Zum Start des Animationsfilms „Die Gangster Gang 2“ haben wir mit dem vielseitig begabten Max Giermann über Kunst, Comedy und sein Verhältnis zu Nagetieren gesprochen.
Er ist bekannt für seine Parodien von Karl Lagerfeld, Stefan Raab oder Markus Lanz und spricht in dem Film „Die Gangster Gang 2“ wieder das böse Meerschweinchen Professor Marmelade. Zum Kinostart erzählt Giermann, wie man eine Nagetier-Stimme erfindet, weshalb er inzwischen lieber am Malblock als auf der Bühne sitzt, und warum Humor immer auch Hoffnung bedeutet – es sei denn es geht um Trump oder Putin.
Herr Giermann, was haben Sie eigentlich für ein Verhältnis zu Meerschweinchen?
Eigentlich keins. Wir hatten früher mal einen Hamster – das war’s dann aber auch. Nagetiere sind jetzt nicht unbedingt mein Spezialgebiet. Aber gerade deshalb fand ich’s witzig, dass ausgerechnet ein Meerschweinchen der Bösewicht in „Die Gangster Gang“ ist.
In „Die Gangster Gang 2“ sprechen sie wieder dieses Meerschweinchen namens Professor Marmelade – eine ziemlich komplexe Figur.
Genau, die Figur macht eine ziemliche Wandlung durch. Im ersten Teil noch als scheinbarer Wohltäter – und dann kommt plötzlich das Böse zum Vorschein. Im zweiten Film war ich gespannt, was man sich für ihn hat einfallen lassen.
Und wie spielt man ein Meerschweinchen? Wie spricht man wie ein Meerschweinchen? Muss man da lernen, wie ein Meerschweinchen zu denken?
Bei solchen Synchronjobs bekommen wir den Film meistens erst kurz vor der Aufnahme zu sehen – da bleibt kaum Zeit für langes Method Acting oder Studien. Ich wurde tatsächlich schon gefragt, ob ich zur Vorbereitung wochenlang mit Meerschweinchen zusammengelebt hätte. Aber nein, ich habe mir einfach überlegt, wie so ein Meerschweinchen klingen könnte: etwas nasaler, vielleicht ein bisschen durch die Schneidezähne – und mit einem leichten Lispeln. Damit wollte ich das Niedliche betonen – um später den Bruch umso größer zu machen.
War das im zweiten Teil eine Herausforderung, auf dieser einmal gewählten Stimme aufzubauen?
Auf jeden Fall. Denn wenn man sich einmal für etwas entschieden hat, gibt’s keinen Weg zurück. Aber das ist ja auch spannend: die Stimme weiterzuentwickeln und trotzdem die Figur erkennbar zu halten.
Gibt es ein Tier, das Sie gerne mal sprechen würden?
Ein Papagei wäre lustig – weil man da stimmlich so viele Möglichkeiten hätte. Ich hab früher mal in einem Märchenstück einen Raben gespielt. Das war großartig, weil ich wochenlang Rabenbewegungen studiert habe. Aber grundsätzlich nehme ich die Rollen, wie sie kommen. Ich mache mir da vorher gar nicht so viele Gedanken.
Hören Sie sich eigentlich das Original an? Im Fall von Professor Marmelade war das ja der britische Schauspieler Richard Ayoade.
Ja, das bekommt man im Studio ohnehin zu hören – jeder Take startet mit dem Original. Aber ich versuche bewusst, meine eigene Version zu finden. Ich will niemanden imitieren, sondern lieber etwas Eigenes anbieten. Die Originalsprecher sind ja oft die Ersten – da wird die Animation nach deren Spiel erstellt. Wir in der Synchronisation müssen es umgekehrt machen. Das ist ein ganz anderer Prozess.
Wie groß ist der kreative Spielraum bei so einer Arbeit?
Begrenzt. Man hat ein sehr klares technisches Korsett: Der Text muss lippensynchron passen, dazu kommt die richtige Emotion, die typischen Merkmale – alles gleichzeitig. Das ist schon Multitasking. Aber genau das macht für mich den Reiz aus.
Was macht eigentlich gute Comedy aus?
Was ich gelernt habe – es braucht immer eine gewisse Gutmütigkeit. Gerade am Anfang, als ich noch Clownerie gemacht habe, musste man auf der Straße auf die Leute offenherzig zugehen, ohne sie zu überrumpeln. Das habe ich immer versucht, mir zu bewahren.
In „Die Gangster Gang „steckt unter der Oberfläche ja auch eine klare Botschaft: Ein Wolf muss nicht böse sein, das Meerschweinchen nicht lieb…
Absolut. Ich finde, der Film schafft das gut, ohne mit dem Zeigefinger zu kommen. Es geht auch darum, dass sich Menschen – oder Tiere – verändern können und eine zweite Chance verdienen. Und wenn das dann neben all dem Spaß auch noch mitschwingt, finde ich das sehr gelungen.
Glauben Sie tatsächlich daran, dass Menschen sich ändern können? Auch im großen Maßstab – Putin, Trump...?
Puh, in diesen konkreten Fällen bin ich eher skeptisch. Aber generell: Ja. Ich glaube an das Gute im Menschen. Sonst könnte ich diesen Beruf nicht machen. Ich will Hoffnung vermitteln, und ich bekomme auch oft gespiegelt, dass Lachen in schwierigen Zeiten enorm helfen kann. Viele schreiben mir, dass meine Arbeit ihnen durch schwere Phasen geholfen hat. Das rührt mich sehr – und zeigt, dass Humor eben doch eine tiefere Bedeutung haben kann.
Sie malen auch. Ein ganz anderer Zugang?
Ja, das ist viel intimer. Da mache ich es tatsächlich nur für mich. Bei Comedy will ich, dass es den Leuten gefällt. Beim Malen nicht. Das ist frei, ungeplant – und das tut als Kontrast sehr gut.
Wenn man Sie fragt, was Ihr Beruf ist – was sagen Sie dann?
Heute würde ich sagen: Künstler. Früher fand ich das zu groß. Aber ich glaube, es trifft’s ganz gut. Ich schaffe Dinge aus dem Nichts, egal ob es eine Parodie, ein Gemälde oder eine Rolle ist.
Letzte Frage: Was kommt als Nächstes?
Es gibt zwei größere Projekte, über die ich noch nicht sprechen darf. Aber langfristig will ich auch weiter malen – und wer weiß, vielleicht kommt bald wieder ein Tier um die Ecke, das meine Stimme braucht.
Max Giermann und „Gangster Gang 2“
Person
Max Giermann (49) stammt aus Freiburg, hatte zwar mal einen Studienplatz am Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe, entschied sich dann aber doch für eine Schauspielausbildung in Berlin. Außerdem ist er ausgebildeter Clown. Er ist als Komiker und Imitator aus einer Vielzahl an Comedy-Formaten bekannt, wurde schon als Ensemblemitglied mit dem Deutschen Comedypreis, dem Deutschen Fernsehpreis und dem Grimme-Preis ausgezeichnet.
Film
In der Animationskomödie „Die Gangster Gang 2“ leiht Giermann seine Stelle erneut dem Meerschweinchen Professor Marmelade. Kinostart ist am Donnerstag, 28. August.