Vera Krimmer hat mit ihren Kommilitonen gegen den Abriss der ehemaligen Sportarena durch die Signa demonstriert. Foto: LICHTGUT/Max Kovalenko

Mehr als 60 Architekturstudenten veranstalten vor dem Signa-Bau ein Sit-in und kritisieren den Umgang mit zentral gelegenen Gebäuden in der City.

Architekturstudenten der Universität Stuttgart haben am Freitag im Anschluss an den Klimastreik unter dem Motto „Umbauwende statt gefährdete Arten“ vor der ehemaligen „Sportarena“ in der Königstraße 25 mit einem Sit-in demonstriert. „Wir fordern Neubau- oder Abrissmoratorien und das Bauen mit nachhaltigen Baustoffen“, sagt die Initiatorin Vera Krimmer. Auf Schildern wurde der Gebäudesektor als „schlafender Riese im Klimaschutz“ bezeichnet. Allein acht Prozent der Treibhausgas-Emissionen gingen allein auf die Herstellung und Entsorgung von Baumaterial zurück. Zum Vergleich nannten sie den Flugverkehr in Deutschland mit sechs Prozent.

Negativbeispiel im Gemeinderat gelobt

In Stuttgart würden mit Duldung der Kommunalpolitik viel zu große und zentral gelegene Gebäuden der 60er- bis 80er-Jahre abgerissen. „Ganze Typologien werden in letzter Zeit als gefährdete Arten bezeichnet“, sagt Krimmer. Und das aktuellste Negativbeispiel sei eben die ehemalige Sportarena, die durch einen Einzelhandel- und Büroneubau der Firma Signa ersetzt wird – und im Gemeinderat vor allem von CDU, AfD, Freien Wählern und FDP in den höchsten Tönen gelobt wurde. „Einst eine große Kaufhalle an prominenter Stelle von Stuttgarts Prachtstraße, stand sie in der Nachkriegsmoderne für gesellschaftlichen Neuanfang und Wirtschaftswunder“, sagt Krimmer, die Interessierte zum Brunch „ins offene Wohnzimmer“ vor dem Gebäude einlud. In der Fachschaft sind sie enttäuscht, dass die Signa mit ihren Argumenten in der Stadtverwaltung und dem Gemeinderat durchgekommen sei.

Studenten beklagen Widerspruch

Die Firma warb damit, „einen nachhaltigen und ressourcenschonenden Holz-Hybridbau“ zu planen, der klimaneutral sei, „sofern die gelieferte Energie sauber produziert“ ist. Für die Studenten ein Widerspruch, da doch ein intaktes Gebäude dafür abgerissen werde. Krimmer sagt, sie habe sich für ihre Masterarbeit mit dem Gebäude beschäftigt. Die Argumente des Projektentwicklers, eine Sanierung scheitere etwa an ungünstiger Stützenposition und den Außenwänden, sei vorgeschoben.

Konsumfreie Räume gefordert

Vor Ort debattierten die Studierenden mit Passanten darüber, wie es ein könne, dass Einkaufsstraßen in Innenstädten, wenn sie nicht mehr funktionierten, durch Neubauten mit Handel, Büroräumen und Penthousewohnungen ersetzt würden anstatt dem Wunsch der Stadtgesellschaft nach innerstädtischen konsumfreien Räumen und Begegnungsorten Rechnung zu tragen. Vera Krimmer hatte in ihrer Masterarbeit jedenfalls im Erdgeschoss der ehemaligen Sportarena, wo für Einzelhandel 200 Euro Spitzenmiete aufgerufen wird, eine kulturelle und stadtgesellschaftliche Nutzung vorgesehen.