Der Wunsch nach Kindern stellt sich bei Frauen in Stuttgart oft erst in fortgeschrittenem Alter ein Foto:detailblick-foto / Fotolia Foto:  

Stuttgart hat im Landesvergleich den höchsten Anteil an Müttern, die mit 35 Jahren oder älter ein Kind bekommen. Ein Trend, der aus medizinischer Sicht zwar Probleme mit sich bringt, aber nicht besorgniserregend ist.

Stuttgart - Stuttgarter Mütter bekommen im Durchschnitt immer später Kinder. Das berichtet die Techniker Krankenkasse (TK) und bezieht sich dabei auf aktuelle Zahlen des Statistischen Landesamtes. Dabei ist der Anteil der sogenannten Spätgebärenden in Stuttgart höher als im Landesdurchschnitt. Während in Baden-Württemberg fast jedes vierte Baby (24,1 Prozent) eine Mutter hat, die 35 Jahre oder älter ist, gehört in Stuttgart sogar jede dritte Mutter zu den Spätgebärenden (30,9 Prozent). Damit hat Stuttgart neben Heidelberg den höchsten Anteil an Spätgebärenden in Baden-Württemberg.

Das durchschnittliche Alter der Mütter bei der Geburt eines Kindes ist seit Ende der 1970er-Jahre stetig angestiegen. Allein zwischen den Jahren 2000 und 2015 stieg der Anteil der älteren Mütter von gut 19 Prozent auf fast 31 Prozent. Ein Trend, der aus medizinischer Sicht nicht dramatisch ist.

„Durch die moderne Vorsorge ist die Chance, ein gesundes Kind auf die Welt zu bringen, auch für ältere Frauen sehr gut“, sagt Andreas Vogt, Leiter der TK-Landesvertretung in Stuttgart. In der Frauenklinik des Klinikums Stuttgart versteht man unter „späten Müttern“ Frauen ab 40 Jahren. Doch schon wenn eine Frau mit 35 Jahren schwanger ist, wird sie als Risikoschwangere eingestuft. „Risikoschwangerschaft klingt zu dramatisch“, findet Professor Ulrich Karck, Ärztlicher Direktor der Frauenklinik. Es sei nicht gerechtfertigt, werdende Eltern zu verunsichern. „Wie eine Schwangerschaft abläuft, hängt von der individuellen Gesundheit der Frau ab“, sagt Karck. Dass die Schwangerschaft in einem höheren Alter als risikoreich eingestuft werde, solle nicht heißen, dass man ihnen davon abrate. Es bedeute lediglich, dass Ärzte auf diese Frauen „etwas besser aufpassen“.

Zunehmende Erwerbsbeteiligung ist ein Grund für eine die späte Familienplanung

Denn mit dem Alter der Frau steigt das Risiko von Schwangerschaftsdiabetes, Schwangerschaftsvergiftung oder der Entwicklung einer Gebärmuttergeschwulst. „Weil reifere werdende Mütter die Vorsorge-Untersuchungen besonders gewissenhaft wahrnehmen, werden diese Komplikationen aber meist schnell erkannt und therapiert“, sagt Vogt von der TK.

Die Hauptursache für den langjährigen Trend zur später Mutterschaft wird in der zunehmenden Erwerbsbeteiligung und Ausbildungsdauer von Frauen gesehen. Dadurch wird die Familiengründung in ein immer höheres Alter verschoben. „Man muss sich allerdings bewusst sein, dass die Chancen, schwanger zu werden, ab 40 Jahren dramatisch abnehmen“, warnt Karck. Wer zu lange mit der Familiengründung warte, riskiere, kinderlos zu bleiben.

Tatsächlich haben die Statistiker festgestellt, dass vor allem hoch qualifizierte Frauen den Kinderwunsch aufschieben. Laut Statistischem Landesamt sind dort, wo viele Akademikerinnen leben, die Mütter bei der Geburt ihrer Kinder tendenziell älter. Umgekehrt ist in den meisten Kreisen mit einem geringen Anteil später Mütter auch der Anteil der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen mit einem Abschluss an einer Hochschule unterdurchschnittlich.

Kaiserschnittrate geht leicht zurück

Obwohl Spätgebärende häufiger per Kaiserschnitt entbunden werden, ist die Kaiserschnittrate nicht angestiegen – sie geht laut der Krankenkasse AOK sogar zurück. Demnach lag die Kaiserschnittrate in Stuttgart im Jahr 2014 bei 35 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr ging sie um 1,6 Prozent zurück. In Baden-Württemberg liegt die Rate bei 32,3 Prozent. Die wenigsten Frauen wünschen sich jedoch einen Kaiserschnitt, sagt Karck. „Sehr viele Frauen ziehen die natürliche Geburt vor. Nur etwa 10 Prozent möchten einen Wunschkaiserschnitt.“ In der Frauenklinik ist die Rate mit 37,6 Prozent vergleichsweise hoch. Das liegt daran, dass das Krankenhaus mit seinem großen Perinatalzentrum auch viele kompliziertere Fälle wie zum Beispiel Mehrlingsgeburten betreut.

Da es in Deutschland keine eindeutige Kaiserschnitt-Leitlinie gibt, haben Geburtshelfer einen gewissen Ermessensspielraum. Aber auch die werdenden Mütter haben heute genauere Vorstellungen von der Geburt. „Wir informieren die Frauen über alle Risiken – sowohl beim Kaiserschnitt als auch bei der natürlichen Geburt. Sie haben dann selbst die Wahl“, sagt Karck.