in der Galerie Schlichtenmaier in Grafenau (Schloss Dätzingen, Foto:  

Lassen sich „Gewächse aus Stahl“ schaffen, wie die Galerie Schlichtenmaier ankündigt? Die Bildhauerin Manuela Tirler überwindet alle Material-Widerstände und bringt Industriestahl zum Blühen.

Stuttgart - Peitschend treibt der Wind ein Kugel-Gestrüpp vor sich her – als Signal drohender Gefahr an sich, mehr noch aber als Sinnbild seelenloser Ödnis. Kein Western-Klassiker kommt ohne diese Szene aus, ohne die Steppenläufer, wie die Pflanze heißt, ohne Tumbleweeds.

Ruhe vor dem Bewegungssturm

Und nun? Ruht das Geäst-Knäuel ganz in sich. Es ist ein Moment unmittelbar vor beziehungsweise unmittelbar nach der berühmten Film-Bewegung. Noch dichter scheinen die Geäst-Verwicklungen, störrisch fast im Inneren, während die äußeren Äste schon wieder lustvoll neue Richtungen weisen.

Manuela Tirlers „Geäst“ ist tonnenschwer

Es ist ein Moment höchster Spannung. In diesem greift die Bildhauerin Manuela Tirler zu, diesen Augenblick, diesen Zustand provoziert sie, wenn sie in ihrem Zyklus „Tumbleweed“ immer neue Geästbälle schafft. Tirlers Geäst aber ist tonnenschwer, ist aus Stahl, ist dem harten Industriestahl abgerungen und buchstäblich entrissen.

Umfangreiche Ausstellung in der Galerie Schlichtenmaier

„Gewächse aus Stahl“ ist Tirlers Werkschau der Galerie Schlichtenmaier am Stammsitz im Schloss Dätzingen (Grafenau) überschrieben, und die stählernen Steppenläufer der Absolventin der Stuttgarter Akademie fungieren fast folgerichtig als Impulsgeber zwischen den unterschiedlichen Werkgruppen. Als Atelierstipendiatin des Landkreises Esslingen (2010-2013) hat die 1977 geborene Tirler, die noch immer im Kulturpark Dettinger in Plochingen arbeitet, ihr Vokabular wesentlich vorangetrieben.

Neue Dynamik in Tirlers Schaffen

Die aktuelle Schau? Unterstreicht eine neue Dynamik in Tirlers Schaffen. Die Strenge etwa der „Bannwaldstück“-Reihe ist aufgelöst, die stählernen Geäste, die Manuela Tirler nun in die Höhe wachsen lässt, scheinen fast die Balance zu verlieren, die neueren Werke ihre Elemente fast in den Raum schleudern zu wollen. So bändigt Manuela Tirler wohl den Stahl, provoziert aber zugleich neue Bewegungsräume.