Durch die Lücke im Ring kann man hineingehen und ihn mit Leben füllen. Foto: Eppler

Ein bewegendes Zitat und die Namen derer , die Tim K. vor fünf Jahren ermordet hat, werden im Inneren der ringförmigen Skulptur geschrieben stehen, die sich jetzt als Gedenkstätte im Winnender Stadtgarten erhebt.

Winnenden - „Wenn uns ein Ereignis fassungslos macht, die Worte im Hals ersticken, wir uns an den Händen fassen und einen Kreis bilden, wenn nur noch Symbole die Sprachlosigkeit überwinden, sind wir an unseren Grenzen angelangt.“ Diese Worte von Josef Ritter und die Namen derer , die Tim K. vor fünf Jahren ermordet hat, werden im Inneren der ringförmigen Skulptur geschrieben stehen, die sich jetzt als Gedenkstätte im Winnender Stadtgarten erhebt.

Zum fünften Jahrestag des Amoklaufs hatte die Stadt einen öffentlichen Ort für das Gedenken gesucht und den Stadtgarten gefunden. 100 000 Euro stellte der  Gemeinderat dafür bereit. In einem Ideenwettbewerb sortierte eine Jury, bestehend aus dem Winnender Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth, Angehörigen der Opfer, Künstlern und Vertretern des Gemeinderats 273 Vorschläge und filterte schließlich den des Bildhauers Martin Schöneich als den besten heraus.

Die Form ist lebendig

Es ist ein metallener Ring geworden mit sieben Meter Durchmesser, der durch einen Schnitt seine Vollkommenheit eingebüßt hat. Ein wichtiges Stück fehlt, doch die Form ist lebendig. Sie reckt sich auf einer Seite nach oben, bäumt sich gegen die Gewalt auf, die ihr angetan wurde. „Wir haben eine Arbeit gesucht, die trotz der schrecklichen Geschehnisse einen positiven Aspekt herausgreifen kann“, sagt Alfons Koller, ein Künstler und Mitglied der Jury. Das ist auch in Martin Schöneichs Sinn. „Der Ring soll Hoffnung geben“, sagt er. „Man spürt: er ist voller Leben.“

Die Hoffnung kommt auch bei den Angehörigen der Opfer an. Juri Minasenko hat seine Tochter Viktorija bei dem Amoklauf verloren. „Diese Gedenkstätte soll uns Hoffnung für die Zukunft geben und Trost für die leidvoll erlebte Vergangenheit bringen“, sagte er bei deren Vorstellung. Ein so sichtbares Zeichen sei wichtig: „Wir Menschen neigen doch rasch zum Vergessen und Verdrängen.“

Die Familien der Ermordeten sind bei der Auswahl des Werks eng eingebunden worden. Ohne ihre Zustimmung ging nichts. Und so unterschiedlich die Positionen derer waren, die als Jury über die Entwürfe urteilten, so einstimmig entschieden sich alle am Ende für Schöneichs Idee. Neben der positiven Aussage sollte das Werk auch andere Kriterien erfüllen: „Wir wollten eine Gedenkstätte für alle, da verboten sich religiöse Symbole“, sagt Koller. Außerdem wollte man nichts allzu Persönliches in die Öffentlichkeit zerren, keine Grabsteinkunst. Die abstrakte Form, die nun im Stadtgarten liegt, fällt auf, aber sie bedrängt nicht. „Aus Erfurt wissen wir“, sagt Hartmut Holzwarth, „dass eine unübersehbare Tafel für traumatisierte Menschen schwierig ist.“ Der Ring als Symbol soll auch ihre Sprachlosigkeit überwinden helfen.