Wirtschaftsminister Habeck (li.) trifft Tschechiens Industrieminister Sikela. Foto: AFP/J. Thys

Die Europäische Union arbeitet daran, Übergewinne von Energieunternehmen abzuschöpfen und den Verbrauchern zurückzugeben.

Die Europäische Union sucht nach einem gemeinsamen Weg, noch vor dem Winter den Anstieg der Energiepreise in den Griff zu bekommen. Am Freitag trafen sich die EU-Energieminister in Brüssel deswegen zu einer Sondersitzung und einigten sich unter anderem darauf, die EU-Kommission zu beauftragen, Vorschläge zur Abschöpfung von Übergewinnen von Stromproduzenten vorzulegen. „Ich bin sehr froh, dass sich die Minister darauf geeinigt haben, dass wir eine dringende und robuste EU-Lösung brauchen“, sagte der tschechische Industrieminister Jozef Sikela, der die Sitzung leitete, da sein Land die Ratspräsidentschaft innehat.

Die Verbraucher sollen entlastet werden

Schon vor dem Treffen hatte sich auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für das Abschöpfen der Gewinne stark gemacht. Die Übergewinne fallen an, wenn Energieproduzenten Strom billiger erzeugen – etwa aus Wind, Sonne oder Atomkraft – und ihn angesichts der Krise im Moment sehr teuer verkaufen können. Ein Teil dieser Gewinne könnte für die Entlastung der Verbraucher genutzt werden. Laut einem ersten Entwurf der EU-Kommission könnte die Einnahmengrenze bei 200 Euro pro Megawattstunde gesetzt werden. Das wäre etwa die Hälfte des gegenwärtigen Strompreises auf dem deutschen Großhandelsmarkt, der zuletzt etwa 440 Euro pro Megawattstunde betrug.

Habeck betonte, dass Deutschland eine europäische Lösung suche, machte allerdings deutlich, sollte das nicht rasch gelingen, dass auch ein nationaler Weg möglich wäre. „Falls es zu lange dauert, machen wir eine Abschöpfungsabgabe, nehmen also die Gewinne bei den hohen Preisen und geben sie an die Verbraucherinnen und Verbraucher zurück“, sagte der Wirtschaftsminister in Brüssel. Ziel sei es, die Gewinne für das laufende Wirtschaftsjahr noch zu „erwischen“.

Der Gaspreis beeinflusst den Strommarkt

Als zentrales Problem der aktuellen Lage sieht Habeck, dass „der hohe Gaspreis voll auf den Strommarkt durchgeschlagen“ habe. Der Grund: Ist die Nachfrage niedrig, reicht günstiger Strom etwa aus Sonnenenergie und Windkraft. Müssen aber wie im Moment sehr teure Gaskraftwerke genutzt werden, steigt der Preis. Derzeit wird unter anderen deshalb viel Strom aus Gas produziert, weil Frankreich auf Stromimporte aus Deutschland angewiesen ist. Zahlreiche französische Atomkraftwerke laufen momentan nicht, weil aufgrund der Trockenheit nicht genügend Kühlwasser aus Flüssen vorhanden ist. Bundeswirtschaftsminister Habeck will in dieser Gemengelage daher den Strompreis vom Gaspreis lösen und betont, dass die günstigen Energien, vor allem die Erneuerbaren Energien, mit ihrem Preiseffekt die Verbraucher erreichen müssten. Das sei allerdings ein tiefer Eingriff in die bisher gut funktionierenden Marktmechanismen, die dabei nicht zerstört werden dürften. Staaten wie Frankreich, Tschechien und Österreich hatten sich schon länger für eine Entkopplung des Strompreises vom Gaspreis ausgesprochen, während Deutschland Markteingriffe eher abgelehnte.

Diskussionen um eine Preisobergrenze

Wenig Aussicht auf Erfolg hat allerdings eine von der Kommission ins Spiel gebrachte Preisobergrenze für Gas aus Russland. Dies würde bedeuten, dass in Russland kein Gas mehr eingekauft werden dürfte, das ein bestimmtes Preislimit überschreitet. Das Problem ist, dass einige Staaten in Osteuropa noch immer stark von russischen Lieferungen abhängig sind und sich gegen diese Maßnahme stemmen. Wenn Länder, die derzeit noch Gas aus Russland bekommen, bereit seien, das Risiko eines vollständigen Lieferstopps durch Russland zu tragen, sei er gerne dabei, das zu machen, sagte Habeck in Brüssel. Wenn Länder dies nicht wollen, sollte das aber respektiert werden.

Der Ball liegt bei der EU-Kommission

Deutschland kommt nach Angaben des Grünen-Politikers mittlerweile ohne russisches Gas klar. Dies sei „gigantisch“. Der Ball liegt Habeck zufolge nun bei der EU-Kommission. Diese habe von der Ministerrunde ein klares Mandat bekommen, umsetzbare Vorschläge zu machen.

Konkret wurde die EU-Kommission damit beauftragt, die Maßnahmen bis Mitte September in einen Gesetzesvorschlag zu gießen, über den die EU-Staaten im Detail beraten müssen. Der tschechische Industrieminister Sikela sagte, er strebe eine Einigung bis Ende des Monats an und fügte mahnend hinzu: „Ich befürchte, wenn wir keine Lösung finden, die ein klares Signal sendet, dann wird es nicht genug Energie zu bezahlbaren Preisen geben.“ Man müsse schnell und gemeinsam handeln.