Das „Accanto“ in der Esslinger Innenstadt sorgt derzeit bundesweit für Schlagzeilen. Foto: Elke Hauptmann

Der italienische Wirt Salvatore Marrazzo möchte nicht, dass seine Gäste im „Accanto“ in Esslingen die Rechnung splitten. Seine strikte Regel sorgt für Debatten.

Die Reaktionen reichen von „kleinkariert“ bis „richtig so“: Mit einer klaren Ansage an die Gäste spaltet ein Esslinger Gastronom die Nation. Salvatore Marrazzo, Betreiber des italienischen Restaurants Accanto, lehnt das getrennte Bezahlen kategorisch ab. Er hat eigenem Bekunden nach genug von stundenlangen Diskussionen am Tisch. Die würden den Betriebsablauf erheblich stören, begründet er seine Initiative. Und bittet um Verständnis.

 

Ein Tisch, eine gemeinsame Rechnung – was in Gastronomiebetrieben in Italien, Spanien und Griechenland üblich ist, versucht Marrazzo nun auch im Schwabenland durchzusetzen. Im Schaufenster am Eingang des Lokals hängt seit drei Wochen ein Zettel mit dem Hinweis: Wir splitten keine Rechnungen.“ Auch auf der Webseite des „Accanto“ informiert der Gastronom: „Leider ist es aus organisatorischen Gründen nicht möglich, Rechnungen aufzuteilen.“

Im Schaufenster des italienischen Restaurants hängt dieser Zettel. Darüber wird über die Regelung informiert. Foto: Elke Hauptmann

Seit die „Bild“-Zeitung am vergangenen Wochenende titelte, „getrennt zahlen ist hier ab jetzt verboten“, berichten sämtliche Medien zwischen Sylt und Bodensee über den Esslinger. „Die Überschrift war schon sehr provozierend“, erklärt sich der 56-Jährige das riesige Interesse an dieser Aktion, die in den sozialen Netzwerken kontrovers diskutiert wird.  

Typisch deutsch: Rechnung auf den Cent genau auseinanderrechnen

Das Thema taugt ja auch zum Aufreger, schließlich kann jeder mitreden. Wer hat es denn nicht schon selbst erlebt: Es war ein netter Abend mit Freunden, dann kommt eine Rechnung für den gesamten Tisch – und die Diskussionen beginnen. Die kleine Vorspeise – hatten nur die anderen. Die zweite Flasche Wein – davon hat man selbst doch gar nichts getrunken. Anstatt den Rechnungsbetrag am Ende durch die Zahl der anwesenden Personen oder Paare zu teilen, ist es in Deutschland gang und gebe, alles auf den Cent genau auseinanderrechnen zu wollen.

Gegen diese „nervige Eigenart“ der Deutschen wehrt sich Marrazzo. Und sieht sich im Recht: „Wir als Restaurant dürfen bestimmte Zahlungsmodalitäten festlegen.“ Wie er berichtet, wurde die neue Regelung als Reaktion auf Vorkommnisse in diesem Sommer eingeführt, als Gruppen während des Hochbetriebes darüber diskutierten, wer was bestellt, wer was konsumiert und wer was zu bezahlen hat.

Getrennte Rechnungen bedeuten mehr Zeitaufwand für den Kellner

Getrennte Rechnungen sind nicht nur eine nervenaufreibende Rechnerei. „Wenn zwei große Tische plötzlich getrennt zahlen wollen, bedeutet das für meine Kellner mehr Zeitaufwand “, erläutert Marrazzo. Zehn Minuten pro Gast klingen nach wenig, könnten sich schnell mal aufsummieren. „Und in der Zeit kann man keinen anderen Tisch bedienen. Das bedeutet für alle Stress.“

Nein, von einem Verbot könne nicht die Rede sein, stellt Marrazzo klar. Natürlich hätten Gäste das Recht, eine Rechnung getrennt zu zahlen. Das sei auch im „Accanto“ problemlos möglich. Man sollte diesen Wunsch aber kurz vor der Bestellung mitteilen, sagt der Gastronom. Dann könne der Kellner die Bestellung direkt dem Einzelnen zuordnen. „So lässt es sich kassentechnisch sauber umsetzen und passt gut in unseren betrieblichen Ablauf.“

Für Marrazzo ist die Regelung eine Frage des gegenseitigen Respekts. Dass er dadurch Kundschaft verlieren könnte, daran glaubt er nicht. „90 Prozent unserer Gäste verstehen das“, stellt er fest und sagt fast trotzig. „Das Schild am Eingang bleibt.“