Annette Streyl: O.T. („Museum für Arme“), nach Holbein d.J. Foto: courtesy Streyl/Galerie

Ist das nicht? Die Hamburger Künstlerin Annette Streyl befragt alte Kunst neu. „Idols“ heißt die Schau im Kunstraum von Katrin und Marko Schacher im Galerienhaus Stuttgart.

Stuttgart - „Es hat sich viel verändert bei uns“, sagt Marko Schacher. Die Überraschung ist wohl spürbar. Zurückhaltend ist der Ausstellungsraum von Katrin und Marko Schacher im Galerienhaus Stuttgart bestückt, die Arbeiten der Hamburger Bildhauerin und Objektkünstlerin Annette Streyl agieren ganz für sich. „Wir machen nur noch Einzelausstellungen“, sagt Schacher weiter. Die von ihm bewusst inszenierten Dialoge unterschiedlicher Positionen im Raum seien Geschichte.

Neuer Antritt

Offiziell heißt es hierzu, Streyls Schau „Idols“ sei nach Ausstellungen zu Marlis Albrecht und Thomas Putze der dritte Beitrag eines „von Katrin und Marko Schacher gemeinsam kuratierten Programms, das zukünftig mit exklusiven Einzel-Ausstellungen im Hauptausstellungsraum und einer Riege neuer Künstlerinnen und Künstler aufwartet, die noch nie in einer Stuttgarter Galerie ausgestellt haben“.

Eine Punktlandung

Nun also Annette Streyl. Eine Punktlandung. Der Neuantritt von Katrin und Marko Schacher trifft sich mit dem Neuantritt von Annette Streyl. Die Zitate der Kunstgeschichte wie der Materialgeschichte haben sie bekannt gemacht. Eine einst ausschließlich steinerne Gesellschaft ist neu versammelt: Da sind die Fratzen der Wasserspeier wie der sich tollkühn vorwagenden dunklen Verteidiger der heiligen Kirchenräume, da sind die anspielungsreichen Figurinen aus manchen Kircheninnenräumen. Zeitgerechte Reaktionen einst auf die Verkündigung eines Verbots der Zügellosigkeit.

Meisterschülerin bei Franz-Erhard Walther

In der Gegenwart reicht Streyl farbiges Paketband, um die Figurinen gänzlich aus allen historisierenden Zusammenhängen zu katapultieren. Fast unterbewertet erleben die Besucherinnen und Besucher der Ausstellung, wie sich dieses Verfahren im bildnerischen Zusammenhang wiederholt. Mit nicht weniger Erfolg hat Annette Streyl, in einem zweiten Kunstakademie-Anlauf 1996 bis 1999 Meisterschülerin bei Franz-Erhard Walther in Hamburg, Schichtholzplatten Figurinen aus anderer Zeit entrungen, Absicht und Zufall in engem Dialog. Die einstige Schildermalerei in niederländischen Kirchen verbindet sich in Streyls Schichtholzarbeiten mit der Auseinandersetzung mit Hauptmotiven von Ewig-Kunststars wie Jan Vermeer.

Abgrund und Leichtigkeit

Als „Museum für Arme“ hat Annette Streyl einmal diese Werkgruppe bezeichnet. Was aber sind dann die neuen Arbeiten auf und mit Wellpappe? Befreit vom Materialballast, zählt hier nur die unmittelbare Wirkung und Aussage – das kann ein Abgrund sein, wie ein gesichtsloses Schreckenswesen suggeriert. Aber auch ein Moment einer ganz im Jetzt verwurzelten Leichtigkeit. Wohin die Motivreise geht? Hier ist sich die 1968 in westfälischen Münster geborene Annette Streyl offenkundig noch nicht absolut sicher. Umso spannender ist es, die gelernte Steinmetzin im Ultra-Leicht-Bereich der Wellpappe zu erleben.

Nächste Eröffnung am 18. März

Und wie geht es bei Katrin und Marko Schacher weiter? Für den 18. März ist die nächste Eröffnung terminiert. Sie gilt einer Ausstellung mit Werken des Malers Ivan Zozulya.

Annette Streyl bei Schacher

Annette Streyl
ist 1968 in Münster/Westfalen geboren. Nach nur einem Jahr bricht sie 1989 ein Studium an der Kunstakademie in Münster ab und macht eine Steinmetz-Lehre. 1996 nimmt sie in Hamburg das Kunststudium wieder auf und wird Meisterschülerin des Objekt- und Konzeptkünstlers Franz-Erhard Walther. Annette Streyl lebt und arbeitet in Hamburg.

Die Ausstellung
„Idols“ mit Werken von Annette Streyl ist bis zum 12. März im Kunstraum Schacher im Galerienhaus Stuttgart (Breitscheidstraße 48) zu sehen. Dienstag bis Freitag 14 bis 19, Samstag 11 bis 16 Uhr.