Kabarettist Peter Grohmann will täglich bis zu 50 000 „Protest“-Exemplare verteilen Foto: Brucklacher

77 und kein bisschen leise: Der Kabarettist Peter Grohmann will beim Evangelischen Kirchentag täglich eine „Protest“-Gazette herausbringen

Stuttgart - Dieser Mann wird nie Ruhe geben. Unruhe zu stiften ist Peter Grohmanns Profession. Ganz gleich, ob als Autor oder Kabarettist. Wenn der 77-Jährige einen Stachel setzen kann, ist er kaum zu halten. Sein neustes Projekt heißt „Protest . . . damit wir klüger werden“.

Die Anspielung auf den Psalm 90 und das Motto des Deutschen Evangelischen Kirchentags („Damit wir klug werden“) ist bewusst gewählt. Grohmann ruft während des großen Protestantentreffs (3. bis 7. Juni) zum Protest mit einer Gazette auf.

Täglich 24 Seiten sollen die Leserschaft ermuntern, erbauen, empören. Doch die Frage, gegen wen sich dieser „Protest“ eigentlich richtet, kann Peter Grohmann nicht mit einem Satz beantworten.

Er hat kein echtes Feindbild. Hat keine ideologischen und dogmatischen Fesseln. In seiner „Protest“-Note zum Kirchentag soll es sowohl Beiträge für und gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 geben. Sogar die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Margot Käßmann, soll darin als Autorin erscheinen.

„Die Leute, die von auswärts kommen, sollen sich ihr eigenes Bild machen“, sagt der 77-Jährige. Er will nicht polarisieren, eher nachdenklich machen. So lehnt er den Kirchentag keineswegs kategorisch ab. Eher die Evangelische Kirche als Institution: „Der Name ‚Protest‘ bezieht sich auf den Protestantismus im Allgemeinen.“ Insbesondere hat er es aber auf die Randgruppen – zum Beispiel die Evangelikalen – abgesehen. Mit den konservativen Kräften der Evangelischen Kirche kann der Freigeist nämlich wenig anfangen.

Aber auch der Kirchentag, dessen Ausrichtung eher links liegt, bekommt von Peter Grohmann sein Fett ab. „Die müssen bei ihren Themen doch auf die Evangelikalen und ihre Sponsoren Rücksicht nehmen“, behauptet er, „wir können Probleme wie Flüchtlinge oder Rüstung viel pointierter thematisieren. Der Kirchentag und die Kirche haben doch ihre Ecken und Kanten verloren.“

Daher will nun Peter Grohmann während des Kirchentags eine Woche lang anecken. Mit täglich bis zu 50 000 „Protest“-Exemplaren. „Das wird ein Risiko“, sagt er. Denn die Finanzierung der Kosten (etwa 15 000 Euro) ist noch nicht gesichert. Er rechnet mit 7000 Euro Spenden und weiteren 7000 Euro durch den Verkauf seines „Protests“.

Nur mit einem darf er nicht unbedingt rechnen: mit der Unterstützung des Kirchentags. Gleichwohl aber mit einer gewissen Sympathie der Veranstalter des Christentreffens. „Das nenne ich Einsatz! Und ein kritischer Blick nach innen und außen klingt doch schon sehr nach Kirchentag“ , sagt Kirchentagssprecher Stephan von Kolson, „aus ökologischen Gründen lassen wir auf den Veranstaltungsflächen des Kirchentags keine Verteilung von Fremdpublikationen zu. Aber ich werde ich mir die ,Protest-Zeitung . . . damit wir klüger werden‘ unbedingt ansehen.“