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Kurz vor dem Parteitag mehren sich bei der SPD die Stimmen gegen ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen.

Stuttgart - Knapp zwei Wochen vor dem SPD-Parteitag wächst der Widerstand gegen das von Innenminister Reinhold Gall (SPD) favorisierte Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen. Die Antragskommission für den Parteitag habe sich dagegen ausgesprochen, dass Kommunen die Möglichkeit bekommen, zeitlich begrenzte Verbote auszusprechen, bestätigte SPD-Sprecher Andreas Reißig am Mittwoch einen Bericht der „Schwäbischen Zeitung“.

Die Kommission habe sich damit auf die Seite der Jusos geschlagen und plädiere für mehr Prävention. Reißig betonte aber auch: „Die Antragskommission gibt lediglich Empfehlungen ab.“ Der Vorstand will aber mit einem Antrag im Sinne Galls dagegen halten. Der Minister will das Polizeigesetz ändern, damit Kommunen Saufgelage an sozialen Brennpunkten verhindern können. Auch bei den Grünen ist dieser Plan umstritten.

Gall ließ sich von der Empfehlung der Antragskommission nicht beeindrucken. „Unser Vorstoß ist sinnvoll. Auf dem Parteitag werden wir dafür kämpfen mit Unterstützung vieler Kommunalpolitiker“, sagte der Minister der dpa. SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel sagte, das Votum der Antragskommission sei „keine Vorentscheidung“. „Fraktion und Landesvorstand wollen die Beschlusslage ändern. Ich sehe das gelassen. Auf dem Parteitag werden sich die besseren Argumente durchsetzen.“

Für das Verbot kommen 12 bis 15 Kommunen in Betracht

Nach den Vorstellungen des Innenministeriums sollen die Städte die Möglichkeit bekommen, den Alkoholkonsum auf öffentlichen Plätzen zu verbieten, die in sozialen Brennpunkten liegen. Dabei ist vor allem an die Nächte zum Samstag und Sonntag und vor Feiertagen gedacht.

Nach Einschätzung von Experten reicht das bisherige Instrumentarium zur Bekämpfung der Folgen von Saufgelagen nicht aus. Die Polizei dürfe etwa erst Platzverweise aussprechen, wenn die öffentliche Sicherheit gestört werde. Außerdem könnten solche Platzverweise in der Folge kaum kontrolliert werden.

Für das Verbot kommen 12 bis 15 Kommunen in Betracht. Als Beispiele gelten Freiburg, Stuttgart, Tübingen, Heilbronn, Konstanz, Heidelberg, Waiblingen und Ludwigsburg. Diese Kommunen hatten laut früheren Angaben von Gall selbst entsprechende Wünsche geäußert.

Grünen-Landeschef Chris Kühn begrüßte die Position der Antragskommission. „Es geht um Prävention, Verbote bringen nichts“, sagte Kühn. Wenn die SPD sich bei ihrem Parteitag für ein Alkoholverbot aussprechen sollte, werden die Grünen auf ihrem Landesparteitag Ende November darüber beraten. Sollten die Koalitionäre bei ihren gegensätzlichen Positionen bleiben, dann werde es zu keiner Änderung des Polizeigesetzes kommen, hieß es.

Auch bei den Grünen gibt es unterschiedliche Positionen

Aber auch bei den Grünen gibt es unterschiedliche Positionen. Die Oberbürgermeister von Freiburg und Tübingen, Dieter Salomon und Boris Palmer, dringen auf die Möglichkeit eines Verbots. Auch in der Grünen-Fraktion gibt es Befürworter für diese Linie.

Der Innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Thomas Blenke zeigte sich entrüstet über die Ablehnung der Antragskommission der SPD, den Kommunen eine Möglichkeit zu geben, Alkoholexzessen in den Innenstädten Herr zu werden. „Dies ist eine deutliche Schlappe des Innenministers, insbesondere innerhalb seiner Partei. Im Landtag hat der Minister vollmundig angekündigt, eine Regelung schaffen zu wollen. Er ist als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet“, sagte Blenke.

Die Kommunen seien in den vergangenen Monaten immer wieder mit der Ankündigung beschwichtigt worden, Gall wolle einen eigenen Gesetzentwurf vorlegen. „Nun muss er eingestehen, dass er voraussichtlich nicht liefern kann“, sagte Blenke weiter. Die CDU-Landtagsfraktion unterstütze weiterhin die Kommunen in ihrer Forderung nach einer Rechtsgrundlage für ein Alkoholkonsumverbot. Hätte die SPD gleich dem Gesetzentwurf der CDU zugestimmt, hätte sie sich diese Peinlichkeit erspart, betonte Blenke.