Die Staats- und Regierungschefs der sieben großen westlichen Industriestaaten: Angela Merkel, Theresa May, Emmanuel Macron, Justin Trudeau, Donald Trump, Shinzo Abe und Giuseppe Conti. Foto: dpa

Es ist G7 minus 1: Der Streit über Donald Trumps Strafzölle, seinen Ausstieg aus dem Iran-Deal und dem Klimaschutz überschatten den G7-Gipfel in Kanada. Nur im Atomkonflikt mit Nordkorea zeigt sich Einigkeit. Am Rande des Treffens soll es Proteste geben. Drohen Ausschreitungen?

La Malbaie - Auf dem Gipfel der sieben großen Industrienationen (G7) in Kanada werden extrem schwierige Gespräche mit US-Präsident Donald Trump erwartet. Es droht eine Konfrontation. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Gastgeber Justin Trudeau stimmten sich bereits eng über das Vorgehen ab. Als erster der Staats- und Regierungschefs war Macron schon am Mittwoch in der kanadischen Hauptstadt Ottawa eingetroffen.

Trudeau und Macron werden am Rande des Gipfels am Freitag und Samstag in La Malbaie nahe Québec mit Trump zu „wichtigen“, so das Weiße Haus, bilateralen Treffen zusammenkommen. Es ist der erste Besuch des US-Präsidenten in dem Nachbarland. Macron erwartet „freimütige“ Gespräche über die Differenzen im Handel, Klimaschutz und über den Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran.

Tiefer Diessens im Verhältnis zu den USA

Der Gipfel der führenden Wirtschaftsmächte wird überschattet von Trumps Entscheidung, Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte aus der Europäischen Union, Kanada und Mexiko zu verhängen. Kanzlerin Angela Merkel machte am Mittwoch deutlich, dass sie einen tiefen Dissens im Verhältnis zu den USA sieht. Sie ließ offen, ob bei dem Gipfel überhaupt eine gemeinsame Abschlusserklärung zustande kommen wird.

Vor dem Treffen ließen die USA keine Flexibilität erkennen. Der Wirtschaftsberater im Weißen Haus, Larry Kudlow, hält Trumps Zollpolitik sogar für einen der größten Reformprozesse im Welthandel der jüngeren Geschichte. „Das Welthandelssystem ist kaputt“, sagte Kudlow am Mittwoch in Washington. Die USA versuchten es zu reparieren. Andere Länder hielten sich nicht an die Regeln.

Die Welthandelsorganisation (WTO) sei komplett ineffizient, fuhr Kudlow fort. Trumps Ziel sei es, die Handelsbarrieren in anderen Ländern zu senken, um die US-Exporte zu steigern und die Handelsbilanzen auszugleichen. Ob es am Ende des Gipfels zu einem gemeinsamen Kommuniqué oder nur einer Zusammenfassung der Ergebnisse durch den G7-Vorsitzenden kommt, ließ auch Kudlow offen.

Differenzen statt Konsens im Kommuniqué

Dass nur der Gastgeber eine Erklärung abgibt, ist in der Geschichte der G7 höchst selten. Schon im Vorjahr in Taormina auf Sizilien, dem ersten Gipfel mit Trump, wäre das Kommuniqué beinahe geplatzt. So wurden die Differenzen festgeschrieben, was ungewöhnlich ist, da solche Abschlussdokumente eigentlich den Konsens festhalten sollen.

Wenige Tage vor dem historischen Gipfel Trumps mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un am Dienstag in Singapur wird auch der Atomkonflikt mit dem isolierten Staat in den Beratungen eine große Rolle spielen. Es ist vielleicht das einzige Thema, wo die G7-Partner dem US-Präsidenten den Rücken stärken dürften.

Bei dem Treffen der G7-Gruppe, zu der auch Großbritannien, Italien und Japan gehören, soll es nach dem Wunsch des kanadischen Gastgebers diesmal auch um Gleichberechtigung, mehr Bildung für Frauen und Mädchen, Wirtschaftswachstum, Jobs in neuen Technologien und saubere Energien gehen.

Die Staats- und Regierungschefs treffen sich abgeschirmt in einem Luxushotel in La Malbaie in der Region Charlevoix rund 150 Kilometer oder zwei Autostunden von Québec entfernt. Die Kosten des Treffens werden Berichten zufolge auf etwa 400 Millionen Euro geschätzt.

Proteste gegen die G7 erwartet

Am Rande werden in Québec auch Proteste gegen die G7 und andere Demonstrationen erwartet. Da auch mit radikalen Gruppen gerechnet wird, ist das Polizeiaufgebot massiv. Rund 10 000 Polizisten und Soldaten sind nach Presseberichten für den Gipfel im Einsatz. Eine Gruppe rief zu einem „Tag der Störung“ am Freitag auf.

Die Ankündigungen weckten Erinnerungen an die Ausschreitungen beim Amerika-Gipfel mit den Staats- und Regierungschefs aus Nord-, Mittel- und Südamerika sowie der Karibik 2001 in Québec, als Zehntausende protestiert hatten. Die Polizei setzte damals Tränengas und Gummigeschosse ein. Die Schäden gingen in Millionenhöhe.

Auch beim G20-Gipfel der großen Wirtschaftsnationen 2010 in Toronto schlugen Demonstranten Schaufenster ein und setzen Autos in Brand. Hunderte wurden damals festgenommen.