Eine schwäbische Weinstube mit Tiroler Einchlag: In Cannstatt und Esslingen geht das Konzept von Christian List auf. Foto: Max Kovalenko

Das Rätselraten ums „Esszimmer“ im Rathaus hat ein Ende: Der Gastronom Christian List wird im Oktober einen Ableger seines in Bad Cannstatt und Esslingen erfolgreich laufenden Gastro-Konzepts eröffnen.

Fellbach - Das Ambiente besticht durch einen rustikalen Schick, die Küche steht für bodenständige Klassiker und regionale Zutaten vom Apfelsaft bis zur Zwiebel. Mit diesem Konzept hat sich der Gastronom Christian List nicht nur in Bad Cannstatt ein gern im „Roten Hirsch“ einkehrendes Publikum erworben. Auch der vergangenes Jahr in der Alten Zimmerei in Esslingen eröffnete Ableger läuft, viel Holz, ein pfiffiges Lichtkonzept und Kuckucksuhren verbreiten eine heimelige Atmosphäre mit schwäbisch-alpinem Touch.

Seit über einem Jahr steht bekanntlich das Mfünf im Rathaushof leer

Nach dem gleichen Strickmuster will Christian List den „Roten Hirsch“ jetzt auch im Fellbacher Rathaus röhren lassen. Der Gastronom übernimmt im Oktober das „Esszimmer“ im Rathaus – und beendet ein monatelanges Rätselraten der Fellbacher um die kulinarische Zukunft in zentraler Lage. Seit über einem Jahr steht bekanntlich das Mfünf im Rathaushof leer. Und auch im „Esszimmer“ ließen die Betreiber keinen Zweifel, eher früher als später aufhören zu wollen.

Zwar wurde der Pachtvertrag mit der Stadt zuletzt noch einmal um ein halbes Jahr bis zum 30. Juni verlängert. Doch mit diesem Datum ist mit der Gastronomie endgültig Schluss. „Es ist schade, aber für uns eine gute Entscheidung“, sagt Nese San-Schassberger. Ihr Mann Ernst-Karl, am Ebnisee fünf Jahre lang sogar mit einem Michelin-Stern dekoriert, will die Kochschürze komplett an den Nagel hängen. Und auch die gelernte Hotelkauffrau spürt den Wandel der Zeiten. „Wenn es Ver-anstaltungen in der Schwabenlandhalle gibt, läuft es gut. Aber es gibt auch Tage, an denen die Laufkundschaft fehlt“, sagt sie. Neun Jahre lang waren die Wirtsleute für die gute Stube im Rathaus zuständig. Bis 2013 betrieb Nese San-Schassberger sogar parallel noch das heutige Café Entree.

Ob das Ausgehlokal in zentraler Lage dieses Geld wert ist, muss die Lokalpolitik erst noch entscheiden

Was mit der Gastro-Fläche im früheren Mfünf geschehen soll, ist nach wie vor unklar. Um die Küche zu vergrößern und eine passable Lüftung einzubauen, müsste die Stadt bekanntlich hohe sechsstellige Summen in die Hand nehmen. Ob das Ausgehlokal in zentraler Lage dieses Geld wert ist, muss die Lokalpolitik erst noch entscheiden. Mit einem Nachfolger fürs „Esszimmer“ allerdings ist sich die Stadt jetzt handelseinig. Und klar ist auch, dass Christian List nicht nur am Restaurant mit seinen 80 Plätzen, sondern auch an der Außengastronomie durchaus Interesse hat. „Der Platz ist so schön, daraus muss man mehr machen“, sagt er.

Auf der Speisekarte stehen Winzer-Gulasch und Käsespätzle

Seinen Hirsch kalben lassen will er dennoch erst im Herbst. Zum einen will das Team für Küche und Service erst aufgebaut sein. Zum anderen steht für die Auslastung des Personals in der bei Gastronomen als Dürreperiode gefürchteten Sommerzeit wohl erst das Esslinger Zwiebelfest auf dem Programm. „Ich will mich da nicht übernehmen“, begründet List, weshalb er sich mit der Eröffnung in Fellbach Zeit lässt.

Baulich verändert werden muss offenbar nicht viel, um aus dem „Esszimmer“ den „Roten Hirsch“ zu machen. Die Stadt hatte das Lokal 2010 zum Start der Schassbergers von einer Innenarchitektin neu ausstatten lassen. Deshalb hat List nur eine neue Bestuhlung auf der Liste, außerdem soll ein verändertes Beleuchtungskonzept dem Restaurant mit warmem Licht auch mehr Atmosphäre geben. An seinem kulinarischen Konzept will der 47-Jährige ohnehin nicht rütteln. Auf der Speisekarte stehen Winzer-Gulasch und Käsespätzle, der Gast kann sich aber auch Wolfsbarsch, Steinpilzrisotto und Tiroler Schlutzkrapfen schmecken lassen. Bekannt ist List durch den legendären 0711 Club auf dem Pragsattel, auch im Clubrestaurant des VfB Stuttgart oder mit seinem Crossover-Konzept fürs Heuss am Killesberg bewies er sein gastronomisches Händchen. Jetzt ist der „Rote Hirsch“ sein Steckenpferd. Kopiert wird für Fellbach aber nur das Konzept. Gekocht werden soll alles frisch.