Die Gartenbaubetriebe klagen über höhere Kosten für Energie, Pflanzen und Düngemittel. Teilweise können diese an die Kunden weitergegeben werden. Doch damit gehen sie ein Risiko ein.
Die Gärtnerei gibt es seit mehr als 70 Jahren – doch jetzt hat Hermann Funk Angst vor dem Winter. „Große Sorgen macht uns die Heizung von Gewächshäusern“ sagt der Seniorchef von Blumen Funk in Bad Friedrichshall bei Heilbronn, „ich hoffe, wir bekommen Gas“. Mit der Kultivierung von Sommerblumen wie Geranien will er nächstes Jahr erst Ende Februar anfangen, etwas später als sonst, „damit wir nicht so viel heizen müssen“.
Sorgen treiben ihn schon jetzt um: „Pflanzerde ist teurer geworden, wegen der Frachtkosten ist zu befürchten, dass sie noch teurer wird.“ Gestiegen sind auch die Preise für Kunststofftöpfe. Dies alles hat Auswirkungen auf die Kunden des Betriebs mit seinen 16 Mitarbeitern einschließlich der Familienangehörigen: „Wir haben die Preise um bis zu 15 Prozent erhöht.“
Branche macht weniger Umsatz
Nach zwei Boomjahren wegen Corona lassen die Geschäfte jetzt ohnehin wieder nach. Dazu kommen höhere Preise: „Zum Ende des ersten Halbjahres hat die Branche dramatische Umsatzrückgänge zu verzeichnen“, sagt Gerhard Hugenschmidt, der Präsident des Gartenbauverbands Baden-Württemberg-Hessen. Der Inhaber einer Gärtnerei in Bad Bellingen im Markgräflerland mit 27 Mitarbeitern macht dafür aber nicht nur die Kaufzurückhaltung der Verbraucher verantwortlich, sondern auch den Lebensmitteleinzelhandel mit seiner preisgünstigen Ware aus dem Ausland.
Der Gartenbaupräsident berichtet ebenfalls, dass seine Branche mit höheren Preisen kämpfen müsse: „Dünger und Substrate, Töpfe und Verpackungsmaterial sind teurer geworden“, dazu kämen schon jetzt höhere Energiekosten. Die gestiegenen Kosten jedoch könnten nur unzureichend an die Kunden weitergegeben werden. Hugenschmidt fordert denn auch Hilfe von der Politik. Etwa bei den Heizkosten. Und dort nicht nur für Gärtnereien, die Lebensmittel wie Salat und anderes Gemüse erzeugen, sondern auch für Betriebe, die nur Blumen anböten.
Preise steigen
Auch Anna Hackstein, die Geschäftsführerin des Industrieverbands Garten in Düsseldorf meint, „auf die Kunden kommen höhere Preise zu“. Neben immer noch existierenden Lieferengpässen wegen Corona seien jetzt auch die Folgen des Angriffs von Russland auf die Ukraine zu spüren: „Beide Länder scheiden nun als Lieferanten für Beimischungen von Düngemitteln aus.“
„Manche Unternehmen stellen bereits eine stellenweise gedämpfte Kundenfrequenz fest, sagt Peter Wüst, Hauptgeschäftsführer des BHB-Handelsverbands Heimwerken, Bauen und Garten in Köln. Die Menschen seien bei ihren Ausgaben vorsichtiger geworden. Deshalb seien „deutlich spürbare Auswirkungen auch in den Bau- und Gartenfachmärkten zu befürchten“. Der Kölner Unternehmensberater Stefan Lange, der für den Verband Deutscher Gartencenter ein Branchenbarometer erstellt, sieht zwar keinen Rückgang der Besucherzahlen, meint aber „statt zehn Geranien werden jetzt eben oft nur noch acht gekauft“. Lange glaubt nicht, „dass die Verkaufspreise für Pflanzen nochmals deutlich steigen werden“.
Kunden akzeptieren nicht alle Preise
„Unsere Einkaufspreise sind gestiegen, wir versuchen, die Preissteigerungen ein Stück weit an die Kunden weiterzugeben – aber komplett geht das nicht immer“, sagt Antje Kelbert vom Baumarkt Hornbach in Bornheim. „Wir versuchen, die Preise stabil zu halten“, meint Manuel Löhmann von der Bauhaus AG mit Deutschlandzentrale in Köln. Obi sah sich auch nach Tagen nicht in der Lage, eine Einschätzung abzugeben. Auch das Gartencenter Kölle in Heilbronn und der Wettbewerber Dehner wollten keinen Kommentar abgeben – was in der Branche als ziemlich interessant gewertet wird.
„Für die Preise, die der Endkunde im Hobbybereich bezahlt, sind in der Regel die Handelsketten verantwortlich“, denn diese hätten die meisten Kunden, so die Einschätzung von Nick Burkhardt, Geschäftsführer des Familienunternehmens Corthum in Marxzell im Schwarzwald. Dieses stellt mit seinen 50 Beschäftigten unter anderem Pflanzerde und Rindenmulch her. Sein Unternehmen habe die Preise bisher nur mäßig erhöht. Die Preise für Folien, in die die Ware verpackt werde, „sind um mindestens 40 Prozent gestiegen“. 2023 werde er möglicherweise auch die eigenen Preise stärker erhöhen müssen. Schon wegen der Energiepreise dürften in der kommenden Saison„die Preise für die Hobbygärtner auch nach oben gehen“.
Auch Gartengeräte werden teurer
Das könnte auch für Gartengeräte gelten. „Die Kosten für Transport, Energie und Rohstoffe wie Stahl sind massiv gestiegen, das hat auch uns getroffen“, sagt Heribert Wettels, Sprecher des Ulmer Gartengeräteherstellers Gardena. „Wir mussten die Preise gegenüber dem Handel erhöhen, das schlägt sich dann auch bei den Verbraucherpreisen nieder.“ Auch bei Kärcher in Winnenden haben höhere Einkaufspreise für Vorprodukte zu höheren Preisempfehlungen für den Handel geführt. „Wir können aber alle Materialien für unsere Gartengeräte beschaffen“, sagt der Vorstandschef Hartmut Jenner. Auch Stihl kämpft mit höheren Kosten beim Einkauf: „Die Steigerungen belaufen sich auf einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag“, erklärt Produktionsvorstand Martin Schwarz. Darauf habe man bereits mit höheren Verkaufspreisen reagiert.