Auch ein Glockenturm auf der Burgruine Kappelberg ist vom Gemeinderat abgelehnt worden Foto: Gottfried Stoppel/Archiv

Der Weinstädter Gemeinderat hat den jüngsten Vorschlag der Verwaltung für das Gartenschauprojekt auf dem geschichtsträchtigen Kappelberg abgelehnt. Das Zünglein an der Waage hat mit seiner Gegenstimme der Oberbürgermeister gespielt.

Weinstadt - Ich stelle fest, dass die Beschlussvorlage nicht die nötige Mehrheit erhalten hat und damit abgelehnt ist.“ Mit diesen Worten hat der Weinstädter Oberbürgermeister Michael Scharmann den Tagesordnungspunkt 3.1 abgehakt, der einen „Beschluss zum weiteren Vorgehen am Hochpunkt der Burgruine Kappelberg“ zum Inhalt hatte. Auch der dritte Anlauf, dem Gemeinderat ein – aus Sicht der Stadt – in sich schlüssiges und identitätsstiftendes Bauwerk zur Aufwertung des geplanten Aussichtspunkts oberhalb des Teilorts Beutelsbach vorzuschlagen, war fehlgeschlagen.

Der überarbeitete Vorschlag sah vor, einen 15 Meter hohen, fünfeckigen Turm aus Holzbalken zu bauen, welcher mit je einer von den fünf Teilorten selbst gestalteten Platte an jeder Seite das Gemeinschaftliche symbolisieren sollte. Jeder Teilort sollte sein eigenes Stockwerk selbst errichten können und jeder interessierte Bürger die Möglichkeit bekommen, einen Balken für 150 Euro beizusteuern.

CDU-Mann geißelt vermeintliche „Sparkomissare“

Die Debatte begann mit einem leidenschaftlichen Plädoyer des CDU-Gemeinderatsmitglieds Volker Gaupp, der die Genese des Projekts facettenreich darlegte und daran erinnerte, dass die im Jahr 2014 ursprünglich geplante Holzkrone über der Ruine heute schon längst stehen könnte, wenn man sich damals dafür entschieden hätte. Damit brachte er auch umgehend die politische Dimension mit in die Diskussion. Er könne es nicht verstehen, warum einige Ratsmitglieder auf der Klausurtagung dem neuen Vorschlag noch positiv gegenüber gestanden hätten, sich jetzt aber im Lichte der Öffentlichkeit als „Sparkommissare“ aufspielten und damit seiner Meinung nach auf Kosten der Gemeinschaft profilieren wollten.

Für die Grüne Offene Liste (GOL) stellte Manfred Siglinger daraufhin klar, dass seine Fraktion nach wie vor zur Remstalgartenschau 2019 stehe und sämtliche beschlossene Projekte mittrage. Dennoch könne man „nicht alles machen“, und eine sorgfältige Abwägung habe ihn zu der Erkenntnis gebracht, dass er diesem neuen Vorschlag nicht zustimmen könne.

Für Tibor Randler von den Freien Wählern war die Entscheidung nach eigener Aussage zwar weitreichend, aber eigentlich ganz leicht. Die Kosten-Nutzen-Rechnung gehe nicht auf.

Die Diskussion verlor dann an Sachlichkeit und geriet mit der Äußerung des scheidenden SPD-Fraktionsvorsitzenden Hans Randler zur pauschalen Medienschelte. „Das Projekt Glockenturm ist deshalb bei den Bürgern so unbeliebt, weil die Presse immer wieder negativ darüber berichtet hat“, stellte das Ratsmitglied fest und legte nach, dass er alle Gemeinderäte darin bestärken wolle, mutig zu sein und auch einmal eine Entscheidung gegen die öffentliche Meinung zu treffen. Die Mitglieder des Gemeinderats befassten sich seit Jahren mit diesem Thema und müssten jetzt mit dieser Kompetenz im Rücken eine Entscheidung für Weinstadt treffen.

Beispielhaft für die Gruppe der skeptischen Ratsmitglieder formulierte Annette Rebmann von der GOL ihren Standpunkt: Ein in der Bevölkerung so umstrittenes und polarisierendes Vorhaben sei nicht dazu geeignet, als identitätsstiftendes und einendes Bauwerk zu fungieren.

OB stimmt gegen Vorlage seiner Verwaltung

Zum Ende der teilweise emotional geführten und politisch geprägten Debatte stellte der Oberbürgermeister fest, dass er gegen die Vorlage, die seine eigene Verwaltung in das Gremium eingebracht hatte, stimmen werde. „Ich stehe der Idee mit einem Turm schon sehr lange skeptisch gegenüber“, erklärte der Rathauschef. Gründe dafür seien zum einen die immer noch zu hohen Kosten, zum anderen gebe es in der Bürgerschaft wenig bis keine Akzeptanz für einen solchen Turm, begründete er seine Entscheidung, die, wie sich zeigen sollte, das Vorhaben zumindest vorerst zum Scheitern brachte. Mit zwölf Nein- zu zwölf Ja-Stimmen bei der eigens von der CDU-Fraktion beantragten namentlichen Abstimmung, fand der Beschlussvorschlag keine Mehrheit – und Weinstadt bleibt knapp zwei Jahre vor Beginn der Remstal Gartenschau ein weiteres Mal ohne einen konkreten Plan für den historisch bedeutsamen Aussichtspunkt am Kappelberg, der sogenannten Wiege Württembergs.

Die Vorgeschichte

Beschluss
Der Weinstädter Gemeinderat hatte mit Blick auf die Interkommunale Gartenschau 2019 bereits im Juli 2014 dem Bau einer hölzernen Balkenkonstruktion auf den Grundmauern der Ruine am Kappelberg zugestimmt.

Bürgerproteste
Nach heftigen Protesten aus der Bevölkerung hatte man sich entschlossen, die Bürger anzuhören, wobei dann die Idee eines Glockenturms aufkam. Nachdem verschiedene Varianten sowohl in der Öffentlichkeit als auch im Gemeinderat diskutiert worden waren und die letzte Version im März 2017 aus finanziellen Überlegungen vom Gemeinderat abgelehnt wurde, stand jetzt der dritte Entwurf zur Debatte.