Klaus Bäuerle ist ein Original, dasselbe gilt für seine Kneipe in Stuttgart-Heumaden. Seit 30 Jahren führt er „Karles Pub“. Das Geschäft ist heute ein anderes, ein härteres, sagt er. Ein Gespräch über den Abschied vom Stammtisch.
Heumaden - Klaus Bäuerle weiß zu jedem Teil in seiner Kneipe eine Geschichte. Zu den beiden Skeletten über der Theke, die auf Knopfdruck blinken und singen. Zu den Mannschaftsfotos an der Wand. Zu den gut und gerne 30 Pokalen im Regal. Zu den hölzernen Barhockern, die er mit eigenen Händen verstärkt hat, damit es niemanden runterhaut. Zum braunen Münzfernsprecher, der sich nur mit 50-Pfennig-Stückle bedienen lässt und den er vor Jahrzehnten angeschafft hatte, weil alle immer mit dem Bar-Telefon jemanden anrufen, aber nie zahlen wollten.
In jedem Teil steckt auch ein Teil von ihm. Karles Pub ist wie ein Museum zum Thema Klaus Bäuerle, ein Raum voller Devotionalien. Klaus Günter Karl Bäuerle, so sein voller Name, ist dieser Karle. Obwohl noch mehr ihn Sausi nennen, abgeleitet von Klausi. Drei Jahrzehnten als Kneipier hinterlassen ihre skurrilen Spuren.
Keine Lust mehr auf den Bürojob
1988 hat Klaus Bäuerle, ein gelernter Versicherungskaufmann, die Bar an der Fenchelstraße übernommen. Keine Lust mehr auf den Bürojob habe er damals gehabt. Heute ist er 64 und steht immer noch sieben Tage die Woche von 17 Uhr an hinterm Tresen der Raucherkneipe. Karles Pub ist eng mit dem TSV Heumaden verbunden. Der Wirt selbst war viele Jahre Trainer, sein Bruder Joachim, ebenfalls Gastronom, führte lange Zeit das TSV-Vereinsheim einige Straßen weiter.
Neben dem Pub-Eingang ist der kleine Altar, wie das Tischchen genannt wird. Über einer Kerze hängt ein Bild von Mama und Papa. Jeder in Heumaden kannte Hellmut und Ingeborg Bäuerle. „Die waren immer auf dem Sportplatz dabei“, sagt Klaus Bäuerle und klingt wehmütig.
Der Zigarettenqualm der Jahrzehnte hängt in der Luft
Nostalgie und etwas Melancholie liegen in der Luft wie der Zigarettenqualm der Jahrzehnte. „Es ist eine Bude, wie sie vor 30 Jahren war“, sagt der Wirt. Urige Bierschänken wie Karles Pub sind selten geworden. Vielleicht, so ehrlich ist der Inhaber selbst, weil die Stoffblumen, die Wimpel und die gekachelte Theke manchem zu altbacken sind. Vielleicht aber auch, weil die Ausgehgewohnheiten sich verändert haben. „Die Kneipenkultur gibt es so nicht mehr“, sagt er. Stammtische seien rar geworden, die Jungen ziehe es in die Innenstadt-Discos statt ins Wohngebiet. Das Beisammensein bei Darts und Karten, das Lustige gehe dadurch verloren. Viele der ehemaligen Stammgäste sind gestorben. Klaus Bäuerle sieht sie vor seinem geistigen Auge am Tisch sitzen, den Franz, den Xaver. Diesen Zeiten trauere er schon nach. „Aber das ist vorbei, und jeder, der was anderes erzählt, hat keine Ahnung“, sagt er und klingt dabei wieder so wehmütig wie beim Betrachten des Fotos der verstorbenen Eltern. Auch von seinen Gästen spricht er als Familie. „So habe ich das aufgebaut, so möchte ich das weiterführen.“
Hier laufen die Spiele des VfB
Ans Aufhören denkt er mit 64 noch nicht. Er habe „schon noch Bock zu schaffen“. Aber er bekennt: Das Geschäft ist schwieriger. Die Fixkosten sind hoch, die Abos für Sportübertragungen teuer. „Das kannst du als Wirt nicht reinholen“, sagt er. Dem Sport den Saft abzudrehen, sei in der Fußballkneipe aber keine Option. Die Spiele des VfB laufen immer, und wenn der gerade mal wieder gut spielt, ist viel los, sagt er und zieht vielsagend die Augenbrauen hoch. Unter der Woche macht der Pub meist schon um 21 oder 21.30 Uhr zu, dann gehen die Gäste heim.
„Sausi“ zeigt seine „Puppenstation“ über der Theke. Plüschtiere, ein Gartenzwerg, die blinkenden Skelette, ein Männchen, das Motorengeräusche macht. Einige Figuren hat er selbst aus dem Urlaub mitgebracht, andere sind Geschenke. Dazugekommen sei schon länger nichts mehr.