Überraschungen können Interessierte jetzt in der Galerie Schacher in Böblingen entdecken: Unter dem Titel „Hans Bäurle – Neuland (der unbekannte Bäurle Teil 2)“ zeigt Marko Schacher Arbeiten des Altdorfer Malers.
Am 2.Mai ist Hans Bäurle im Altdorfer Samariterstift verstorben. Er war einer der beliebtesten Künstler im Kreis. Bekannt für seine farbenfrohen, surrealistischen Wesen hat er mit Kunst am Bau, Skulpturen aus Epoxidharz und anderen Materialien und seinen Ölbildern ein reiches Werk hinterlassen. Der Nachlass befindet sich in seinem Altdorfer Haus, und der Galerist Marko Schacher und Bäurles Witwe Ursel verwalten ihn und sorgen dafür, dass das Werk würdig in Erinnerung bleibt.
Schon von Juli bis Anfang September haben sie in der Ausstellung „Hans Bäurle – Neuland (der unbekannte Bäurle Teil 1)“ am Böblinger Marktplatz neue Seiten des Künstlers aufgezeigt. Da waren vorwiegend späte Arbeiten zu sehen, die Hans Bäurle aufgrund seiner Augenkrankheit nicht mehr mit Acryl, sondern mit langsam trocknender Ölfarbe und einer Lupe schuf. Nun folgt der zweite Teil der Ausstellung mit Arbeiten aus den 60er, 70er und 80er Jahren sowie Grafiken.
Bei der Eröffnung am Sonntag schilderten Marko Schacher und der Sindelfinger Autor Roland Müller ihre Erinnerungen an Hans Bäurle. Müller wie auch Schacher durften eine Zeit lang für den Künstler Bildtitel erfinden, und Marko Schacher schrieb für ihn Katalogtexte und wurde später dessen privater Galerist, der einzige, dem er offenbar soweit vertraute. Warum? „Ich habe ihn frei sein lassen“, schätzt Marko Schacher. Bäurle befürchtete, festgelegt zu werden, bereute es aber nachträglich, nicht auf den Kunstmarkt zugegangen zu sein, weiß Schacher. Von seiner Kunst leben konnte Hans Bäurle trotzdem; bei Ateliertagen ließ sich einiges verkaufen. Schacher war etliche Male bei den Bäurles zum Kaffee, und auch mit Lutz Ackermann, Linde Wallner und den Krimmels verband Hans Bäurle eine Freundschaft. Er saß in den 70er-Jahren außerdem im Vorstand des Böblinger Kunstvereins und gründete im Jahr 1989 den Böblinger Galerieverein mit. „Bäurle hat Kontakt zu jungen Künstlern gesucht und war sehr beliebt bei den Künstlern im Schacher-Programm“, erzählt Marko Schacher.
Die neue Schau bei Schacher in Böblingen, der seinen Hauptsitz am Olgaeck in Stuttgart hat, zeigt einen ungeahnt experimentierfreudigen Hans Bäurle. So würde man eine Stadtansicht von Istanbul, die er während einer Gastprofessur in der Stadt nach seinem Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart von 1953 bis 1958 schuf, kaum mit Bäurle in Verbindung bringen. Angesichts der Komposition mit breit gesetzten Pinselstrichen in kühlen Pastellfarben, in deren oberen Teil reduzierte Gebäude aufragen, fühlt man sich an Kubisten oder Paul Klee erinnert.
Direkt daneben eine weitere Überraschung: eine frühe Arbeit von 1958, die im pastosen, gestischen Pinselduktus vom Informel und Abstrakten Expressionismus inspiriert scheint. In den 60ern und 70ern schuf Bäurle vor allem Siebdrucke und Kunst am Bau. Mit seiner fantasievollen Kunst brachte er Betonfassaden im ganzen Kreis zum Blühen. Durch eine Malerlehre nach dem Zweiten Weltkrieg in Heidenheim hatte er dafür die Grundlagen gelegt. Mehrfach gestaltete er Bäder, wie 1978 die Emaille-Wände und Türen des Fildorados – ein Wohlfühlort für den Hobbyschwimmer. Auch auf zwei Rädern war er unterwegs oder auf zwei Brettern: beim Skifahren haben Ursel und Hans Bäurle sich auch kennengelernt, erzählt sie.
Bäurles Kunst gibt es auch im Fildorado
In den 80ern und 90ern malte Bäurle viel mit Acryl, und seine surrealistischen Figuren tauchten erstmals auf. Ende der 60er mutet sein Figurengewimmel wie in „Roter Mond“ oder „Figurenknäuel“ noch geometrisch an und erscheint in reinen Farben, später entwickelte es sich organischer.
Seine fantasievollen Bilderfindungen sind aber sein Markenzeichen. Er erklärte stets, dass sie einfach aus ihm „herauskommen“. Doch zwei grünliche Eierköpfe in einer Art Marslandschaft mit dem Titel „Zwillinge/Wer bin ich?“ von 1984 deuten auch einen anderen Einfluss an, und Ursel Bäurle bestätigt den Verdacht: „Er las viel, besonders gern Stanislaw Lem.“ Der polnische Autor ist zum Beispiel mit „Solaris“ (1961) bekannt geworden. Zugleich enthalten seine Arbeiten mit ihren bizarren Pflanzenwesen auch Kritik an Umweltverschmutzung. „Er war ein Grüner“, sagt Marko Schacher klar. Das Böblinger Heizkraftwerk, das er 1999 bemalte, hatte er zunächst kritisiert.
Ob Radierungen, Grafit-Zeichnung mit Buntstift, Serigrafie oder Mischtechnik auf Holz – in der vielfältigen Ausstellung ist noch so mancherlei zu entdecken, das Bäurles Freude am Experiment unterstreicht.
Die Ausstellung ist bis 10. November zu sehen. Öffnungszeiten nach Vereinbarung unter Telefon 01 62 / 4 03 75 12.
Zur Person Hans Bäurle
Leben
Hans Bäurle wurde 1931 in Ochsenberg (nahe Heidenheim) geboren. Nach dem Zweiten Weltkrieg machte er eine eine Malerlehre und besuchte von 1951 bis 1952 eine private Kunstschule in München, bevor er von 1953 bis 1958 an der Staatlichen Akademie der bildenden Künste Stuttgart studierte. Im Mai verstarb Bäurle in Altdorf.
Werk
Seit 1970 war Hans Bäurle freischaffender Künstler. Bedeutung erlangte der Maler auch durch sehr viele Arbeiten an und in Bauwerken. Seine Bilder zeichnen sich durch einen großen Reichtum an Farben und Fantasie aus.