Die glamourösen Girls aus der Show „Grande Revue“ haben am Sonntagabend bei der Geburtstagsgala im Friedrichsbau-Varieté mitgefeiert. Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone©

Mit 300 geladenen Gästen, darunter Stadtpromis, Künstler und Politiker, hat das Friedrichsbau-Varieté am Sonntagabend bunt, beschwingt und mit einer großen Portion Erotik den 25. Geburtstag seines Neustarts gefeiert.

Stuttgart - „Mama Varieté“ wird sie von vielen Künstlern genannt: Gaby Frenzel, bis Ende 2018 Geschäftsführerin des Varietés, erinnert sich genau, wie unfassbar nervös sie im Februar 1994 war. In der Rotunde der L-Bank sollte sie als Chefin eine große Stuttgarter Tradition wachküssen. Der große Oscar Heiler, ein Star des alten Friedrichsbaus, war Ehrengast auf der Bühne. 25 Jahre später ist „Mama Varieté“ glücklich entspannt. Stürmisch wird sie für ihre kurze Rede und ihr langes Wirken am Sonntagabend im rappelvollen Saal vom Publikum gefeiert. Mit ihrem Lebenswerk hat die 69-Jährige Höhen und Tiefen erlebt: Nach den Tiefen, die der Rauswurf 2014 aus der Rotunde und der Kampf um den Erhalt mit sich gebracht haben, ist die Bühne auf den Höhen des Pragsattels im nunmehr dritten Stuttgarter Friedrichsbau angekommen.

Gaby Frenzel liebt den neuen Standort in Nachbarschaft zum Theaterhaus und freut sich, wie groß der Zuspruch zur Geburtstagsfeier ist. Sie wird auch künftig mitarbeiten. „Ohne Varieté geht es bei mir nicht“, sagt sie unter Beifall.

„Man weiß nie, was einen hier erwartet“

Vom 94-jährigen Schauspieler Walter Schultheiß bis zum 42-jährigen Ballett-Tausendsassa Eric Gauthier – die heimische Kulturszene verneigt sich in großer Zahl vor einer Institution. Auch der Kabarettist Christoph Sonntag war zu Gast. Intendant Gauthier rühmt die Vielfalt: „Du weißt nie, was dich hier erwartet, mit welcher Magie sie dich verblüffen.“ Die Gala zum 25. Geburtstag enthält Erotik aus der Show „Grande Revue“ – aber auch zusätzliche Erotik mit dem strippenden Burlesque-Host Ferkel Johnson. „Das Stuttgarter Varieté ist deshalb so beliebt bei den Künstlern in ganz Europa“, sagt er, „weil es auf Traditionen aufbaut und immer auch für Neues offen ist.“ Weitere Special Guests bei er Gala sind Musicalstar Melanie Orter-Stassen. Jorgos Katsaros (Host der kommenden Show „Magic Rocks“) und Magier Sven Alexius.

Der aus Berlin angereiste Schauspieler Ralph Morgenstern
ist begeistert. „Das Programm ist der Hammer“, schwärmt er. Der Filmemacher Robin K. Bieber ist von Ferkel Johnson auf die Bühne geholt worden. Und die Stuttgart-Bloggerin Emma von Bergenspitz darf in der Autofahrnummer mitmachen, was ihr vortreffllich gelingt.

Walter Schultheiß (er kam mit seiner Frau Trudel Wulle und demWildberger Bürgermeister Ulrich Bünger als Fahrer) erinnerte sich, wie er mit seinem Onkel den alten, im Krieg zerstörten Friedrichsbau besuchte. Im Parterre befand sich ein Restaurant. Eine Marmortreppe führte in den ersten Stock – in die Traumwelt eines mit Weiß und Gold geschmückten Theatersaals mit viel Stuck. Niemand trat hier so oft auf wie Oscar Heiler und Willy Reichert alias Häberle und Pfleiderer. „Als Oscar mal krank war, bin ich nach dem Krieg in Köln als Häberle aufgetreten“, erzählt Schultheiß. Er trug einen Bart wie Heiler und zog das Bein nach wie er. Reichert sei begeistert gewesen. Bei der Eröffnung vor 25 Jahren winkte Heiler dem Kollegen gen Himmel zu und rief ihm „Varieté schöööön“ zu. Es habe sich doch noch gelohnt, 87 zu werden, sagte der Oscar.

Es war ein Jahr vor seinem Tod. Die Jüngeren mochten an Heiler seine offenen Worte. Zuletzt sei er „müde vom Leben“ gewesen. Einsamkeit, Schmerzen, Krebsoperationen – an diesem Abend war alles vergessen. Vergessen! In seinen besten Momenten zieht uns das Varieté weit weg von Sorgen, zaubert gute Laune herbei, lässt uns begreifen: Das Leben kann so leicht sein!

Viel Prominenz da: von Unternehmer Stihl bis zum Alt-OB Schuster

„Besuche im Varieté sind wunderbare Rundum -Wohlfühl- Abende“, schwärmt MdL Brigitte Lösch. Christina Semrau, Botschafterin des Kinderhospizes, lobt, dass der Friedrichsbau oft kranke Kinder an diesen Ort des Träumens einlädt. Außerdem dabei: Unternehmer Hans Peter Stihl, DJane Alegra Cole, Alt- OB Wolfgang Schuster, Sängerin Jenny Marsala, Theaterhaus-Chef Werner Schretzmeier, die Intendanten Sebastian Weingarten, Axel Preuß, der frühere Radprofi Thomas Wagner, Südwestbank-Chef Wolfgang Kuhn, etliche Stadträte sowie Kulturbürgermeister Fabian Mayer, der in seiner Rede vor allem die Leidenschaft des Varieté-Teams rühmt.

Varieté schööööön – eine Stuttgarter Tradition begeistert immer wieder neu. Alles Gute für die nächsten 100 Jahre!