Eberhard Lenz hat fast 40 Jahre in der Bürgerschenke in Benningen gekocht. Nach seinem Ruhestand soll es dort weitergehen, dafür baut die Gemeinde die Küche um. Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Die Bürgerschenke in Benningen, das Restaurant Jägers in Marbach, das Danza im Forum Ludwigsburg: Kommunen greifen bisweilen tief in die Tasche, um Gaststätten verpachten zu können.

Achthunderttausend Euro sind durchaus eine Hausnummer. Das räumt Benningens Bürgermeister Klaus Warthon ein. So viel kostet die Sanierung der Küche der Bürgerschenke, dem Restaurant in der der Gemeindehalle. Kann sich eine Kommune so etwas leisten? Zumal es „ganz klar nicht zu den Pflichtaufgaben“ gehört, wie es Warthon ausdrückt?

Benningen investiert eine Summe, „die keine Begeisterungsstürme auslöst“, so Warthon. Nach fast 40 Jahren ist der Pächter der Bürgerstube, Eberhard Lenz, zum 31. Dezember in den Ruhestand gegangen, mit Volker Strohmaier von der Alten Schmiede in Großbottwar steht nun ein Nachfolger bereit. Die Bauarbeiten laufen, bis April oder Mai soll die Küche der Bürgerschenke von Grund auf neu gemacht sein. „Es ist ein bisschen ,Augen zu und durch‘“, sagt Warthon. Oder: „Wer A und B sagt, muss auch C sagen.“

Heißt im Falle von Benningen: 1975 wurde beim Bau der Halle samt Restaurant A gesagt, 2011 und 2012 bei der Sanierung B. Damals sparte man die Gaststätte weitgehend von den Bauarbeiten aus, damit der Betrieb schnell weiterlaufen konnte. „Auf zwei Dritteln der Strecke stehenzubleiben, ist nicht denkbar“, sagt Klaus Warthon. Die Alternative wäre zumachen, „aber das kommt nach der Investition von vor zehn Jahren nicht in Frage.“ Der Bürgermeister hätte sich auch gewünscht, dass es günstiger wird, aber: „Wir stehen zu unserer Gaststätte.“ Immerhin gebe es eine große Anzahl von Menschen, die davon einen Nutzen hat.

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In Marbach war es, als zum Schillerjahr 2009 die Stadthalle samt Gaststätte saniert wurde, ebenfalls kein Thema, dass es das Restaurant weiter geben sollte. Ob das heute, in Zeiten klammer Kassen, anders aussähe? „Gute Frage“, sagt der Bürgermeister Jan Trost. „Die stellt sich zum Glück nicht.“ Damals sei klar gewesen, dass die Schillerstadt weiterhin eine gute Gastronomie und einen Ort haben muss, um Großveranstaltungen zu stemmen. „Und wir sind sehr zufrieden.“

Etwas anders sah es dann in Rielingshausen aus. 2012 fiel der Beschluss, die dortige Gemeindehalle samt Gaststätte zu sanieren. Zuvor hatte es durchaus auch Stimmen gegeben, die eine reine Cateringküche für die Vereine als sinnvoller erachtet hätten. Zum einen aus Kostengründen, aber auch deshalb, damit die Vereine bei Veranstaltungen selbst Geld in ihre Kassen bekommen. Letztlich fiel der Entschluss aber auch in Rielingshausen für ein öffentliches Restaurant.

Die Pächtersuche ist schwierig

Dagegen hatte man sich vor mehr als zehn Jahren bereits in Großbottwar entschieden. Die ehemalige Stadthalle in der Nähe der Ortsmitte hatte eine Gastronomie. Dass der Neubau im Winzerhäuser Tal keinen Wirt mehr haben sollte, „war schon klar, als ich 2010 Bürgermeister wurde“, berichtet Ralf Zimmermann.

