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Der Grundsatzbeschluss zur Einrichtung von Ganztagsschulen war noch einmütig. Jetzt, wo es um Details geht, wird das Konzept der Schulbürgermeisterin kritisiert.

Stuttgart - An diesem Mittwoch soll der Gemeinderat entscheiden, nach welchem Konzept die 72 Grundschulen künftig geführt werden sollen. Der Grundsatzbeschluss ist bereits Ende 2011 gefallen. Jetzt geht es um Details – wie zum Beispiel die Anzahl der Unterrichtsstunden, die Korridore für Früh- und Spätbetreuung, das Konzept der Betreuung außerhalb des Pflichtunterrichts. Es geht auch um die Wahl der Betreuungskräfte.

Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann legt an diesem Mittwoch eine Beschlussvorlage vor, die das Rahmenkonzept, die Standards und die Kosten beschreibt. Sie orientiert sich an den Vorgaben des Landes, das einen Ganztagsbetrieb mit zusätzlich acht Lehrerstunden pro Woche nur fördert, wenn an mindestens vier Tagen jeweils von 8 bis 16 Uhr schulische Betreuung gewährleistet ist. Für die Schüler heißt das täglich durchschnittlich fünf Stunden Unterricht plus verpflichtende Angebote für individuelles Lernen und besondere Förderung sowie ergänzende inhaltliche Angebote.

Daran beteiligt sein sollen Schulsozialarbeiter, Eltern, Partner im Stadtteil, Lehrer, Sonderpädagogen, Schulpsychologen und pädagogische Fachkräfte der Träger der freien Jugendhilfe, wie beispielsweise die Jugendhausgesellschaft, Caritas, Eva und andere mehr. Mit Kosten sind diese Angebote nicht verbunden. Bezahlen müssen die Eltern nur noch die Früh- oder Spätbetreuung (68 oder 83 Cent pro Stunde), das Ferienangebot (83 Cent) und das Mittagessen (3,25 Euro). Wählen Eltern dagegen die Halbtagsschule, endet die Betreuung dieser Kinder spätestens um 14 Uhr, wie bisher die Verlässliche Grundschule, das Mittagessen sollen sie nur dann einnehmen können, wenn die Kapazität der Mensen ausreicht.

Die Kosten beziffert Eisenmann auf 1,15 Millionen Euro im laufenden, auf 2,288 Millionen Euro im kommenden Jahr.

Das Ganztagsschulkonzept, das grundsätzlich auch von der Regierungskoalition Grüne/SPD verfolgt wird, stößt in der Landeshauptstadt nicht überall auf Akzeptanz. „Wir setzen die Hürde niedriger, um den Eltern das Springen zu erleichtern“, sagte Stadtrat Vittorio Lazaridis deshalb bei einer Pressekonferenz am Montag. Die Grünen fordern eine Ganztagsschule „mit mehr Freiräumen“. Das heißt: an weniger Nachmittagen und eine insgesamt kürzere Anwesenheitspflicht der Schüler, „weil die Bildungsbürger in dieser Stadt ihren Kindern viele außerschulische Angebote machen“, so Grünen-Stadtrat Andreas Winter. Es gebe auch Formen von Individualförderung, „die nicht in der Schule erbracht werden kann“. Die zwei Lehrerstunden pro Woche, die dann weniger gebraucht würden, müsste die Stadt durch Betreuungsstunden ersetzen – „und die Kosten dafür übernehmen“, so Lazaridis. Kostenpunkt pro Jahr von 2020 an: 1,5 Millionen Euro.

In einigen Punkten stimmt die Forderung der Grünen mit jenen der anderen Gemeinderatsfraktionen überein; insbesondere bei den Essens- und Betreuungsangeboten für Halbtagsschüler will die Mehrheit des Gemeinderats, dass Eisenmann nachlegt.

Mit dieser Forderung ist die Schulbürgermeisterin auch aus dem Referat der Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer konfrontiert. Diese hat die Vorlage – obwohl das Jugendamt daran beteiligt gewesen sein soll – nicht unterzeichnet. Ihr Hauptkritikpunkt ist, „dass das Jugendamt mit seinen Betreuungsangeboten nicht ausgeschlossen bleiben darf; die Leute haben sehr gute Leistungen erbracht in den Horten“. Um weitere Verzögerungen wegen Streitereien zwischen den beiden Referaten auszuschließen, fordern die Grünen ein „Pädagogisches Amt“, zuständig künftig sowohl für die Vorschul- als auch die Schulkindbetreuung. Die Entscheidung darüber obliege zuletzt aber dem neuen Oberbürgermeister Fritz Kuhn.