Die Wulle-Brauerei an der Neckarstraße im Jahr 1970, ein Jahr vor dem Abriss. Foto: Michael Steinert

Eine Ausstellung im Muse-O birgt einen Hauch von Hollywood. Aber eigentlich geht es um Bier.

S-Ost - Man schrieb das Jahr 1965, als sich in der Neckarstraße Bemerkenswertes zutrug. Im außen prächtigen und innen 1000 Gäste fassenden Wulle-Saalbau zeigten Männer ihre Muskeln, Bodybuilding war in Mode. Bei den Junioren machte ein junger Österreicher mit seinen Bi- und Trizeps mächtig Eindruck auf die Juroren. Er wurde zum „bestgebauten Junior-Athleten“ gekürt und kassierte für seinen ersten großen Titel – 14 Tage Bau.

Der 18-Jährige war Rekrut und hatte sich unerlaubt von der Truppe entfernt, um seinen Körper in Stuttgart zur Schau zu stellen. Während der Wulle-Saalbau Anfang der 1970er Jahre per Abrissbirne das Zeitliche segnete und das Areal in den Jahren danach als Wulle-Loch eine eher unrühmliche Karriere machte, führte der Weg des 18-Jährigen nach den zwei Wochen im Truppen-Arrest nach Kalifornien, wo er erst Millionär (mit Immobilien), dann Hollywood-Star (Terminator) und schließlich Gouverneur wurde. Arnold Schwarzenegger erinnert sich bestimmt gerne an Stuttgart.

Diese Anekdote lässt einen Hauch von Stars und Sternchen durch Gablenberg wehen, mitten durch die Räume des Stadtteilmuseums Muse-O am Schmalzmarkt. Dort ist am Sonntag die Doppelausstellung „Die Schlößlestraße und die Schloßbrauerei Gablenberg/Die Stuttgarter Brauereien“ eröffnet worden. Auf den Schautafeln lässt sich so manche Bier-Geschichte in der Weinstadt Stuttgart entdecken.

Bier war lange verboten

Zum Beispiel die, wie das Bier nach Stuttgart kam. Tatsächlich war der Gerstensaft hier lange Zeit verboten, zum Schutz des Weinabsatzes. Als es während des Dreißigjährigen Krieges mehrere ertragsschwache Jahrgänge gab, blieb dem Hof nichts anderes übrig, als im Jahr 1630 die erste Brauerei zuzulassen – für die Gesundheit der Herzöge und ihrer Untertanen. Einfach Wasser zu trinken war damals mit Risiken in Form von Keimen behaftet und führte nicht selten zu entsprechenden Aus-, genauer Durchfallerscheinungen. Also blieb den Herrschenden nichts anderes übrig, als für dank Alkohol keimfreien Weinersatz in Form von Bier zu sorgen.

Die Herzöge behielten sich auch danach das Monopol vor und gönnten sich zu ihrer eigenen Versorgung zwei Braustätten in der Stadt. Das herzogliche Braumonopol hielt bis 1798, dann setzte eine erfolgreiche Klage dem ein Ende.

Insgesamt gab es in Stuttgart im Laufe der vergangenen beiden Jahrhunderte an 29 verschiedenen Standorten Brauereien. Die meisten lagen in der Innenstadt, entlang des Nesenbachs, mit dessen Wasser die früher unabdingbaren Mühlräder angetrieben wurden. Ausnahmen von dieser Zentrumsorientierung gab es in Bad Cannstatt, in Feuerbach, in Möhringen, Vaihingen und eben auch in Gablenberg mit der einstigen Schloßbrauerei.

Gablenberg ist in noch anderer Hinsicht mit der Stuttgarter Brauereigeschichte verknüpft. In dem Ost-Stadtteil gibt es den Bardiliweg. Das kleine Sträßchen ist – warum auch immer, das können auch Historiker nicht ergründen – nach Franz Bardili benannt, der in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in die damalige Denningersche Brauerei an der Ecke Tübinger und Christophstraße einheiratete und später auch die Tivoli-Brauerei an der Breitscheidstraße übernahm. Die Bardilischen Brauereien wurden zu einem Brauereiverbund ausgebaut – und später in Stuttgarter Hofbräu AG umbenannt.

Aber zurück zu Wulle, dessen wechselhafte Geschichte eng mit dem Namen der zweiten großen Stuttgarter Brauerei verknüpft ist. Die Wulle-Brauerei wurde 1861 von Ernst Wulle gegründet und auf dem Areal an dem damals noch zur Neckarstraße gehörenden Straßenabschnitt benannt. Der Bereich gehörte – auch nach der Postanschrift – ebenso wie die Staatsgalerie und die Staatstheater zum Stuttgarter Osten. Der Stadtbezirk Stuttgart-Mitte wurde erst 1957 eingeführt. Heute heißt der Straßenabschnitt Willy-Brandt-Straße, auf dem einstigen großen Brauerei-Areal, das sich bis zum Kernerplatz zog, stehen jetzt das Hotel Le Méridien und Ministeriumsgebäude. Die nach dem Krieg wieder aufgebaute Brauerei und der Saalbau wurden 1971 von der Brauerei Dinkelacker gekauft, stillgelegt und abgerissen.

Erst im Jahr 2008 erinnerte sich das nach einigem Hin und Her mit unterschiedlichen Besitzern wieder zur Privatbrauerei verwandelte Unternehmen Dinkelacker/Schwabenbräu an seine unrühmliche Wulle-Geschichte und ließ die Marke wieder aufleben, inklusive Bügelflaschen und Merchandise-Artikeln. Die Brauerei unterstützt die Ausstellung in Gablenberg entsprechend mit einigen Exponaten – und mit Freibier für die Besucher (ein Fläschchen, ab der zweiten kostet’s, zu Gunsten des Museumsvereins).

Öffnungszeiten

Die Ausstellung ist im Muse-O, Gablenberger Hauptstraße 130, bis 6. Mai zu sehen. Sie ist samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr geöffnet, unter der Woche kann der Schlüssel während der Öffnungszeiten des Restaurants im Haus vom Wirt erbeten werden.