Die Gefängnisleitung in Freiburg will nun mehr aufklären und informieren Foto: dpa

Russlanddeutsche Häftlinge rotteten sich in Freiburg gegen einen schwulen Koch und seinen Freund zusammen. Der Koch wird daraufhin versetzt, das Justizministerium rechtfertigt das Vorgehen.

Freiburg/Stuttgart - Während die grün-rote Landesregierung mit Hilfe eines Aktionsplans für eine stärkere Akzeptanz sexueller Minderheiten werben will, zeigt ein Vorfall in Freiburg, wo die Vorbehalte gegenüber Schwulen und Lesben bisweilen besonders  groß  sind: bei  Zuwanderern  aus muslimischen Ländern und aus Osteuropa.

Die Leitung des Gefängnisses in Freiburg hat einen schwulen Koch von einer Kantine in die andere versetzt, weil er und sein Freund im Knast von Russlanddeutschen zumindest indirekt bedroht wurden. Das Landesjustizministerium verteidigt das Vorgehen: Um Leib und Leben der beiden zu schützen, sei die Maßnahme erforderlich gewesen. „In einem solchen Fall helfen Appelle an ein tolerantes Miteinander in der Regel nicht mehr“, so der Ministeriumssprecher.

Im Übrigen habe man auch die Rädelsführer des Aufstands – laut dem Koch soll es sich dabei um vier religiös-fanatische Georgier handeln, die relativ neu im Gefängnis waren – auf andere Gefängnisse im Land verteilt.

„Die Justiz hat sich erpressen lassen“

Der betroffene Koch, ebenfalls ein Häftling, beschreibt und bewertet den Fall etwas anders: Er sei von der Gefängnisleitung letztlich genötigt worden, einer Versetzung in eine andere Kantine zuzustimmen, klagt er. „Die Justiz hat sich erpressen lassen.“

Zugetragen hat sich der Fall bereits Ende April/Anfang Mai. Publik geworden ist er aber erst vor wenigen Tagen. Das Schwulen- Magazin „Männer“ aus Berlin hat darüber berichtet. Der schwule Koch hatte dem Magazin in einem handgeschriebenen siebenseitigen Brief den Fall geschildert.

Laut dem Koch waren rund 20 Russlanddeutsche auf dem gleichen Stockwerk wie sein Freund und Verlobter untergebracht. Er selbst lebte als Koch für die Gefangenen-Kantine zwei Stockwerke tiefer. Zunächst habe es keine Probleme gegeben. Ende April aber seien plötzlich ein paar Russlanddeutsche an seinen Freund herangetreten und hätten ihm gesagt, dass sie „so was wie ihn nicht mehr auf ihrem Stock dulden“. Zudem verweigerten drei oder vier dieser Russlanddeutschen fortan das Essen in der Kantine mit der Begründung, dass sie nichts essen, was von einem Schwulen zubereitet wird.

Da sich der Konflikt zuzuspitzen drohte, verschärfte die Gefängnisleitung wenig später die Sicherheitsmaßnahmen in dem betroffenen Gebäude: Die Bewegungsfreiheit aller Gefangenen wurde eingeschränkt, die Personalpräsenz erhöht. Nach Angaben des Kochs brachte dies auch die anderen Gefangenen gegen die beiden Homosexuellen auf.

Es fehlen "grundlegende Qualitäten für ein tolerantes Miteinander"

Laut dem Koch bot der Gefängnisdirektor ihm anschließend einen Arbeitsplatz in der Kantine für Justizvollzugsbedienstete an und drohte ihm aus Sicherheitsgründen mit einer Zwangsverlegung in ein anderes Gebäude, sollte er dem nicht freiwillig zustimmen. Um weiter in der Nähe seines Freundes sein zu können, habe er der Versetzung zugestimmt, so der Koch. Nachdem die Rädelsführer des Aufstands identifiziert worden waren, wurden sie in andere Gefängnisse verlegt. Das Justizministerium bestreitet, dass der Koch zu einem Wechsel des Arbeitsplatzes genötigt worden sei.

Traurige Realität sei allerdings, „dass vielen inhaftierten Straftätern schon grundlegende Qualitäten für ein tolerantes Miteinander fehlen“. Man unternehme aber umfassende Anstrengungen, um solche Vorbehalte abzubauen, so der Sprecher.

Im konkreten Fall hat die Anstaltsleitung in Freiburg laut dem Sprecher inzwischen Kontakt aufgenommen zum Verein Rosa Hilfe, der sich in Freiburg für gleichgeschlechtliche Lebensformen einsetzt. Demnach soll für die Bediensteten eine Fortbildung angeboten werden. Für homosexuelle Gefangene soll im Knast ein Infoblatt mit Ansprechpartnern ausgehängt werden.

Im Integrationsministerium weiß man zwar, dass homophobe Einstellungen in bestimmten Ländern weiter verbreitet sind als in anderen. Es helfe allerdings den Betroffenen nicht, mit dem Finger auf noch homophobere Gruppen zu zeigen.

Im Aktionsplan von Grün-Rot spielt die Schwulenfeindlichkeit bestimmter Zuwanderer keine Rolle. Aufgeführt ist nur ein Projekt in Mannheim und dem Rhein-Neckar-Raum. Die dortige Schwulen- und Lesbenberatung will nichtheterosexuelle Zuwanderer ermuntern, sich im Zweifel Rat zu holen. Vom 2. August an soll dafür auf Plakaten auf Straßenbahnen in der Region in sechs Sprachen geworben werden, darunter auch Türkisch und Russisch.