Vor zehn Tagen ist in Berlin der Opfer des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz gedacht worden. Foto: Getty

Bei der Gedenkfeier für die Terroropfer vom Breitscheidplatz lass er Verse aus dem Koran. Jetzt werden gegen den Imam Vorwürfe laut, er habe Kontakte zur islamistischen Szene. Der Zentralrat der Muslime spricht von einer „Hetzkampagne“.

Berlin - Gegen den Imam, der die Gedenkfeier für die Opfer des Terroranschlags am Berliner Breitscheidplatz mit gestaltete, gibt es schwere Vorwürfe. Der Mann hat sich an der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) zum Kriminalkommissar ausbilden lassen, wurde aber laut Polizei wegen „möglicher Kontakte in den islamistischen Bereich“ nicht in den Dienst übernommen. „Wir hatten Hinweise, die uns daran zweifeln ließen, dass er die freiheitliche demokratische Grundordnung vertritt“, sagte Polizeisprecher Thomas Neuendorf am Freitag. Zunächst berichtete die „Bild-“Zeitung.

Wegen der Teilnahme des Imams an der multi-religiösen Gedenkfeier am Jahrestag des Anschlages am 19. Dezember wird seit Tagen kontrovers diskutiert. Der Imam gehört der Neuköllner Begegnungsstätte (NBS) an. Die auch als Dar as-Salam Moschee bekannte Einrichtung ist in den Berliner Verfassungsschutzberichten 2015/2016 genannt, weil sie Verbindungen zu Anhängern der islamistischen Muslimbruderschaft pflegen soll. Da die NBS derzeit gegen die Nennung in den Berichten klagt, wollte sich der Verfassungsschutz am Freitag nicht zu dem Imam und dem Verein äußern.

Imam für eine Stellungnahme nicht zu erreichen

Der Imam war für eine Stellungnahme am Freitag nicht erreichbar. Laut der Begegnungsstätte befindet er sich auf Pilgerreise. Er wolle sich aber nach seiner Rückkehr ausführlich zu den Vorwürfen äußern, hieß es. Die Gründe, warum er nicht in den Polizeidienst übernommen wurde, seien „vielschichtiger“, sagte jedoch eine Sprecherin der Einrichtung. Der Imam empfinde die Situation als „sehr belastend“.

Der Mann hatte auf Einladung der evangelischen Kirche bei der Andacht für die zwölf Terroropfer Koranverse auf Deutsch vorgetragen. An der nicht öffentlichen Gedenkfeier nahmen unter anderen Hinterbliebene, Überlebende sowie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) teil.

Zentralrat der Muslime weist Vorwurf zurück

Nach Angaben der Polizei besuchte der Imam von 2009 bis 2012 die Hochschule. Er bestand auch die Abschlussprüfungen. Dann kamen der Behörde Zweifel an seiner Eignung für den Polizeidienst: Eine bei allen Anwärtern übliche Überprüfung habe Hinweise ergeben, dass er Kontakte in den islamistischen Bereich haben könnte, so Neuendorf. Woher die Hinweise genau kamen und um welche Kontakte es sich konkret gehandelt haben soll, wollte die Polizei nicht sagen.

Der Zentralrat der Muslime (ZMD) verteidigte den Imam und die NBS gegen die Vorwürfe und rief zu einem „fairen, demokratischen Umgang“ durch Dialog miteinander auf. Der Verein hatte der Kirche den Imam empfohlen. Die Medienberichte bezeichnete der Verein als „Hetzkampagne“.

Die CDU-Fraktion hatte dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) „mangelndes Taktgefühl“ gegenüber den Anschlagsopfern und Hinterbliebenen vorgeworfen. Die Evangelische Kirche Berlin- Brandenburg-schlesische Oberlausitz verteidigte den Auftritt des Geistlichen bei der Gedenkfeier: Die Begegnungsstätte habe sich in den letzten Jahren geöffnet und vielfältig gesellschaftlich engagiert.