Der Rathauschef der Storchenstadt nennt drei Gründe: die höheren Kosten, die Vereine, die gerne selbst bewirten wollen, und die Schwierigkeit, einen guten Pächter zu finden. „Es ist eine Kunst, gleichzeitig à la carte zu bedienen und bei einer Veranstaltung 300 bis 400 Essen rauszuhauen“, so Zimmermann. „Da muss man schon richtig gut sein.“

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Entsprechend lang wurde in Affalterbach jüngst auch nach einem geeigneten Pächter für die Lemberghalle gesucht. Nachdem der Vorgänger aufgehört hatte, gab es einen etwa dreijährigen Leerstand. Die Gemeinde ist ins Risiko gegangen und hat trotzdem investiert. Die knapp mehr als 200 000 Euro haben sich gelohnt: Vor zwei Jahren wurde ein neuer Pächter gefunden. „Wir sind in der glücklichen Lage, uns das leisten zu können“, sagt der Bürgermeister Steffen Döttinger.

„Man muss es sich leisten können und wollen“, sagt auch Thomas Winterhalter, der Bürgermeister von Steinheim. Für Höpfigheim, wo es eine Gastronomie an der Melchior-Jäger-Halle gibt, sei klar: „Ja, wir wollen.“ Im Teilort sei das wichtig, das Restaurant ist Anlaufstelle für die Gemeinschaft. Kleinbottwar hingegen habe noch andere Gaststätten, ebenso wie die Kernstadt – wenngleich auch hier das Angebot nicht größer wird. Winterhalter: „Die kommunalen Pflichtaufgaben sind sehr vielfältig. Gastro ist nicht unsere Kernkompetenz.“

Mehrere hunderttausend Besucher pro Jahr

Eine etwas andere Hausnummer als eine „normale Stadthalle“ ist das Restaurant im Forum am Schlosspark in Ludwigsburg. „Wir haben den Theatersaal als drittgrößte Bühne in Baden-Württemberg und Veranstaltungen, die ein landesweites Publikum anziehen“, sagt Mario Kreh, Geschäftsführer von Tourismus und Events Ludwigsburg. Dazu den Bürgersaal als Standort für hochklassige Kongresse. „In der Gesamtheit macht das mehrere hunderttausend Besucher im Jahr.“ Also ja, die Gastronomie, also das Danza, das im Sommer 2021 öffnete, ist der Stadt wichtig. Dementsprechend lässt sie sich das auch etwas kosten. Im „hohen sechsstelligen bis niedrig siebenstelligen Bereich“ lag der Preis für die Bauarbeiten zum Pächterwechsel. Wobei diese ursprünglich als reiner Restaurant-Umbau geplant waren und sich dann zu einer gebäudetechnischen Sanierung des gesamten Bauteils entwickelt haben. Kreh: „Diese Sanierung wäre auch notwendig gewesen, wenn keine Investitionen für das Restaurant vorgenommen worden wären.“

Das sagt der Hotel- und Gaststättenverband

Keine Konkurrenz
 Seitens des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga ist es „begrüßenswert“, wenn Kommunen als Verpächter von Stadt-, Gemeinde- oder Veranstaltungshallen auftreten. „Wir sehen das auch nicht als Konkurrenz zur klassischen Gastronomie“, sagt Andreas Müller, der bei der Dehoga-Kreisstelle Ludwigsburg für die Pressearbeit verantwortlich ist. Gerade in ländlichen Gebieten sei es oft schwierig, gute Gastronomie zu finden. Einem Pächter, der vielleicht nicht über die großen finanziellen Ressourcen verfügt, erleichtere ein solches Angebot den Start in die Selbstständigkeit.

Kosten
 Die Ausgaben für die Kommunen seien hingegen nicht zu verachten, so Müller. „Da kommen baulich, beim Brandschutz sowie bei Hygiene- oder Küchenthemen schon Summen heraus, die zusammenzucken lassen.“ Mit diesen Themen müssten alle Beteiligten realistisch umgehen. „Aber danach sollte auch wieder für 20 Jahre Ruhe sein.“ So ist der Plan auch fürs Danza am Forum in Ludwigsburg, das Müller im vergangenen Juni mit seiner Better Taste GmbH übernommen hat. sl