Allein unter Dothraki: In der Erfolgsserie „Game of Thrones“ muss die schöne Prinzessin Daenerys Targaryen die Sprache des fremden Kriegervolks lernen. Foto: HBO

David J. Peterson entwickelt Sprachen – zum Beispiel für die US-Serie „Game of Thrones“.

Santa Ana - Der Privatsender RTL 2 hat sich die Rechte für die amerikanische Erfolgsserie „Game of Thrones“ gesichert. Im Herbst soll die Fantasy-Saga voraussichtlich bei dem Privatsender laufen. Die Sprache der dort auftretenden Dothraki hat David J. Peterson entwickelt.

„Blubbelwuppsgröps“ – so ungefähr hörte es sich viele Jahre lang an, wenn in Filmen und Fernsehserien Außerirdische oder Fantasiegestalten zu Wort kamen. Auch bei Ureinwohnern wie den amerikanischen Indianern machte man sich bei den meisten Produktionen keine Mühe, ihnen eine erkennbare Sprache in den Mund zu legen, sondern ließ sie Unsinniges sagen oder der Einfachheit halber gleich Englisch – oder in synchronisierten Streifen Deutsch – sprechen.

Mittlerweile sind die Zeiten des Blubbelwuppsgröps vorbei – Fans und Experten führen beispielsweise den Erfolg der US-amerikanischen Kultserie „Game of Thrones“ unter anderem darauf zurück, dass die Produzenten für den kriegerischen Stamm der Dothraki extra eine Sprache mit eigenem Wortschatz und einer richtigen Grammatik entwickeln ließen.

Sprachen bestehen meist aus mehr als 100.000 Wörtern

Der 30-jährige Linguist David J. Peterson hatte bereits während der Collegezeit damit begonnen, eigene Sprachen zu entwickeln. „Dass es jemanden geben könnte, der Sprachen zum Spaß erfindet, hatte ich damals noch nie gehört, also habe ich es versucht“, erzählt er über den Beginn einer Leidenschaft, die später zu seinem Beruf werden sollte. „Kurz darauf fand ich heraus, dass es Hunderte oder gar Tausende Menschen überall auf der Welt gibt, die genau das Gleiche wie ich machten, was mich auf den Boden zurückholte, aber auch spannend war.“

Acht Monate brauchte er, um die Grundzüge des Dothraki zu entwickeln: „Normalerweise beginne ich mit dem Klang, danach folgen die Grammatik und das Vokabular.“ Der schwierigste Teil seien die Verben. „Verbensysteme sind immer ziemlich schwierig, egal ob es darum geht, sie zu erfinden oder sie zu erlernen.“ Sei erst einmal die Basis geschaffen, „besteht die wirkliche Herausforderung darin, Vokabeln hinzuzufügen. Die meisten natürlichen Sprachen bestehen aus über 100 .000 Worten – man benötigt Jahre, um auch nur ein Zehntel davon für eine konstruierte Sprache zu entwickeln.“

Nach einer bestimmten Formel gehe er beim Entwickeln neuer Sprachen nie vor, sagt Peterson. „Mich erinnert der Prozess eher an das berühmte Computerspiel Civilization von Sid Meier. In Civilization beginnt man mit einer Stadt und baut in kleinen Schritten über einen Zeitraum von etwa 6000 Jahren seine Zivilisation aus. Manches von dem, was passiert, ist geplant, manches nicht. Manche Ideen am Anfang der Runde funktionieren nicht, und manch gebaute Strukturen enden als Relikte, bevor die Zivilisation voll ausgebaut ist. Das Konstruieren einer Sprache läuft sehr ähnlich ab.“

Bekannteste künstliche Sprache ist Esperanto

Bereits im antiken Griechenland wurden Geheimsprachen entwickelt, die älteste bekannte konstruierte Sprache ist die „Lingua ignota“ von Hildegard von Bingen, der eine klösterliche Geheimsprache zugrunde liegt. Geheimsprachen wurden jedoch nicht immer konstruiert. Das Rotwelsch, das schon im Mittelalter urkundlich erwähnte Idiom der sogenannten Gauner und Bettler, entwickelte sich unter anderem aus dem Niederländischen, dem Jiddischen und dem von Sinti gesprochenen Romani; manche Worte sind in die deutsche Alltagssprache eingegangen – wie um Beispiel Kohldampf, brabbeln oder Bulle als Bezeichnung für einen Polizisten.

Die bekannteste künstliche Sprache ist das Esperanto, das 1887 von Ludwik Lejzer Zamenhof erfunden wurde. Zamenhof, dessen Vater als Sprachlehrer arbeitete, sprach neben Russisch und Polnisch auch Deutsch, Hebräisch, Griechisch, Latein und Englisch. Und er hatte, wohl auch aufgrund zahlreicher antijüdischer Pogrome in Russland, schon früh einen Traum: eine Weltsprache zu entwickeln, die jedermann ganz leicht lernen konnte, um die internationale Verständigung zu vereinfachen.

Aber obwohl Peterson mit dem Dothraki gerade eine ausgesprochen erfolgreiche künstliche Sprache geschaffen hat, denkt er nicht daran, ein neues Esperanto zu erfinden. Natürlich wäre vieles leichter, wenn alle Menschen auf der Welt die gleiche Sprache sprächen, sagt er. Abgesehen davon „würde ich mich sehr freuen, wenn Gemeinschaften ihre Sprache erhalten. Denn zumindest über Übersetzungsmaschinen oder -programme haben wir ja doch die Möglichkeit, mit jedem auf der Erde zu kommunizieren. Deshalb wäre es schön zu versuchen, die kleineren Sprachgemeinschaften am Leben zu halten.“

Shakespeare auf Klingonisch

Doch Peterson liebt nicht nur künstliche Sprachen. Eines seiner Lieblingsworte stammt beispielsweise aus dem Hawaiianischen und lautet Mania. „Es beschreibt das Gefühl, das man im Bauch bekommt, wenn man auf einer hohen Klippe steht“, erklärt Peterson und fügt hinzu, dass international gesehen das Wort für Schmetterling immer ganz besonders schön und „jeweils einzigartig zu sein scheint: Butterfly (Englisch) zum Beispiel, Papillon (Französisch), Mariposa (Spanisch), Faraasha (Arabisch) oder Farfalla (Italienisch)“.

„Dothraki wird niemals fertig werden. Bei konstruierten Sprachen können immer neue Vokabeln hinzugefügt werden, und es ist mein Ziel so lange neue Verben, Adjektive und Substantive hinzuzufügen, bis Dothraki aus mindestens sieben- bis achttausend Wörtern besteht.“ Die Chancen stehen also gut, dass die von Peterson entwickelte Sprache eines Tages genauso erfolgreich sein wird wie das Idiom der aus „Star Trek“ bekannten Klingonen. Mittlerweile existieren sogar schon Shakespeare-Übersetzungen ins Klingonische, der deutsche Komponist Frieder Butzmann schuf sogar eine Oper in der 1984 vom Linguisten Marc Okrand konzipierten Sprache. Sie verfügt sogar über ein eigenes Institut, das Klingon Language Institute, und hat laut ISO-639-2 mit dem Kürzel tlh sogar einen eigenen Sprachcode. Damit steht Klingonisch als anerkannte Sprache auf dem gleichen Stand wie das Obersorbische.