Jörg Schnaufer kauft immer mal wieder bei Brigitte Göhring ein. Foto: factum/Granville

Die Finanzen des Dorfladens sind in eine Schieflage gekommen. Wenn der Umsatz nicht steigt, droht ihm zum Jahresende das Aus. Immerhin kaufen jetzt wieder mehr Menschen dort ein.

Gäufelden - Katrin Bauer ist Stammkundin im Dorfladen von Gäufelden-Tailfingen. Sie kauft an diesem Vormittag noch schnell ein paar Spaghetti und Tomatenmark ein, bevor sie ihre Kinder von der Schule abholt. Mit ihren 45 Jahren gehört sie einer Altersklasse an, „in der wir viel zu wenig Kundschaft haben“, sagt Brigitte Göhring vom Verkaufsteam.

Fette Jahre gab es keine

Katrin Bauer macht seit geraumer Zeit Werbung mit Hilfe einer WhatsApp-Gruppe. „Vorher haben rund 80 Menschen bei uns eingekauft, nun sind es immerhin 90 bis 100 täglich“, so Göhring. Ob deshalb deutlich mehr Münzen in der Kasse klimpern? Tatsache ist, dass im vergangenen Jahr ein Defizit von 6000 Euro zu Buche stand. „Wenn wir uns nicht verbessern, müssen wir Ende des Jahres wohl schließen“, bedauert Göhring.

Fette Jahre hat der Dorfladen bisher nie erlebt. Er kam lediglich über die Runden. Nach der Eröffnung im März 2012 kamen zwar bald 100 bis 120 Kunden am Tag. Seit ein paar Jahren hat das Interesse aber nachgelassen. „Viele Tailfinger arbeiten woanders und kaufen unterwegs ein. Auf der Fahrt zu ihrer Arbeitsstelle oder auf dem Heimweg“, weiß Göhring. Zudem gibt es in den benachbarten Gäufeldener Ortsteilen Nebringen und Öschelbronn Konkurrenz durch große Supermärkte. Nur drei Kilometer sind es dorthin. Zudem lebten viele ältere Kunden inzwischen im Heim oder seien verstorben, erklärt die 49-Jährige.

Die Eigenkapitaldecke hat sich mehr als halbiert

Manche, die früher ihre Lebensmittel für den täglichen Bedarf in dem Laden holten – und dort gerne auch ein Schwätzchen hielten – sind nicht mehr so gut zu Fuß und kommen nicht mehr in die Hauptstraße im 1400 Einwohner zählenden Flecken. Für sie wurde ein Lieferservice eingerichtet, der laut Göhring drei Mal pro Woche in Anspruch genommen wird. Wenn zu Hause die Butter oder die Milch fehlt, wenn jemand Gemüse oder Obst benötigt. Geliefert wird frei Haus, außerhalb von Tailfingen kostet der Dienst pro Lieferung 3,50 Euro.

Viel mehr an Umsatz kommt aber auch dadurch nicht zusammen. In besseren Monaten seien es 20 000 Euro, sagt Wilfried Schittenhelm vom Aufsichtsrat der im März 2011 gegründeten Dorfladen-Genossenschaft. Dies sei schon länger so: „In einem Jahr waren wir wenigstens mal 900 Euro im Plus.“ Prekär sei die Lage auch dadurch, dass das genossenschaftliche Guthaben von 58 000 Euro um mehr als Hälfte aufgebraucht sei. Aktuell hielten 283 Mitglieder insgesamt 590 Anteile à hundert Euro. Allein der Umbau des gemieteten Ladenlokals vor sieben Jahren hatte 15 000 Euro gekostet.

Sonderangebote sollen Kunden locken

Der anvisierte Tagesumsatz von tausend Euro ist im Schnitt auf 730 Euro gesunken. Großeinkäufe werden kaum getätigt. Oft kommen Schulkinder vorbei, um sich Süßigkeiten zu holen oder eine Brezel für das Vesper. Dasselbe gilt für durchreisende Berufstätige. Hans Jörg Häfele möchte lediglich eine Banane verspeisen. Doch leider gibt es an diesem Vormittag keine mehr. Brigitte Göring kann von verderblichem Obst und Gemüse nicht viel bei ihrem Lieferanten bestellen. Das ist ohnehin teurer als in anderen Läden oder gar in Supermärkten, weil in dem Dorfladen keine größeren Mengen in das Verkaufsregal passen – die ohnehin auch gar nicht verkauft werden könnten. Dafür gibt es aber Sonderangebote, etwa Tiefkühlpizza für 1,89 Euro oder Bio-Limo für 1,49 Euro.

„Ich wollte schon lange mal wieder vorbeikommen“, sagt Jörg Schnaufer , der sich an diesem Vormittag Knabbersachen, einen Durstlöscher und ein Buch aus der kleinen Bücherecke besorgt. Ihm gefalle es hier, besonders das „nette Klima“, meint Kunde Schnaufer.

Der Dorfladen sei unverzichtbar, erklärt Katrin Bauer, denn außer ihm gebe es nur noch einen Hofladen am Ortsrand. Der Bäcker in Tailfingen hat 2012 geschlossen. „Wir hoffen, dass wir über WhatsApp mehr Zuspruch bekommen und der Laden fortbestehen kann“, sagt Bauer.

Zehn Ehrenamtliche im Einsatz

Organisation:
Bei der aktuellen Hauptversammlung des Genossenschaftsladens ging es um die Gründung eines Fördervereins; so könnte man durch Mitgliedsbeiträge Geld in die Kasse bekommen. Und es ging um die Frage, ob die mit hohen Kosten verbundene Geschäftsform der Genossenschaft aufgegeben und statt dessen ein Verein gegründet werden könnte. Gäufeldens Bürgermeister Johannes Buchter will prüfen, welche Möglichkeiten es gibt, um den Dorfladen als „soziale Instanz“ zu erhalten.

Personal
: Auf 75 Quadratmetern wird ein Vollsortiment angeboten. Zwei Teilzeitkräfte und zwei 450-Euro-Kräfte sind dauernd im Einsatz. Zudem helfen zehn Ehrenamtliche mit. Interessierte können sich melden unter der Telefonnummer 0 70 32/ 9 13 20 69 oder per E-Mail unter laden@dorfladen-tailfingen.de.