Peter Michael Boehm Foto: AFP

Kanada ist Gastgeber des Weltwirtschaftsgipfel in Charlevoix. Peter Boehm, einst Kanadas Botschafter in Berlin, soll als G7-Sherpa seines Landes das Treffen trotz schwieriger Vorzeichen zum Erfolg führen.

Ottawa - Als sich Peter Boehm und Angela Merkel (CDU) unlängst in die Arme liefen, kam es zu einem beherzten Begrüßungsritual: „Sie sind ja immer noch da“, sagte die Kanzlerin mit dem ihr üblichen trockenen Humor und Boehm erwiderte nicht minder schlagfertig: „Sie aber auch.“

Die Flachserei entspringt einer gegenseitigen Wertschätzung, denn der erfahrene Diplomat aus Kanada und die Kanzlerin kennen sich lange. Boehm war von 2008 bis 2012 Botschafter seines Landes in Berlin, und auch, als er danach als Staatssekretär ins Außenamt nach Ottawa wechselte, blieb man in Kontakt.

Am Freitag werden sich die beiden wieder herzlich begrüßen können. Und zwar beim Gipfel der sieben führenden westlichen Industrienationen G7 in Charlevoix in Kanada. Boehm, 64, ist mittlerweile Gipfel-Sherpa von Premierminister Justin Trudeau, Merkel die dienstälteste Regierungschefin der G7-Länder.

Gemeinsame Interessen mit Merkel

Als oberster Diplomat der diesjährigen kanadischen G7-Präsidentschaft ist Boehm für die Planung, den Ablauf und den Erfolg des Gipfels verantwortlich. Seit Monaten verhandelt er im Auftrag Trudeaus mit den Vertretern der anderen Länder und der EU über ein konsensfähiges Abschlusskommuniqué. Mit Merkel eint ihn das Ziel, die Siebener-Gruppe irgendwie zusammenzuhalten.

Doch das gestaltet sich in diesem Jahr als schwierig. Seit US-Präsident Donald Trump sein Land mit viel Getöse aus dem Klimaschutzabkommen von Paris zurückgezogen und Stahl- und Aluminiumzölle gegen befreundete G7-Partnerländer wie Kanada oder die EU verhängt hat, steht der Konsens in Frage.

Es ist kurz vor dem Gipfel und Boehm kommt gerade von einer weiteren Videokonferenz mit seinen anderen G7-Partnern zurück: „Wir machen Fortschritte, aber wir haben auch noch Herausforderungen zu bewältigen“, erzählt er. Der Diplomatenjargon heißt übersetzt: Noch ist offen, ob ein Konsens gelingt oder ob der Gipfel platzt und man sich mit einer unverbindlichen Deklaration begnügen muss.

„Es gab innerhalb der G7 immer unterschiedliche Standpunkte. Das ist nicht neu“, beschwichtigt Boehm. Er sagt aber auch, dass heuer besonders die Themen Klimaschutz und Handel schwierig seien. Kanada wie auch die meisten EU-Staaten treten für eine Minderung der klimaschädigenden Treibhausgase ein und für einen freien Welthandel mit möglichst wenig Zollschranken. Trump sieht das anders.

Einfacher laufen dagegen die Vorgespräche zu den geplanten Gipfelhemen Investitionen, Jobs der Zukunft, Gleichheit der Geschlechter, Schutz der Meere und zur globalen Sicherheit. Wobei der einseitige Rückzug der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran auch einen Stolperstein darstellt.

Doch Boehm ist Diplomat und sein Job ist es, einen Konsens zu suchen, auch wenn es schwierig ist. Als Sherpa brauche man eben Geduld, sagt er. Die hat der studierte Historiker nicht zuletzt auf seinen bisherigen Auslandsposten gelernt, die ihn unter anderem nach Washington, Costa Rica, Kuba und Berlin geführt hatten.

Boehm wechselt wie selbstverstädnlich ins Deutsche

Besonders vom Botschafterjob in Deutschland profitiert er bis heute: „Als Botschafter habe ich gelernt, dass man die Hauptstadt-Blase verlassen muss, um ein anderes Land wirklich kennenzulernen.“ In Deutschland habe er viel über die unterschiedlichen Mentalitäten in Ost und West gelernt, was ihm jetzt zu Gute komme, wo er für die G7 unterschiedliche Interessen zusammenführen muss.

Überhaupt erinnert sich Boehm gerne an seine Zeit in Berlin, denn in der deutschen Hauptstadt konnte er an die Muttersprache und Kultur seiner Familie anknüpfen. Boehms Eltern waren einst aus Siebenbürgen nach Kanada ausgewandert, und zwar in die Kleinstadt Kitchener, die als Hochburg deutscher Immigranten in Kanada gilt und die vor dem Ersten Weltkrieg einmal den Namen Berlin trug.

Während seiner Jugend in Kitchener wurde zu Hause Deutsch gesprochen und Boehm beherrscht die Sprache bis heute fließend. Dabei benutzt er wie Peter Maffay das für den Dialekt der Siebenbürger-Sachsen so typische rollende „R“. Wann immer er die Kanzlerin trifft, wechselt er wie selbstverständlich ins Deutsche. So wird es auch in Charlevoix sein, wenn das nächste Begrüßungsritual ansteht.