Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren: Bei der Böblinger Gedenkveranstaltung geht es auch um deutsch-amerikanischen Austausch.
Am 8. Mai vor 80 Jahren ist der Zweite Weltkrieg zu Ende gegangen. Gemeinsam gedachten die evangelische Kirchengemeinde Böblingen, die United States Army Garrison Stuttgart und die Stadt Böblingen am Donnerstagabend in der Stadtkirche des Jahrestages. Vom „Ende des Schreckens“ sprach in seiner Gedenkrede Oberbürgermeister Stefan Belz. Verbunden mit der Mahnung: „Wehret den Anfängen!“
Durch die geistlichen Beiträge führte Stadtkirchen-Pfarrerin Gerlinde Feine zusammen mit ihrem amerikanischen Kollegen Garrison Chaplain Col. David Curlin. „Wir feiern mit denen, die uns den Frieden gebracht haben“, sagte Gerlinde Feine. Erinnerte aber auch an Böblingen, als „Stadt, die den Krieg ganz besonders gespürt hat“, als nach alliierten Bombenangriffen im Oktober 1943 nicht nur die Stadtkirche, sondern auch große Teile der Altstadt auf dem Schlossberg in Trümmern lagen.
Gedicht „Ein zerbrechliches Geschenk“
Chaplain Col. David Curlin nannte in seinem selbstverfassten Gedicht „Ein zerbrechliches Geschenk“ einerseits die Nazi-Tyrannei und deren Ende am 8. Mai 1945, andererseits Kultur und Erfindungen von Bach, Luther und Goethe bis hin zu Einstein. „So viele Geschenke könnte Deutschland uns bringen“, so sein Fazit. Wie schön sei es deshalb, „Amerika und Deutschland zusammen zu sehen“. Wie kompliziert und angespannt die politische Beziehung zuletzt geworden ist, fand dabei keine Erwähnung.
„Wir blicken mit Zuversicht auf das, was in acht Jahrzehnten aus den Trümmern gewachsen ist“, unterstrich Stefan Belz auch mit dem Hinweis darauf, wie aus Besatzern längst gute Freunde geworden sind. Not, Scham und Verzweiflung stellte er Hoffnung und Lebensfreude gegenüber – mit dem 8. Mai 1945 als „Tag der Befreiung“, wie vom ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker 1985 bei seiner Rede vor dem Bundestag postuliert. Das Stadtoberhaupt erinnerte an die 60 Millionen Todesopfer auf allen Seiten. „Krieg kennt keine Gewinner, er kennt nur Verlierer“, bekräftigte Belz. Verbunden mit einem Bekenntnis zu untrennbaren Menschenrechten. „Wir gedenken gemeinsam der Menschlichkeit in Deutschland, Europa und der Welt“, waren sich alle einig. „Es ist ein sehr besonderer Abend“, hatte einleitend der Böblinger Oberbürgermeister erklärt. Auch, weil zeitgleich in Rom mit dem 267. Papst erstmals ein US-Amerikaner gewählt wurde.
Für die musikalische Umrahmung der Veranstaltung mit gut 100 Besuchern sorgte neben Violine und Orgel der stimmgewaltige Stuttgart Gospel Choir. In die Fürbittengebete mit eingeschlossen waren ukrainische Beteiligte des Projekts „Waldheim Primetime“. Außerdem verwies Pfarrerin Gerlinde Feine im Gespräch „Mal mir den Frieden“ auf Zeichnungen ukrainischer Kinder, die dabei entstanden waren und in der Stadtkirche ausgestellt sind. So sollte vom Böblinger Gedenken angesichts weltweit zunehmender weltweiter Krisenherde eine Mahnung zum Frieden ganz generell ausgehen.
Gedenken auch in Sindelfingen
Vor dem Sindelfinger Rathaus gedachten rund 50 Personen dem Kriegsende vor 80 Jahren. Das „Bündnis Frieden“ hatte eingeladen, Carola Grodzinski von der Gewerkschaft Verdi und Gunter Krieger von den Naturfreunden Holzgerlingen-Altdorf sprachen von der Verantwortung für Frieden und Gerechtigkeit, gegen Fremdenfeindlichkeit, gegen Krieg und für Frieden. Nach einer Ansprache von Anke Jäckh-Vermeulen wurden Blumen an der Gedenktafel vor dem Rathaus und an den Gräbern der Zwangsarbeiter auf dem Alten Friedhof abgelegt.