Größenordnung für Rottweil: die neue JVA in Offenburg Foto: JVA Offenburg

Bessere Infrastruktur, kürzere Wege, geringere Kosten: Diese Argumente sprechen letztlich für Rottweil als Gefängnisstandort. Meßstetten blickt jetzt nach vorn und will sein Konversionskonzept umsetzen.

Stuttgart/Rottweil - Nach der Kabinettsentscheidung für Rottweil als Standort eines neuen Gefängnisses haben dort nun die Bürger das letzte Wort über das 80-Millionen-Projekt. Ein Referendum zum Standort „Esch“ sei am 20. September möglich, teilte Rottweils OB Ralf Broß am Dienstag mit – sofern der Gemeinderat heute dem Terminvorschlag der Verwaltung zustimme.

Die Bürgerinitiative „Neckarburg ohne Gefängnis“ lehnt den Bau einer Justizvollzugsanstalt ab, weil diese ihrer Ansicht nach das Landschaftsbild und das Naherholungsgebiet Neckarburg beeinträchtigt. Vergangene Woche hatten 2039 der 25 000 Einwohner der Stadt einen Antrag für einen Bürgerentscheid unterschrieben. Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) sagte hingegen am Dienstag: „Wir rechnen mit der Zustimmung der Bürgerschaft.“

Die Landesregierung habe sich die Standortentscheidung – zur Wahl standen Rottweil und Meßstetten auf der Alb – nicht leicht gemacht. Letztlich hätten sich aber deutliche Vorteile zu Gunsten Rottweils ergeben. Dazu zähle vor allem die zentrale Lage im Zuständigkeitsbereich der Landgerichte Rottweil, Waldhut-Tiengen, Hechingen und Konstanz.

Die gute Verkehrsanbindung und der bessere öffentliche Personennahverkehr stellten außerdem sicher, dass die Gefangenen auch während der Haft die sozialen Kontakte leichter erhalten könnten. Dies stärke die Aussicht auf eine erfolgreiche Resozialisierung, sagte Stickelberger. Auch könnten die Transporte der Gefangenen von und zu den Verhandlungen mit deutlich weniger Aufwand und damit kostengünstiger bewerkstelligt werden.

„Ich bin enttäuscht übet die Entscheidung“

Der für Meßstetten sprechende Gesichtspunkt der Konversion – die Bundeswehr war 2013 mit mehr als 800 Dienstposten aus der Zollernalb-Kaserne abgezogen – habe die Vorteile Rottweils nicht aufwiegen können, sagte Stickelberger. Meßstettens Bürgermeister Lothar Mennig, der die komplette Erschließung des Geländes und den geringen Landschaftsverbrauch in die Waagschale geworfen hatte, bedauerte dies.

„Ich bin enttäuscht übet die Entscheidung“, sagte Mennig, der sich von dem Gefängnis einen wirtschaftlichen Impuls für die Alb-Gemeinde erhofft hatte. Letztlich regte sich aber auch in Meßstetten Widerstand gegen eine Haftanstalt, eine Bürgerinitiative stand in den Startlöchern.

Nun blickt Mennig allerdings nach vorn und hofft, dass die Zollernalb-Kaserne bald wieder frei wird. Denn seit Herbst vergangenen Jahres leben dort Flüchtlinge in einer Landeserstaufnahmestelle (Lea). „Die JVA-Entscheidung gegen Meßstetten darf auf keinen Fall dazu führen, die Lea über die mit dem Land vereinbarte Frist hinaus, nämlich Dezember 2016, zu betreiben“, sagt er.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagte dazu am Dienstag vor Medienvertretern: „Erstmal bleibt es bei dieser Zusage an Meßstetten .“ Dies hänge aber auch vom Zustrom weiterer Flüchtlinge ab. Zur Frage, ob Meßstetten doch noch Gefängnis-Standort werden kann, falls sich Rottweil dagegen entscheidet, sagte der Regierungschef, dann müsste man auf der Alb neue Untersuchungen anstellen, vor allem mit Blick auf die Kosten.

Entwicklungskonzept für die Konversion mit 810 Zielen

Meßstetten hat jedoch längst eigene Pläne zur Nutzung des früheren Bundeswehr-Geländes geschmiedet. „Wir haben ein Entwicklungskonzept für die Konversion mit 810 Zielen“, sagt Mennig und ergänzt: „Eine Lea steht da nicht drauf.“ Die Gemeinde setzt unter anderem auf einen interkommunalen Industriepark, um die Metall verarbeitende Industrie in der Region zu stärken. Der Plan dazu soll demnächst veröffentlicht werden.

Der Landrat des Zollernalbkreises, Günther-Martin Pauli (CDU), forderte Unterstützung vom Land bei der künftigen Nutzung des Militärgeländes. Kretschmann sieht allerdings zunächst die Kommune am Zug: „Es war ja immer meine Ansage: Geld folgt Ideen.“

Rottweils OB Broß begrüßte unterdessen die Entscheidung der Landesregierung – immerhin sollen dadurch in der Stadt 250 neue Arbeitsplätze entstehen: „Viele Bürger in Rottweil wissen, dass die JVA ein wichtiger Baustein zur Sicherung unseres Justizstandortes ist.“ Umstritten sei nicht das Ob, sondern lediglich das Wo eines Neubaus.

Der frühere Justizminister Ulrich Goll (FDP) erinnerte daran, dass das Land Rottweil vor einigen Jahren schon einmal als Standort für ein Gefängnis ausgewählt hatte, dann wegen Bürgerprotesten aber wieder aufgab.