Innenminister Gall Foto: dpa

Innenminister nimmt die Bildungseinrichtung wegen rechtlicher Bedenken von großer Polizeireform aus.

Stuttgart - Innenminister Reinhold Gall (SPD) nimmt an seiner großen Polizeireform noch eine nachträgliche Korrektur vor: Wie aus Regierungskreisen verlautet, bleibt die Hochschule für Polizei auch künftig selbstständig und wird nicht wie ursprünglich geplant in das neue Präsidium „Bildung und Personal“ eingegliedert.

Gall reagiert damit auf Bedenken des Wissenschaftsministeriums, das eine Integration der renommierten Bildungseinrichtung unter das Dach eines Präsidiums für hochschulrechtlich problematisch hält. Eine offizielle Entscheidung ist dem Vernehmen nach zwar noch nicht gefallen, intern wird jedoch bereits an einer neuen Konstruktion für die in Villingen-Schwenningen beheimatete Kaderschmiede getüftelt.

So spricht der Innenminister jetzt in einem Brief an einen Abgeordneten von der „Hochschule für Polizei Baden-Württemberg mit zugeordnetem Präsidium Bildung und Personalgewinnung“. Soll heißen: An seiner Absicht, sämtliche für Ausbildung, Personalgewinnung und Einstellungsverfahren befassten Bereiche in einem eigenen Präsidium zu bündeln und damit Ressourcen zu gewinnen, hält der Minister weiterhin fest. Die Polizeihochschule ist jedoch ausgenommen und behält ihren Sonderstatus.

„Hochschule wäre Teil einer Polizeidienststelle und damit als solche aufgelöst“

Was dies für die Organisation des „Spezialpräsidiums“ (Gall) bedeutet, wird derzeit noch intern diskutiert. Bisher war vorgesehen, dass der Rektor der Hochschule zugleich Chef des Präsidiums ist. Die Hochschule sollte ihm nachgeordnet sein – ebenso wie das Institut für Ausbildung und Training, die Verwaltung und andere unselbstständige Abteilungen. Namhafte Juristen wenden jedoch ein, dies missachte die Unabhängigkeit der Hochschule.

Den Stein ins Rollen gebracht hatte der frühere Abteilungsleiter des Justizministeriums, Ulrich Stephan, der gegenüber unserer Zeitung vor einem Verfassungsverstoß gewarnt hatte. „Die Hochschule wäre Teil einer Polizeidienststelle und damit als solche aufgelöst“, schrieb er im Frühjahr dem Innenminister.

Auch der frühere Chef der Gewerkschaft der Polizei, Josef Schneider, warnte davor, die Reputation der Bildungseinrichtung zu beschädigen. Als schließlich auch zwei Senatsmitglieder der Hochschule in einem Rechtsgutachten offiziell Bedenken gegen diesen Passus der Reform anmeldeten, bat Gall das Wissenschaftsministerium um eine Stellungnahme.

Man habe dem Innenminister einige Anregungen und Ideen übermittelt, heißt es dort mit aller Vorsicht. Diese seien offenbar „auf fruchtbaren Boden gefallen“. Dass man das Thema mit spitzen Fingern anfasst, hängt auch damit zusammen, dass das Wissenschaftsministerium anfangs keine solche Bedenken hatte.

Lehrgänge werden künftig in Biberach, Lahr und Böblingen gebündelt

Dass man die Sache nun anders sieht, löst im Haus von Reinhold Gall einige Verärgerung aus. „Plötzlich“, so heißt es dort, hätten die Hochschuljuristen Vorbehalte gegen ihren eigenen Vorschlag. Gall hatte stets betont, er habe die Reform mit seiner Wissenschaftskollegin Theresia Bauer (Grüne) abgestimmt.

Kurzum: Die Polizeihochschule mit ihren 1300 Studienplätzen und rund 60 hauptamtlichen Dozenten kommt auch weiterhin nicht an die kurze Leine. Die akademische Selbstverwaltung wiegt schwerer als die politische Absicht, mit der Bündelung von Einheiten „nicht unerhebliche Synergien“ zu erzielen, wie das Ziel ursprünglich gelautet hatte.

Gewisse Einsparungen wird der Innenminister trotzdem verbuchen können. Denn jenseits der Hochschule ist die polizeiliche Aus- und Fortbildung auf mehr als ein halbes Dutzend Standorte in Baden-Württemberg verteilt. So gibt es etwa eine Akademie der Polizei mit den Standorten Freiburg und Wertheim, außerdem zahlreiche Polizeischulen.

So viele Bildungsträger wie Baden-Württemberg habe sonst keine andere Polizei im Bundesgebiet, heißt es im Ministerium. Andere Länder zeigten, dass man gute Beamte auch mit weniger Aufwand ausbilden könne.

Deshalb sollen die Lehrgänge künftig in Biberach, Lahr und Böblingen gebündelt werden. Und natürlich in Villingen-Schwenningen. Hier hat nicht nur die Hochschule (weiterhin) ihren Sitz, sondern auch das für die gesamte Aus- und Fortbildung zuständige neue Präsidium „Bildung und Personalgewinnung“.