Mitglieder des Interreligösen Dialogs feiern einen Gottesdienst auf dem Flugfeld. Foto: Andreas Senn Foto:  

Das interreligiöse Projekt „Dem Himmel nah“ will eine feste Anlaufstelle im geplanten Neubau auf dem Postareal. Die Nachfrage aus der ganzen Region ist da – allerdings kaum aus Böblingen selbst.

Böblingen - 60 Meter in den Himmel soll das geplante Hochhaus auf dem Böblinger Postareal ragen. Gibt es einen passenderen Ort als dieses Gebäude für ein Projekt mit dem Namen „Dem Himmel nah“? Das Projekt existiert bereits seit dem Jahr 2015 – aber für das damals neue Wohngebiet auf dem Flugfeld. Ein kirchliches Angebot wollten die Katholiken den Bewohnern machen. Doch schnell war klar, dass es dafür nur wenige Interessierte gibt. Nur etwa ein Drittel der Flugfeldbewohner gehört der evangelischen oder katholischen Kirche an. Dafür sind viele andere Religionen vertreten.

An Weihnachten sind die Katholiken dran, an Ostern die Methodisten

Bedarf gab es daher eher für einen interreligiösen Dialog. Diesen stellte der Pastoralreferent Andreas Senn im Auftrag der Diözese auf die Beine. Seither treffen sich im Stadtteiltreff auf dem Flugfeld Angehörige verschiedener Kirchen, darunter auch Orthodoxe mit Muslimen und Anhängern der Bahai-Religion. Manchmal ist auch ein Vertreter des Judentums dabei. Es gibt gemeinsame Open-Air-Gottesdienste: an Weihnachten gestalten diesen die Katholiken, an Ostern die Methodisten. Die Muslime laden während des Ramadans zum gemeinsamen Fastenbrechen ein, Erntedank wird stets gemeinsam geeiert, denn dieses Fest gibt es in allen Religionen in irgendeiner Form. Alle paar Wochen treffen sich Interessierte zu Lesungen aus den Heiligen Schriften, immer zu einem bestimmten Thema.

Die Teilnehmer an den interreligiösen Veranstaltungen kommen aus dem gesamten Kreis Böblingen und der Region. 50 bis 60 Besucher registriert Senn bei Gottesdiensten und Festen. Großes Echo hätte das interreligiöse Friedensgebet gefunden, das der Arbeitskreis anlässlich der Böblinger Antirassismus-Wochen per Youtube organisierte.

Auf dem Flugfeld ist das Interesse gering – in der Region dagegen groß

Auf dem Flugfeld selbst sei das Interesse aber eher gering, hat Senn festgestellt. Bedarf für ein solches Angebot sei aber da - für Leute aus der Region. Was fehlt: ein fester Raum. Aktuell teilt man sich den Stadtteiltreff mit anderen Gruppen. Ein Bürgerzenzentrum, das Senn für das Flugfeld angeregt hatte, kam nicht zustande. Dafür gibt es nun die Pläne für das Hochhaus, das pünktlich zur Internationalen Bauausstellung im Jahr 2027 fertig sein soll. „Das wäre ein passender Standort für unser Projekt“, sagt Senn. „Zentral am Bahnhof gelegen und mitten in der Stadt.“ Dorthin gehöre der interreligiöse Dialog.

Die Böblinger Baugesellschaft (BBG) plant im Gebäude explizit Räume für die Stadtgesellschaft. Andreas Senn hat sich mit dem Projekt „Dem Himmel nah“ dafür beworben – und ist auf offene Ohren gestoßen. „Sowohl Herr Ganske von der BBG als auch der Böblinger Oberbürgermeister Stefan Belz begrüßen diese Idee“, sagt Senn.

Die Umsetzung jedoch wird nicht so einfach. „Wir brauchen einen Verein oder eine Organisation, damit wir den Raum anmieten können. Bisher ist der interreligiöse Dialog nur ein loser Zusammenschluss verschiedener Akteure. Nicht geklärt ist auch die Frage der Finanzierung. Dabei hofft der Pastoralreferent auf die Kirchen. „Zumindest für die Anschubfinanzierung“, sagt er.

Die Zeit drängt. Bis September will die BBG einen Plan haben, mit Ansprechpartner und Finanzierung. Senn hat Kontakt zum Arbeitskreis Christlicher Kirchen aufgenommen. Auch mit muslimischen Gemeinden ist er im Gespräch. „Wenn wir das schaffen, wäre das ein ziemlich einmaliges Projekt.“ Senn, der den Dialog seit sechs Jahren betreut, hört im Sommer offiziell auf. Ein Nachfolger steht schon fest. Senn verspricht: „Ich mache weiter ehrenamtlich mit.“