Zwei Wanderer im Berchtesgadener Land Foto: dpa

Klettern und Bergwandern sind Trendsporten geworden, dementsprechend groß ist der Andrang in den Alpen. Das hat Folgen – vor allem für die Männer und Frauen der Bergwacht.

München - Der Berg ruft, und immer mehr Menschen folgen diesem Ruf. „Die Berge sind in“, sagt Anna Maria Walli vom Österreichischen Bergrettungsdienst. Das Problem: „Die Leute kaufen sich ein Klettersteig-Set und denken, sie könnten damit Dinge machen, zu denen sie körperlich eigentlich gar nicht in der Lage sind. Doch der Berg zeigt einem sehr schnell die Grenzen auf.“ Oftmals mit fatalen Folgen.

Das bestätigt auch Thomas Bucher, Pressesprecher des Deutschen Alpenvereins. „Die Berge sind ein riskanter Raum, und die Risiken lassen sich nie ganz ausschließen. Das Hauptproblem ist falsche Selbsteinschätzung. Die Leute überschätzen sich, setzen sich zudem nicht mit der geplanten Tour auseinander und kümmern sich zu wenig um die Wetterbedingungen – doch bei schlechtem Wetter kann auch eine leichte Wanderung schnell zur Katastrophe werden.“ In der Regel siege der Selbsterhaltungstrieb, und die Leute kehrten um, wenn sie realisierten, dass sie sich überschätzt hätten, betont Anna Maria Walli, doch es gebe eben auch Leute, die sich blind auf die Bergwacht verließen oder diesen mit einem Shuttle-Service verwechselten. So finde sich in einem Gipfelbuch in Österreich der Eintrag „Und zurück fliegen wir mit der Bergrettung“. Aber das sei eher die Ausnahme.

Probleme macht auch der Klimawandel: „In den letzten Jahren registrieren wir immer mehr Todesfälle durch Felsstürze oder Steinschlag. Durch den Klimawandel werden die Felsen immer lockerer und bröseliger“, sagt Walli. Viele Wege oberhalb von 3000 Metern seien schon gesperrt.

Die meisten Opfer sind 20 bis 40 Jahre alt und männlich

Betroffen sind vor allem Bergwanderer, die in den Alpen deutlich häufiger anzutreffen sind als Kletterer. So zählte die Bergwacht Bayern im Sommer 2012 drei Einsätze wegen Eiskletterern, aber 1300 wegen Wanderern.

Waren die Todeszahlen 2013 wieder in die Höhe geschnellt, erwarten Experten in diesem Jahr einen leichten, wetterbedingten Rückgang. „Das Wetter war so schlecht, dass fast nichts passiert ist“, sagt Thomas Griesbeck, stellvertretender Geschäftsführer der Bergwacht Bayern. Das gefühlt dennoch ständig Unfälle passieren, liege an der öffentliche Wahrnehmung, betont Walli: „Vor zehn Jahren hat es doch keinen interessiert, wenn am Montblanc jemand abgestürzt ist. Doch inzwischen ist die Öffentlichkeit hellhöriger, da immer mehr Leute selbst auf den Berg gehen.“

Eine weitere Tendenz betrifft das Alter der Touristen. „Es gibt immer mehr Rentner, die auch unter der Woche auf den Berg gehen.“ Daher müssten Dienstpläne angepasst werden, die inzwischen bis weit in den Abend hineinreichen. Eine Entwicklung, die auf leistungsstarke Stirnlampen zurückgeht, die auch abendliche Wanderungen erlauben. Dementsprechend steige auch die Zahl der abendlichen und nächtlichen Einsätze. Doch die Rentner sind nicht das Problem. „Wenn es Unfälle gibt, sind die Opfer meist Männer zwischen 20 und 40“, sagt Bucher. Rentner seien zwar meist nicht mehr so fit, dafür aber besonnener.