Durchbruch für mehr Wohlstand in Europa und Amerika: Die beiden größten Wirtschaftsblöcke der Erde wollen über eine Freihandelszone verhandeln.

Enniskillen - Russland hat sich beim G8-Gipfel mit der rückhaltlosen Unterstützung des syrischen Machthabers Baschar al-Assad ins Abseits manövriert. Wie Diplomaten am Montag bei dem Treffen in Nordirland sagten, sei es überaus schwierig, eine gemeinsame Haltung zum Syrien-Konflikt für die Abschlusserklärung des Gipfels zu formulieren. Bundeskanzlerin Angela Merkel und die anderen westlichen Staats- und Regierungschef hofften dennoch, den russischen Präsidenten Wladimir Putin für eine machbare diplomatische Lösung gewinnen zu können.

Dem politischen Dilemma stand ein wirtschaftlicher Erfolg gegenüber: Die Europäische Union und die USA wollen mit einem Freihandelsabkommen ihren 800 Millionen Bürgern mehr Wohlstand und Arbeitsplätze sichern. Die Verhandlungen sollen bereits im Juli in Washington beginnen. Der Startschuss für die größte Freihandelszone der Erde wurde kurz vor dem Gipfel der führenden Industrienationen und Russlands (G8) am Montag bei Enniskillen gegeben.

Scharfe Töne aus Moskau

Merkel setzte darauf, dass sich Putin doch bewegen könne. „Hier sind die Positionen doch noch ein ganzes Stück auseinander. Ob es gelingt, sie etwas mehr zusammenzuführen, kann ich heute noch nicht sagen“, sagte sie. Der UN-Sicherheitsrat habe bisher keine gemeinsame Position zu Syrien gefunden. „Das ist Ermutigung für das Assad-Regime, immer so weiter zu machen.“

Aus Moskau kamen wie immer scharfe Töne. Die russische Regierung kritisierte scharf Überlegungen der USA, Frankreichs und Großbritanniens, die Aufständischen gegen Syriens Präsident Assad aufzurüsten. Russland liefert an Assad Waffen und hält das für rechtens.

Auslöser der westlichen Pläne ist, dass die USA und Frankreich Erkenntnisse haben, wonach der syrische Machthaber Assad tödliches Giftgas gegen die Aufständischen eingesetzt hat. Seit März 2011 hat der Bürgerkrieg mindestens 93.000 Tote gefordert.

Atomprogramme Nordkoreas und des Irans auf dem Programm

Auf der außenpolitischen Agenda des zweitägigen Treffens der Staats- und Regierungschefs standen neben Syrien auch die Konflikte um die Atomprogramme Nordkoreas und des Irans. Auch darüber sollte bei einem Essen beraten werden.

Merkel und ihre Kollegen waren am Nachmittag in einem Golfhotel an einem See, dem Lough Erne, eingetroffen. Zur G8 gehören die USA, Kanada, Russland, Japan, Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien.

Die erste Arbeitssitzung am Nachmittag galt der Lage der Weltwirtschaft. Dabei sei deutlich geworden, dass „es sehr gemeinsame Positionen gibt, was die gemeinsamen Anstrengungen für Haushaltskonsolidierung und die Möglichkeiten des Wachstums anbelangt“, sagte Merkel. „Das Wachstum entsteht natürlich durch solide Finanzen, das Wachstum entsteht durch Strukturformen.“

Die G8-Staaten sehen die Eurozone angesichts der Schuldenkrise auf dem Weg der Besserung. In der vorläufigen Abschlusserklärung zur Weltwirtschaft zeichnet die Gruppe der Acht ein positiveres Bild als noch im Vorjahr.

Die Perspektiven für die Konjunktur blieben zwar schwach. Aber die Risiken, dass es immer weiter abwärts geht, seien in den USA, der Eurozone und Japan nun kleiner, heißt es in dem Dokument, dass der dpa vorliegt. An den meisten Finanzmärkten habe es entsprechend zuletzt wieder deutliche Gewinne gegeben.

Gesprächsrunde für die Freihandelszone am 8. Juli in Washington

Ein sichtlich zufriedener US-Präsident verkündete, dass die erste Gesprächsrunde für die Freihandelszone am 8. Juli in Washington startet. Für die EU sprachen Kommissionschef José Manuel Barroso und Ratspräsident Herman Van Rompuy von einem Projekt, das den Wohlstand künftiger Generationen sichern helfe. Die USA wie die EU stehen in scharfem Wettbewerb mit aufstrebenden Nationen wie China, Indien und Brasilien.

„Wir schaffen neue Arbeitsplätze und neues Wachstum auf beiden Seiten des Atlantiks“, sagte Obama. „Wir handeln jedes Jahr mit ungefähr einer Billion US-Dollar in Waren und Dienstleistungen.“

Es geht um den Abbau von Zöllen und anderen Handelshemmnissen. Unterschiedliche technische Normen, Sicherheitsstandards oder Wettbewerbsvorschriften schränken den Handel jedoch ein und sperren Unternehmen aus Europa und den USA vom jeweils anderen Markt aus.

Wann das Freihandelsabkommen steht, ist unklar. „Ich kann nicht genau sagen, wie lange die Verhandlungen dauern werden“, sagte Barroso und sprach von einigen Jahren. Ursprünglich war 2015 angepeilt worden. Auch Van Rompuy erwartet schwierige Verhandlungen: „Es gibt keine Zauber-Lösungen.“

Unterschiedliche Vorschriften haben eine Wirkung, die in vielen Fällen Zöllen zwischen 10 und 20 Prozent entsprechen. Nach EU-Berechnungen kann ein Freihandelsabkommen für die Gemeinschaft einen Anstieg der Wirtschaftsleistung um 120 Milliarden Euro pro Jahr und 400.000 neue Arbeitsplätze bedeuten.

Strittig zwischen den USA und der EU ist insbesondere der Agrarbereich, wo auch die Regeln für die Einfuhr von gentechnisch veränderten Futter- oder Lebensmitteln vereinheitlicht werden müssten.