Andrej Kurkow ist einer von sieben Millionen ethnischen Russen, die in der Ukraine leben – doch in Russland sind seine Bücher verboten. Foto:  

Andrej Kurkow ist einer der wichtigsten Autoren der Ukraine. In seinem Gastbeitrag erzählt er vom Alltag in einem zerbombten Land zwischen heimtückischen Sprengfallen und dem ohnmächtigen Gefühl, dass sich die Geschichte wiederholt.

Kürzlich fuhr der bekannte, in Kiew lebende Kriminalroman- und Kinderbuchautor Andrij Kokotjucha mit einigen Freunden nach Butscha und Irpin, um dort humanitäre Hilfe zu leisten. Eigentlich dürfen Zivilisten nicht dorthin, und beim allerersten Checkpoint müssen sich die freiwilligen Helfer Schutzwesten anziehen und Helme aufsetzen, die sie bei ihrer Abfahrt wieder abzugeben haben. Die von den russischen Truppen befreiten Gebiete sind nach wie vor sehr gefährlich. Abgesehen von nicht explodierten Minen und Granaten haben die russischen Soldaten auch viele Sprengfallen hinterlassen. Anscheinend wollten sich die russischen Pioniersoldaten in ihrer Kreativität gegenseitig überbieten. Sie haben die Kofferräume verlassener Autos vermint. Sie haben Waschmaschinen vermint, sodass jeder, der die Tür öffnet, um Wäsche hineinzutun, getötet werden kann. In Privathäusern wurden die Türen zu den Kellern vermint, in denen die Lebensmittelvorräte lagern. Das ukrainische Militär versucht die Bewohner davon abzuhalten, in ihre Häuser zurückzugehen, aber manche von ihnen sind fest entschlossen heimzukehren, komme, was wolle. Anstatt die Straßen zu benutzen, laufen sie über die Felder und Gärten in ihre Dörfer zurück. Jeden Tag gibt es Berichte von neuen zivilen Opfern – getötet durch Sprengfallen.