerwehr zum Einsatz, kann sich ein Bürger in der Regel auf seine Rettung aus einer Notlage verlassen, ohne die Kosten fürchten zu müssen. Wenn Leib und Leben in Gefahr sind, wird niemand zur Kasse gebeten. Gebührengesetze in den einzelnen Bundesländer geben der Polizei oder Feuerwehr aber die Möglichkeit, Kosten für unnötige Einsätze zurückverlangen. Eine Rechnung wird auch bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz verschickt.

Bei Bergunglücken werden die Kosten teils den Opfern in Rechnung gestellt, denn für die Bergwacht sind ehrenamtliche Helfer im Einsatz. Oft übernehmen später die Kranken- oder Unfallversicherungen die Rechnung.

Wer sich als Bergwanderer verirrt hat, aus Angst an einer gefährlichen Stelle nicht weiterkommt oder aus Leichtsinn in die hereinbrechende Dunkelheit geraten ist, muss für die Kosten eines Rettungseinsatzes „ohne medizinischen Grund“ aufkommen. Die Bergwacht oder der Deutsche Alpenverein bieten ihren Mitgliedern aber private Zusatzversicherungen an, die in solchen Fällen einspringen.

Im Allgemeinen kommen für Rettungseinsätze der Bergwacht in Bayern die Sozialversicherungsträger auf - dazu gehören Krankenkassen oder Berufsgenossenschaften, wie Bergwachtsprecher Klemens Reindl erklärt. Allein Helikopterflüge seien sehr teuer: „Wenn die Bundespolizei und die Landespolizei die Flugstunden in Rechnung stellen, sind wir sicher bei einem sechsstelligen Betrag“, sagt Reindl. „Aber die Frage ist, ob sie das tun.“